Diese Fehler muss die Nordoberpfalz vermeiden

Weiherhammer/Parkstein. Prof. Dr. Heribert Prantl ist einer der profiliertesten Journalisten Deutschlands, ein scharfzüngiger Kommentator und gehaltvoller Teilnehmer an zahlreichen TV-Talkrunden. OberpfalzECHO sprach mit dem Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung anlässlich seines Besuches beim Wirtschaftsclub über die Themen Nordoberpfalz sowie Journalismus in Zeiten von “Fake News”.

interview heribert prantl
Heribert Prantl beim OberpfalzECHO-Interview

OberpfalzECHO: Herr Dr. Prantl, was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie Nordoberpfalz hören?

Prantl: Das “Nord” ist mir etwas fremd, die Oberpfalz ist Regensburg, Amberg, Weiden. Ich fahre gern in die Oberpfalz, für mich ist das Heimat. Und ich freue mich, was sich wirtschaftlich hier tut! Die Oberpfalz war lange das Armenhaus, die Wirtschaftsstatistik katastrophal – heute ist mal stolz, wenn man sich die Zahlen ansieht!

Es gibt Bestrebungen, “Nordoberpfalz” als Marke zu etablieren, um über die Kirchtürme von Stadt und Landkreis hinaus zu blicken. Mit Regensburg im Süden hat unser tägliches Leben auch wenig zu tun. Wie stehen Sie dazu?

Wunderbar, wenn das klappt! Im europäischen Kontext aber sind größerere Einheiten nötig. Ich sehe da die Oberpfalz und Böhmen als historische Einheit, sie sind das Herz Europas – und hoffentlich in absehbarer Zeit auch in ökonomischer Hinsicht.

Die Nordoberpfalz hat sich nach dem Niedergang etwa der Porzellan- und Glasindustrie stark zum Positiven entwickelt. Teilen Sie diese Ansicht?

Ja, eine fantastische Entwicklung! Gerade die Infrastruktur, das Autobahnkreuz Oberpfälzer Wald bringt ungeheuer was. Hier sind ja auch viele Logistiker, der Raum kann eine europäische Drehscheibe sein. Die Oberpfalz war lange Zeit abseits, aber jetzt liegt sie zentral!

Müssen wir in der Nordoberpfalz nicht selbstbewusster auftreten, etwa gegenüber München?

Das kommt von selber! Mit der wirtschaftlichen Bedeutung kommt auch mehr Selbstbewusstsein. Das kommt ja nicht so, dass ich sage “ab morgen sind wir selbstbewusst”, sondern aus dem was sich entwickelt.

Die Oberpfalz war über ganz lange Zeit ein Armenhaus, Selbstbewusstsein war entsprechend nicht sehr markant. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg und dem Aufschwung wird man auch mit einem ganz anderem Stolz auftreten können.

Sie arbeiten ja bei der Süddeutschen Zeitung: Hört der Süden denn in Regensburg auf? Im Bayernteil ist über die Nordoberpfalz meist sehr wenig zu lesen…

Mir ist das auch zu wenig. Wir haben, auch auf mein Drängen, die Redaktion in Nürnberg sehr verstärkt, das wird sich hoffentlich in nächster Zeit ändern. Aber natürlich haben wir im Großraum München auch eine größere Auflage, hier ist das schon deutlich kleiner.

Fehler nicht nachmachen

Ist Journalismus durch die Digitalisierung einfacher oder schwerer – oder einfach nur anders geworden?

Einfach anders! Für mich gibt’s keinen Unterscheid zwischen analog und digital. Es gibt guten und schlechten Journalismus, die Linie geht quer durch die Aggregatszustände. Insgesamt ist Journalismus besser und professioneller und sehr recherchestark geworden – und ich bin jetzt 30 Jahre in dem Laden dabei. Allem Gerede von Lügenpresse und dem ganzen Schmarrn zum Trotz. Und entgegen der Weinerlichkeit, die in unserer Branche so herrscht, bin ich sehr positiv gestimmt, der Journalismus hat eine ganz gute Zukunft.

Per Facebook, Twitter & Co. kann sich heute jeder zu Wort melden. Spüren Sie in Zeiten von Fake-News, dass Medien und insbesondere eine Institution wie die Süddeutsche verstärkt Vertrauen entgegengebracht bekommen?

Ich glaube ja, und weiter weg ist das noch deutlicher: Die große amerikanische Presse wie New York Times und Washington Post haben ja einen ungeheuren Boom seit Trump. Die Leute suchen Informationen, Analysen und Bewertungen, denen sie vertrauen können. Eine gute Redaktion erzeugt Vertrauen.

Aus Sicht eines gebürtigen Oberpfälzers, der seit Jahrzehnten den Blick von außerhalb hat: Welchen Rat geben Sie der Nordoberpfalz?

Nicht die Fehler nachmachen, die anderswo gemacht worden sind! Stichwort Sanierungsgeschichten: Wenn ich in andere Teile der Republik schaue ist das zum Teil ein städtebauliches Desaster, das kann man besser machen. Wir sind auch spät dran, wunderbare Gewerbegebiete hinzustellen. Da darf man sich nicht grausen lassen, weil man später dran ist mit der wirtschaftlich positiven Entwicklung, sondern muss aus den Fehlern lernen, die andere gemacht haben und das beste draus machen. Dann ist die Zukunft dieser Oberpfalz durchaus glänzend!

Das Gespräch führte Nicolas Götz.

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