Bio-Milch: wie alle profitieren können

Erbendorf. Die innere Einstellung müsse stimmen und der Rückhalt aus der ganzen Familien vorhanden sein, sagte Alfons Zeilnhofer, der Berater am Fachzentrum für Ökologischen Landbau in Neumarkt ist. Dann seien die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umstellung eines Milchviehbetriebs auf Öko-Standard erfüllt. Und die Umstellung kann sich lohnen: für den Landwirt, für den Verbraucher und nicht zuletzt auch für die Kuh.

Von Benedikt Grimm

Bevor sich ein konventionell wirtschaftender Landwirtschaftsbetrieb das Öko-Siegel anheften kann, muss Einiges geändert werden. Eine der größeren Herausforderungen sei der Umbau der Stallanlagen. Alle Tiere müssen ausreichend Auslauf haben. Ist nicht genug Weidefläche vorhanden, muss ein Laufhof gebaut werden. Mindestens 25 % davon dürfen nicht überdacht sein und mindestens 80 % einer Seite des Stalls müssen offen bleiben. Das Verhältnis von Kühen und Grünlandfläche muss stimmen. Maximal darf das Verhältnis zwei Großvieheinheiten je Hektar betragen (eine Großvieheinheit entspricht in etwa einer ausgewachsenen Kuh).

Damit ist grenzenloser Massentierhaltung eine Grenze gesetzt

betonte Zeilnhofer. Beste Voraussetzungen seien gegeben, wenn Kurzrasenweidehaltung möglich ist. Dabei fressen die Tiere genau die Grasmenge, die regelmäßig nachwächst. Es gibt kein tiergerechteres Futter als junges Gras auf der Kurzrasenweide betonte Georg Stöckl, der Leiter des Fachzentrums

Georg Stöckl
Georg Stöckl, Leiter des Fachzentrums für Ökologischen Landbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Neumarkt

Umsteller müssen investieren

Die Umstellung bringt aber einiges an Aufwand mit sich und kostet Geld. Auf der Kostenseite schlagen höhere Ausgaben für Bio-Kraftfutter und für das Grundfutter zu Buche, da mit geringeren Erträgen je Hektar zu rechnen ist. Mehrkosten verursacht auch die Vollmilchfütterung der Kälber. Auf die Liegeplätze der Kühe muss deutlich mehr Stroh ausgebracht werden. Fachleute sprechen vom “Knietest”. Nur wenn man bequem auf dem Boden knien kann, reicht die Strohmenge. Neben den höheren Kosten steigt auch der Arbeitszeitaufwand. Bei größeren Betrieben sollte besser zweimal täglich Grünfutter von der Wiese geholt werden, um ein zu starkes Zusammenpressen auf dem Erntewagen zu vermeiden. „Dann fressen es die Kühe nicht so gern“, weiß Stöckl. Mehr Arbeit entsteht auch durch die Ampferbekämpfung auf dem Grünland (das Unkraut muss per Hand entfernt werden), die Reinigung des Laufhofes oder das Ausbringen des Heus auf den Liegeplätzen.

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Am Vormittag informierten die Berater vom Fachzentrum und Vertreter von vier Molkereien in der Erbendorfer Stadthalle über Voraussetzungen und Chancen einer Umstellung auf Öko-Standard.

Mehr Umsatz, mehr Tierwohl und mehr Gesundheit

Was sind also die Vorteile von Bio-Milch? Der Unterschied beim Milchpreis bewege sich mittlerweile in Richtung 20 Cent je Kilogramm Milch. In einer Beispielrechnung für einen durchschnittlichen Betrieb mit 55 Milchkühen, 50 Stück weiblicher Nachzucht und einer Milchleistung von 6500 Kilogramm je Kuh, ermittelte Stöckl ein um rund 45.000 Euro höheres Milchgeld pro Jahr. Dabei war der Fachberater lediglich von einem Preisunterschied von neun Cent je Kilogramm ausgegangen. Der höhere Umsatz kann aber erst im dritten Jahr der Umstellung erzielt werden. In den ersten beiden Jahren fallen bereits die höheren Kosten an, die Milch kann aber noch nicht zu den Öko-Preisen verkauft werden. Im Gegenzug gibt es eine höhere laufende Förderung und für den Umbau des Stalls sind bis zu 40 % Zuschuss möglich. (Hintergrund: der sinkende Milchpreis macht immer mehr Milchbauern zu schaffen.)

Elisabeth Waldeck
Diplom-Agraringenieurin Elisabeth Waldeck (Zweite von rechts) von der Öko-Modellregion Steinwald-Allianz, hatte den Infotag für an einer Umstellung interessierte Landwirte organisiert.

