Keine Mehrheit für Lärmschutz-Gesetz

Rothenstadt/Wiesau. „Wer zahlt schafft an. Und wer zahlt das? Wir!“, ist ein Anwohner des Weidener Stadtteils Hammerweg überzeugt, der sich im Bürgergespräch mit Klaus-Dieter Josel von der Deutschen Bahn zu Wort meldet. Bahn und Politik sollten die Zuständigkeit nicht ständig hin und herschieben sondern darauf schauen, dass die Anwohner nicht krank würden.

„So einfach ist das nicht“, erklärt Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht, auf dessen Einladung der für Bayern zuständige Konzernbevollmächtigte der Bahn ins Rothenstädter Sportheim kam. „Man braucht Mehrheiten, um im Parlament was durchzubringen“, weiß Rupprecht aus der Erfahrung von 14 Jahren Parlamentsarbeit. Schon den Kollegen aus Nürnberg würde der geplante Ostkorridor für Güterverkehrszüge aber nicht mehr interessieren. Bereits bei einem Vortermin mit Bürgermeistern der betroffenen Kommunen in Wiesau hatte Josel selbst „klare Leitplanken“ seitens der Gesetzgeber verlangt. Der Bundestagsbeschluss, wonach der Ausbau als Neubau betrachtet werden solle und damit automatisch als „wesentliche Maßnahme“ einzustufen wäre, sei für die Verwaltung noch keine bindende Vorgabe. Genau darauf käme es aber an, wenn die Bahnstrecke von Hof nach Regensburg mit dem bestmöglichen Lärmschutz ausgestattet werden soll. Denn bei einer wesentlichen Maßnahme sind Schutzmaßnahmen Pflicht.

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Auf Einladung von Bundestagsabgeordneten Albert Rupprecht (Zweiter von links) waren Robert Hanft von der DB Netz AG (von rechts) und Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deuschen Bahn, in den Wiesauer Rathaussaal gekommen.
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Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß (links) fürchtet, dass die Betriebswirtschaftler im Eisenbahnbundesamt die Lärmschutzmaßnahmen wegen der hohen Mehrkosten verhindern wollen.

Keine Mehrheit für Lärmschutz-Gesetz

„Von dieser Absichtserklärung muss mehr her“, forderte auch der Weidener Oberbürgermeister Kurt Seggewiß. Denn bis zum Jahr 2021 – so hatte es Klaus-Dieter Josel vorab erläutert – müssten alle in- und ausländischen Güterzüge, die auf deutschen Schienen verkehren, mit leisen Bremssystemen auf Kunststoffbasis ausgestattet sein. Durch den Austausch der alten und lauten Graugussbremsen würde der Lärm um 10 Dezibel reduziert. Subjektiv würde das als Halbierung des Schalls empfunden. Seggewiß fürchtet, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger im Eisenbahnbundesamt genau damit argumentieren könnten: „Was wollen diese empfindlichen Oberpfälzer überhaupt?“ „Diese Gefahr sehe ich“, betonte der Weidener Rathauschef. Rupprecht aber erkennt keine Mehrheit für ein Gesetz, dass die ganze Bundesrepublik betreffen würde, für „ein Multimilliardenpaket“, demnach womöglich auch den Anwohnern des Münchner Stachus im Zuge der Gleichberechtigung Lärmschutzwände zugesprochen werden müssten.

Albert Rupprecht Bahnlärm Rothenstadt
Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht sieht keine parlamentarische Mehrheit für ein Gesetz, dass Lärmschutzmaßnahmen verbindlich regeln würde.

Inbetriebnahme frühestens in acht Jahren

Dennoch sieht der Wahlkreisabgeordnete die Bemühungen um umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen auf einem guten Weg. Die klare Positionierung der gesamten Region über alle Parteigrenzen hinweg habe ein starkes Signal ausgesendet. Auch der Bundesverkehrsminister und die Deutsche Bahn gingen inzwischen von einer wesentlichen Maßnahme aus. Josel rechnet mit einer Entscheidung im Herbst. Dann könnten die konkreten Planungen beginnen, an denen alle Betroffenen, also auch die Anwohner des Ostkorridors, beteiligt würden. Im Idealfall sei acht Jahre später mit der Inbetriebnahme zu rechnen. Für die Beteiligungsprozesse rechnet Josel aber mit weiteren zwei Jahren.

Deutsche Bahn Josel Klaus-Dieter
Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deuschen Bahn für Bayern, rechnet mit der Inbetriebnahme der elektrifizierten Bahnstrecke in frühestens acht Jahren.

Zugreisende trauen sich nicht aussteigen

Neben dem Lärmschutz thematisierten die Bürgermeister im Wiesauer Rathaus die Sanierungsbedürftigkeit mancher Bahnhöfe. „Wenn einer von Regensburg mit dem Zug in die nördliche Oberpfalz fahren will, fährt er mindestens bis nach Hof, weil er sich nicht aussteigen traut“, sagte der Windischeschenbacher Bürgermeister Karlheinz Budnik. Wiesaus Rathauschef Toni Dutz beklagte den Sanierungsstau und die fehlende Barrierefreiheit an seinem Bahnhof. Dabei sei seine Kommune seit jeher ein Eisenbahnknotenpunkt mit einer großen Zahl an Pendlern. Schützenhilfe kam von Landrat Wolfgang Lippert. Für den Landkreis sei der Tourismus sehr interessant, Wiesau als Startpunkt für Radfahrer ideal. „Wenn einer in Wiesau ankommt, ist er geschockt“, schilderte Lippert. „Ich bitte Sie eindringlichst hier was zu ändern“, bat der Landkreischef.

Keine Sanierung ohne Zuschüsse

Laut Josel erhalte jeder Bahnhof eine Gebühr für jeden Zughalt. Investitionen könnten mit diesen Einnahmen aber nicht gestemmt werden. Dafür brauche es staatliche Zuschüsse, wobei mit dem Freistaat Bayern bereits Vereinbarungen getroffen worden seien. Für die Bahnhöfe am Ostkorridor würden diese indes nicht gelten. Man gehe davon aus, dass im Zuge der Elektrifizierung ohnehin ein barrierefreier Ausbau stattfinden werde.

Bürgergespräch Bahnlärm Albert Rupprecht
Brechend voll war der Saal des Rothenstädter Sportheims beim Bürgergespräch zum Thema Lärmschutz, zu dem MdB Albert Rupprecht eingeladen hatte. Aus der halben Oberpfalz und aus Oberfranken waren betroffene Anwohner des Ostkorridors gekommen.

Bilder: B. Grimm

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