“Grenzenlos helfen”: BRK Rettungsteams stärken deutsch-tschechische Zusammenarbeit

Mitterteich. Grenzenlos helfen – Das ist das Ziel des von der Europäischen Union geförderten Projekts des grenzüberschreitenden Rettungsdienstes. Gemeinsame Übungen geben spannende Einblicke in die Arbeitsweise des jeweils anderen Rettungsdienstes und stärken die Zusammenarbeit der Einsatzkräfte beider Länder. 

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Nach einer sehr erfolgreichen ersten Planübung im Dezember 2016 in Pilsen, fand die zweite Planübung auf bayerischer Seite statt. Überarbeitete Ergebnisse der ersten Übung standen somit erneut auf dem Prüfstand und im Test der Praxistauglichkeit. Im Ernstfall arbeiten Tschechische und bayerische Helfer Hand in Hand. Es ist wichtig, dass die Hilfe nicht an der Grenze endet, sondern reibungslos funktioniert. Denn Bayern und Tschechien verbindet eine 357 Kilometer lange Grenze mit 15 befahrbaren Grenzübergängen.

Für die Einsatzkräfte – egal ob auf deutscher oder tschechischer Seite – ist es wichtig, das System des jeweils anderen zu kennen. Rund 80 Einsatzkräfte, darunter Referenten, Beobachter, Betreuer und Übungsteilnehmer, kamen zur Übung in Mitterteich zusammen. Christian Stahl, Kreisbereitschaftsleiter BRKKreisverband Tirschenreuth, und Robert Konrad, Projektleiter „Grenzüberschreitender Rettungsdienst” begrüßten die Teilnehmer. Und auch Dr. Alfred Scheidler, stellv. Landrat Tirschenreuth) und Mitterteichs Bürgermeister Roland Grillmeier schlossen sich den Grußworten an.

In einem anschließenden Vortrag informierte Dr. Rüdiger Hettler (BRK-Kreisverband Weiden u. Neustadt/WN) die Teilnehmer über Rettungsdiensteinsätze bei besonderen Einsatzlagen („REBEL“). Lange Zeit waren solche Sonderlagen von Geiselnahmen, Entführungen, körperlicher Gewalt oder Amok-Lagen geprägt. In den letzten Jahren haben Terror-Lagen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Wie ein Sprengstoffanschlag in Ansbach im Juli 2016 zeigt, sind nicht nur die Metropolen dieser Welt davon betroffen. Der Notfallmediziner informierte über Einsatztaktik, Kommunikation und möglichen Gefahren, wie beispielsweise einem „Second Hit“, bei dem die Retter selber das Ziel der Attentäter sind. Die Teilnehmer wurden sensibilisiert, was die möglichen Gefahrenquellen betrifft. Weitere Bestandteile waren die Besonderheiten bei der Sichtung und der notfallmedizinischen Versorgung von Patienten.

Deutsch-tschechische Einsätze an vier Stationen

Danach ging es in die Praxis über. An vier Stationen legten die acht Teams – vier Teams aus Bayern und vier aus Tschechien- selbst Hand an. Um die Zusammenarbeit zu fördern und um Unterschiede herauszuarbeiten, arbeiteten immer ein bayerisches Team und ein tschechisches Team gleichzeitig an einer Station. Jedem der vier bayerischen Teams schloss sich eine Studentin/ein Student der TH Deggendorf an.

Bei der ersten Station stand die Triage der Notfallpatienten im Fokus der Retter. Bayerische und tschechische Rettungsdienste halten aktuell unterschiedliche Anhängekarten vor, mit der Verletzte bei größeren Schadenslagen gekennzeichnet werden. Je nach Schadensort und Einsatzleitung ist es wichtig, dass die Retter mit den Verletzenanhängekarten des jeweils anderen Landes zurechtkommen. Damit die sprachlichen Barrieren und der unterschiedliche Aufbau der Karten nicht zum Problem werden, hat Ing. Michal Veselý, Rettungsdienst der Region Pilsen, eine Kommunikationskarte entwickelt. Bei dieser Station konnte die Praxistauglichkeit geprüft werden. Dr. Gudrun Graf, BRK-Kreisverband Weiden-Neustadt/WN, Dr. Bertram Völkl, BRK-Kreisverband Tirschenreuth, und Ing. Michal Veselý, Rettungsdienst der Region Pilsen, betreuten das ganze.

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Triage von Patienten mit Hilfe einer Kommunikationskarte

Strukturiertes Vorgehen übten die Teams an der zweiten Station. Beim Einsatzsimulationstraining mit Silvio Rupp, BRK-Kreisverband Tirschenreuth, fanden die Teams interaktiv bestmögliche Lösungen für verschiedene Schadenslagen. Die einsatztaktischen Maßnahmen wurden auf einer vergrößerten Luftaufnahme von Furth im Wald mit verschiedenen Spielsteinen simuliert. Ziel war es optimale Formen der Zusammenarbeit zu ermitteln und die Teilnehmer über die Kapazitäten, Möglichkeiten und Rettungsdienststandorte beider Länder zu schulen. An der Station kam auch der „Klinikatlas Bayern-Tschechien“ zu Einsatz: Dieser listet alle Kliniken im Grenzgebiet auf und gibt Hinweise zur Anfahrt sowie den jeweiligen Versorgungsmöglichkeiten. Aufgabe der Teilnehmer war es, für die „Verletzten“ geeignete Zielkliniken herauszuarbeiten.

Szenario an Station drei: Bei einer Großveranstaltung in Furth im Wald ist ein Unfall mit vielen Verletzten passiert. Es kommt zu einer Explosion, so dass terroristischer Hintergrund nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. Unter Aufsicht von Dr. Rüdiger Hettler, BRKKreisverband Weiden-Neustadt/WN) galt es die Unterschiede vom „normalen“ Einsatz zum „REBEL“-Einsatz herauszuarbeiten. Das REBEL-Konzept, dass es so in Tschechien nicht gibt, wurde den Teilnehmern in einem Praxisbeispiel vermittelt. Im Einsatzfall in Grenznähe sollen die Retter so bestmöglich zusammenarbeiten können.

In der vierten Station mussten die Teilnehmer einen Patienten versorgen und diesen anschließend an das Rettungsteam des anderen Landes übergeben. Hierfür stand der Simulations-Rettungswagen des BRKKreisverbandes Weiden-Neustadt/WN zur Verfügung. Ausbilder Wolfgang Dietl, BRK-Kreisverband Weiden-Neustadt/WN) und Notarzt MU Dr. Jiří Růžička, Rettungsdienst der Region Pilsen, betreuten die Station. Jakub Oliberius, Student Universität Pilsen, hat eine Piktogrammkarte entwickelt, die die Übergabe des Patienten erleichtern soll. Diese deckt den Unfallhergang, die Verletzung/ Erkrankung, Symptome und die Behandlung ab.

Nach einer abschließenden Feedbackrunde mit Nachbesprechung haben die Teilnehmer aus Böhmen und der Nordoberpfalz einen langen, aber lehrreichen Übungstag erfolgreich absolviert.

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Beim Einsatzsimulationstraining besprachen die Teilnehmer die Vorgehensweise.
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Auch die Übergabe von Patienten will gelernt sein.
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Bilder: Grenzüberschreitender Rettungsdienst

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