Ob sich die Umstellung am Ende rentiert, hängt von vielen Faktoren im Einzelfall ab. „Oft ist die Fläche der begrenzende Faktor. Die Mehrarbeit ist eher nicht das Problem. Wenn man Weidehaltung machen kann, wird die Arbeit wahrscheinlich einfacher werden“, erklärte Stöckl. „Ich bin überzeugt davon, dass über kurz oder lang der ein oder andere viehlose Nachbar kommt und fragt, ob man nicht zusammenarbeiten kann. Im Idealfall könnten ganze Dörfer auf Bio umstellen“, blickt Stöckl in die Zukunft. Das wäre auch im Sinne der Molkereien. Für sie sei es sehr schwierig die Milch von weit auseinanderliegenden Höfen einzusammeln, sagte Sebastian Kraus von der Bayerischen Milchindustrie eG. Er riet den an einer Umstellung interessierten Landwirten dringend, sich von ihrer Molkerei bereits zwei Jahre im Voraus die Zusage für eine Abnahme geben zu lassen.

Ludwig Dötterl
Der Demeter-Hof von Landwirt Ludwig Dötterl in Erdenweis (Gemeinde Kulmain) war einer von drei Beispielbetrieben, die die Teilnehmer des Informationstages besuchten.

Neben deutlich besseren Bedingungen für die Kühe und besseren Verdienstchancen für die Landwirte, hat die Umstellung aber auch für den Konsumenten der Milch entscheidende Vorteile: mehr Genuss und mehr gesunde Omega-3-Fettsäuren. „Die Milch ist geschmacklich anders, als wenn das ganze Jahr nur Silage gefressen wird. Das merkt man schon“, sagte Zeilnhofer.

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Was sagen diejenigen, die am nächsten dran sind?

Heinz Saalfrank

Heinz Saalfrank (58), Wunsiedel

Bei Heinz Saalfrank ist die Entscheidung bereits gefallen. Zum 1. Januar 2016 wird umgestellt. „Der Anlass ist ganz einfach die öffentliche Meinung zur Landwirtschaft. Alles was konventionell ist, ist ja irgendwie ein schwarzes Schaf.“ Der Verbraucher wolle ja Bio-Ware und die werde in Bayern noch zu wenig angeboten. „Außerdem ist es Vorgabe der Politik. Als Erzeuger kann ich mich ja nicht dauern gegen Verbraucher und Politik stellen“, sagt der 58-Jährige, der sich durch die Umstellung außerdem eine bessere Marktposition erhofft. Die Hofnachfolge ist bei ihm bereits geregelt. Vom Sohn, der den Hof übernehmen wird, ging die Initiative zur Umstellung mit aus.

Norbert Wurm

Norbert Wurm, Zwergau

Der Landwirt aus dem Steinwald betrachtet die Umstellung auf Biomilcherzeugung noch mit Skepsis. „Erst mal informieren“, wolle er sich. Ein solcher Schritt müsse aber über die Jahre reifen. „Momentan ist die große Verlockung der Preis“, sagt der Vater einer zweijährigen Tochter. „Man macht sich seine Gedanken. Für 30 Cent macht es nicht wirklich Spaß.“ Das Haupthindernis bei einer Umstellung wäre bei seinem Hof die Notwendigkeit baulicher Veränderungen in Richtung eines Laufhofes. Seine Flächen würden aber passen. An der öffentlichen Diskussion stört Norbert Wurm, dass der Bio-Trend von den Medien überhöht dargestellt würde. Konventionell wirtschaftende Landwirte kämen zu schlecht weg. „Es gibt kein schwarz-weiß. Es ist auch viel zwischendrin.“

Tobias Vogl

Tobias Vogel (22), Godas

Der Anbindestall  auf dem Hof von Tobias Vogel ist über 40 Jahre alt. Langsam dränge sich die Frage auf, wie es weitergehen soll. „Wir sind gerade am Rätseln, ob wir einen Komplettneubau oder eine Sanierung durchführen sollen.“ Bei einer Umstellung auf Bio käme eher ein Umbau in Betracht. „Im Moment ist es der Milchpreis, der es interessant macht“. Außerdem achte ja auch der Verbraucher auf das Bio-Siegel, auf die Bedingungen der Tierhaltung und auf regionale Produkte. „Es ist für mich auch kein Bio mehr, wenn es ewig auf der Straße ist.“ Seine Eltern, denen der Hof gehört, sind aber noch nicht recht überzeugt. In den nächsten drei, vier Jahren geht Tobias Vogel noch auf die Winterschule. Solange bleibt noch Zeit für die endgültige Entscheidung.

Bilder: B. Grimm

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