Besondere Menschen an besonderem Ort

Flossenbürg. Das Café in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg ist ein spezieller Ort – und Mitarbeiter mit Behinderung machen die Begegnungsstätte noch etwas besonderer.

Von Udo Fürst

KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Skriebeleit, Leiter, Museumscafe3
Im Café an der Tagesordnung: Feine Kuchen und Torten, frische Speisen mit Zutaten aus der Region.

„Einen Kakao? Mit dunkler oder mit heller Schokolade? Mit Sahne oder ohne?“, Maria fragt mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Ihre Fröhlichkeit überträgt sich auch auf den Gast. Mit leicht zittrigen Buchstaben notiert sie die Bestellung auf ihrem Block, eilt zur Theke und gibt die Order an ihre Kollegin hinter dem Tresen weiter. Minuten später stellt sie dem Gast den Kakao auf den Tisch und sagt lächelnd: „Lassen Sie es sich schmecken.“

Maria ist behindert. Sie arbeitet bei den Werkstätten des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) Irchenrieth (Kreis Neustadt/WN). Seit April vergangenen Jahres ist sie Mitglied des Teams des Museumscafés in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg – zusammen mit sechs anderen Mitarbeitern mit Handicap und weiteren sechs Angestellten. Im umgebauten ehemaligen SS-Kasino gibt es neben Getränken und Kuchen auch leckere regionale Speisen. Viel Vegetarisches wie Kürbis-Lauch-Cannelloni, Grünkernpflanzerl mit Kartoffelgratin & Kräuterdip oder einen Falafelteller mit Sesamsauce. Alles ist frisch, etliches kommt aus dem eigenen Bio-Garten.

Zeuge früherer Gräueltaten – heute beliebter Treffpunkt

Vieles ist anders im Museumscafé. Anders als in der normalen Gastronomie. Der Blick auf das Gelände, auf dem die Nazis ihre Gräueltaten verübten – faszinierend, aber auch bedrückend. Viel Glas verleiht dem Gebäudeinneren Helligkeit im Saal und in den drei Seminarräumen. „Es ist ein Open-Space geworden, da passiert viel“, stellt Jörg Skriebeleit fest. Der Leiter der Gedenkstätte betont den offenen Charakter des Gebäudes, “denn

Aufklärung braucht Licht“.

Mit dem Café sind alle sehr zufrieden. Auch Josef Kastner, der Leiter der HPZ-Werkstätten, die insgesamt 600 Mitarbeiter zählen, davon 500 mit Behinderung. „Wir wurden vom Erfolg regelrecht überrannt“, weiß der Weidener. An Sonntagen sind oft mehr als hundert Gäste im Lokal. „Es ist längst zu einem beliebten Treffpunkt auch für Einheimische geworden“, sagt Kastner und freut sich, dass die Idee vor einem Jahr Wirklichkeit wurde.

Von der Idee bis zum Ziel

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Jörg Skriebeleit, der Leiter der Gedenkstätte, hatte die Idee mit dem Museumscafé und den Behinderten, die dort arbeiten sollten.

Die Idee von einer Begegnungsstätte, in der Behinderte arbeiten sollten, hatte Jörg Skriebeleit schon vor Jahren. Und er gab nicht nach, ehe aus der Idee mehr wurde, bis alle Bedenken zerstreut und das Café realisiert war. Eine „produktive Krise“ nennt der Kulturwissenschaftler die Hürden, die man auf dem Weg dorthin überwinden habe müssen. „Das ist eine völlig neue Dimension, der politisch konkreteste Raum, den man sich nur vorstellen kann.“ Hier treffen sich Menschen, die sich sonst nie treffen würden. Skriebeleit beschreibt ein Zusammenspiel von der Ästhetik des Raums mit den Behinderten und Besuchern des Cafés. „Hier halten Damen ihr Kaffeekränzchen, hierher kommt eine Gruppe frühstücken, hier unterhält sich eine Familie aus Holland mit der Bedienung. Das wäre allein so nie möglich.“ Es sie die Sichtbarkeit der Behinderten, die das Besondere dieser Örtlichkeit ausmache.

Das Café wird so gut angenommen, dass die HPZ-Werkstätten das Personal um eine Konditorenmeisterin aufgestockt haben. Chef Josef Kastner ist nicht nur davon begeistert sondern auch vom „super harmonischen Team“, das hier zusammenarbeite:

Behinderte und Nichtbehinderte ergänzen sich perfekt und das überträgt sich auch auf die Gäste.“

Die Kollegen mit Behinderung erledigen alle Arbeiten, die in der Begegnungsstätte anfallen. Sie kochen, arbeiten hinter der Theke oder im Service und sie putzen. Diese Menschen bräuchten zwar einen Rahmen, den ihnen die jeweilige Betreuungsperson gebe, ansonsten aber werden sie ganz normal gefordert und gefördert. Kastner: „Die Arbeit macht ihnen unglaublich Spaß, sie erfahren viel Anerkennung und wissen, hier werde ich gebraucht.“

Erstaunliche Truppe

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Hier ist die Freude am Job greifbar: Die Beschäftigten des Cafés in der Gedenkstätte mit ihrem Chef Josef Kastner (li.) und Gedenkstättenleiter Jörg Skriebeleit (6. v. li.).

Ein gutes Beispiel ist Maria. „Ich bediene gerne. Nur die Arbeit in der Küche mag ich nicht so sehr“, gesteht die junge Frau, deren Eltern aus Polen eingewandert sind. Deshalb spricht Maria auch perfekt polnisch, fungiert oft als Übersetzerin. Damit aber nicht genug der Internationalität im Café: Amanda spricht neben Deutsch auch Englisch und Antonia ist des Tschechischen mächtig. Eine fröhliche und erstaunliche Truppe, die an einem gedankenschweren Ort einen speziellen Farbtupfer setzt.

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Maria in ihrem Metier. Die Behinderte hat viel Spaß im Service des Gedenkstättencafés.

Bilder: Udo Fürst

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