50 Jahre Europafahne in Weiden

Weiden. Eine historische Stunde genau vor 50 Jahren feierten im großen Sitzungssaal des Neuen Weidener Rathauses Oberbürgermeister Kurt Seggewiß und seine beiden Bürgermeister Jens Meyer und Lothar Höher. Denn vor einem halben Jahrhundert, im Jahr 1967, verlieh der Europarat in Straßburg der Stadt Weiden in Anerkennung der Bemühungen um die Völkerverständigung die europäische Ehrenfahne.

Von Jürgen Wilke

Europaflagge Weiden Kurt Seggewiß Lothar Höher Jens Meyer
Historische Stunde im Weidener Rathaus: Vor 50 Jahren verlieh der Europarat der Stadt Weiden die europäische Ehrenfahne. Von links: Kurt Seggewiß, Lothar Höher, Jens Meyer.

OB Kurt Seggewiß verlas die Worte, die 1967 bei der Übergabe der Fahne gesprochen wurden: „Möge die blaue Fahne mit den zwölf Goldsternen die Stadt Weiden und ihre Bürger ständig darauf hinweisen, dass die Verwirklichung des größeren Vaterlandes Europa dringendste Aufgabe unserer heutigen Generation ist.“ Lothar Höher betonte, dass man es als Pionierarbeit betrachten könne, was hinsichtlich des europäischen Gedankens bereits vor 50 Jahren in Weiden geschah und dass heute die drei Bürgermeister mit den Weidenern gegen Rassismus und Radikalismus aber gemeinsam für unser Europa stehen. OB Seggewiß verwies darauf, dass dieser europäische Gedanke dazu geführt habe, dass wir mehr als 70 Jahre keinen Krieg mehr erlebten. Jens Meyer nannte als gutes Beispiel einer europäischen Gemeinsamkeit, die unvergleichlichen Veranstaltungen und Feste, die die Weidener mit Bürger der Partnerstädte Annaberg-Buchholz, Issy-Les-Moulineaux, Macerata, Marienbad und Weiden am See erlebten.

„Wir müssen Europäer werden“

In Weiden wurde der „europäische Gedanke“ bereits sehr früh verwirklicht: Im September 1954 fand im niedersächsischen Braunschweig ein Kongress der „Internationalen Bürgermeister-Union“ statt. Dort lernte Weidens damaliger Oberbürgermeister Hans Schelter den Bürgermeister aus Issy-les-Moulinaux, einer Vorstadt von Paris, Bonaventure Leca, kennen. Aus diesem Kennenlernen entstand eine langjährige Freundschaft. Weidens OB Hans Schelter wollte mit der französischen Stadt eine Partnerschaft eingehen, um einen kulturellen Austausch zwischen beiden Städten und das Treffen zwischen Jugendlichen herzustellen.

Ausschlaggebend für Schelters Überlegungen waren das gegenseitige Vertrauen und das Gefühl ehrlicher Mitarbeit am Frieden und der Annäherung beider Völker. Nach der Braunschweiger Zusammenkunft, wieder zu Hause in Weiden, stellte das Stadtoberhaupt an seinen Stadtrat den Antrag, „mit Issy-les-Moulinaux eine Verbindung in Form einer Partnerschaft“ einzugehen. Dem Antrag wurde begeistert entsprochen und er führte zunächst zu einem jährlichen Austausch von Jugendlichen für die Dauer von jeweils drei Wochen. Der „Austausch“ bestand nicht nur dem Wort nach, er wurde auch praktiziert. Denn als am 20. Juli 1955 die ersten Jugendlichen zu ihrem Austausch aufbrachen, trafen sich der französische und der deutsche Autobus in Straßburg. Dort stieg man in den anderen Bus um, es wurden die Plätze „getauscht“ und die Jugendlichen reisten in das Land ihrer Gastgeber.

Endgültig beurkundet wurde die Partnerschaft einige Jahre später mit Feierlichkeiten in beiden Städten: Vom 2. bis 8. Mai 1962 in Issy-les-Moulinaux und vom 21. bis 26. Juni 1962 in Weiden. Heute fällt es leicht von uns als Europäer zu sprechen. Als am 29. Mai 1955, Issys damaliger Bürgermeister Bonaventure Leca bei seinem ersten Besuch in Weiden die Worte sagte: „Wir müssen Europäer werden“, galten sie noch als unwirklich und kühn. Lag doch der Zweite Weltkrieg noch nicht allzu lange zurück. Der Wunsch der beiden Teilnehmer an der „Internationalen Bürgermeister-Union von 1954 in Braunschweig hat sich erfüllt.

Bisher hatte die Europafahne ihren Ehrenplatz im Alten Rathaus. Ab August 2017 steht sie im großen Sitzungssaal des Neuen Rathauses.

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