Nordoberpfälzer Wirtschaftstag: Aus der letzten Ausfahrt wird eine Chance

Weiden. Optimismus und eine gesunde Portion Selbstbewusstsein prägten den 4. Nordoberpfälzer Wirtschaftstag im Berufsbildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. Obwohl die Veranstaltung mit dem leicht irritierenden Titel „Letzte Ausfahrt – Risiko Fachkräftemangel“ überschrieben war, überwog bei den Teilnehmern Zuversicht und das Wissen, dass man im Norden des Regierungsbezirks durchaus sehr gut leben und arbeiten kann.

Von Udo Fürst

Nordoberpfälzer Wirtschaftstag, Handwerkskammer
Bei der Podiumsdiskussion unter der Moderation von HWK-Hauptgeschäftsführer Toni Hinterdobler schilderten Franz Greipl, Iris Brunner, Andrea Klug und Reinhold Gietl (von links.) Wege aus dem Fachkräftemangel. Foto: Udo Fürst.

Quintessenz der Veranstaltung: Der Fachkräftemangel in der nördlichen Oberpfalz ist kein unüberwindbares Problem. Allerdings müssen die Unternehmen aktiv werden und die Attraktion der Region und ihre Vorzüge offensiv vertreten. Bezeichnend für diese positive Einstellung an diesem Tag mit diversen Foren, Arbeitsgruppen und einer abschließenden Podiumsdiskussion war auch die Aussage eines Firmeninhabers aus der Region: „Bis die Münchner so weit sind unsere Lebensqualität zu erreichen, haben sie noch einen weiten Weg vor sich.“ Mit diesem Pfund wucherten bei der Podiumsdiskussion auch Iris Brunner, Prokuristin der Weidern Großbäckerei Brunner, Reinhold Gietl, Werkleiter der Pilkington Deutschland AG, Franz Greipl, Vizepräsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, und Professorin Andrea Klug, Präsidentin der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden.

Mit durchlässiger Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Schule ist das Problem des Fachkräftemangels durchaus zu lösen. Dies belegte Andrea Klug mit folgender Zahl: Von den 5.300 OTH-Absolventen haben 80 Prozent eine Beschäftigung in der Region gefunden. Das veranlasste Iris Brunner zur Aufforderung, den Titel „letzte Ausfahrt“ als „Chance Nordoberpfalz“ zu sehen. Voraussetzung dafür sei, so die Überzeugung fast aller Tagungsteilnehmer, dass man sich als Unternehmen gut präsentieren und den Kontakt zu den jungen Menschen suchen müsse. „50 Prozent meiner Arbeit beinhalten Fragen zu beantworten und die Kommunikation mit unseren Mitarbeitern“, sagte Brunner.

Warum Kommunikation wichtig und die Nordoberpfalz so attraktiv ist

Als wichtiges Kriterium sahen die Unternehmer, Kammerverantwortlichen und Schulvertreter ein gesellschaftliches Umdenken der Eltern. „Nicht alle Kinder können aufs Gymnasium und nicht alle unserer Jugendlichen können studieren“, sagte Franz Greipl. „Es geht hier um das Lebensglück des Einzelnen. Eltern dürfen ihre Kinder nicht zu irgendetwas zwingen.“ Glücklicherweise würden die Talente der Kinder mittlerweile immer öfter respektiert. Dafür müssten aber auch die Firmen ihren Teil mit Praktika, Imagekampagnen und Wertschätzung der Angestellten beitragen. „Die Menschen müssen die Gewissheit haben, ein vollwertiger Teil der Firma zu sein.“ Sei das gewährleistet, habe man auch weniger Probleme, die Stellen zu besetzen. „Unsere Jugendlichen sind wichtige Multiplikatoren und sie sorgen dafür, dass sich sowas herumspricht“, sagte der HWK-Vizepräsident.

Als „Verbrechen an der Kommunikation“ bezeichnete Reinhold Gietl in seinem Beitrag E-Mails und Teile der sozialen Netzwerke. Als Beispiel nannte er die Rundmail in seinem Unternehmen zum rechnerischen Jahresabschluss: „5.600 Leute bekommen jedes Jahr die gleiche Mail, die für 100 Leute bestimmt ist. Allein das Lesen und Löschen dieser Mail kostet insgesamt hunderte Stunden Arbeitszeit. Das muss nicht sein, ist aber nicht zu ändern.“ Viel wichtiger sei es, mit den Mitarbeitern zu reden und dadurch eine Loyalität aufzubauen. In seinem Unternehmen habe man keine Probleme bei der Suche nach Fachkräften. „In der Regel bleiben die Leute bei uns von der Lehre bis zur Rente.“ Der Werkleiter brach eine Lanze für die Region: „Unsere Gegend ist schon allein der Preise wegen äußerst attraktiv. Während in München die Mieten nicht mehr bezahlbar sind, kann man hier leicht ein Häuschen bauen.“ Den Firmen riet er, in den Schulen für sich zu weben. „Das wirkt“, sagte Gietl.

Einen Wandel bezüglich der „Soft skills“, der persönlichen, sozialen und methodische Kompetenz, sah Ines Brunner: Früher mussten Bewerber ihre Eignung nachweisen. Heute müssen das die Unternehmen, um Leute zu bekommen.“ Franz Greipl sah in der regionalen Identität und in der Arbeitsplatznähe wichtige Kriterien, die bei der Jobsuche für die Nordoberpfalz sprächen. Die Präsidentin Andrea Klug widersprach der Meinung, dass es zu viele Akademiker und zu wenig Handwerker gebe. 90 Unternehmer zwischen Amberg und Weiden suchten händeringend Informatiker. „Die OTH sorgt dafür, dass dem Rechnung getragen und dieser Bedarf gedeckt wird.“ Handwerk und Schule könnten nur miteinander bestehen, müssten Hand in Hand gehen. Ein Weg dorthin sei unter anderem die duale Ausbildung, die man seit geraumer Zeit forciere, um den Ansprüchen und Erfordernissen von Betrieben, Schulen und jungen Leuten gerecht zu werden.

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