Tag des offenen Denkmals in Weiden: Großer Ansturm auf Altes Rathaus

Weiden. Die Sanierungsarbeiten am Alten Rathaus in Weiden sind im vollem Gange. Zum Tag des offenen Denkmals gab’s die einmalige Chance einen Blick ins Innere der Baustelle zu werfen. Diese nutzten viele: Es war die Hölle los! 

Von Jürgen Wilke

Altes Rathaus Weiden historischer großer Sitzungssaal
Der große Sitzungssaal war gut besetzt – viele Interessierte nutzten die Chance um einen Blick hinter die Kulisse der Sanierungsarbeiten im Alten Rathaus zu blicken.

Einmal im Jahr lädt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zum „Tag des offenen Denkmals“ ein. Dabei öffnen bundesweit Denkmäler, die sonst nicht allgemein zugänglich sind, kostenfrei ihre Tore und bieten mit Führungen und Programmen einen Einblick in längst vergangene Zeiten und in die wertvolle Arbeit von Denkmalschützern, Restauratoren und Denkmalpflegern. In diesem Jahr stand der Aktionstag unter dem Motto „Macht und Pracht“. In Weiden passt dazu kaum ein anderes Gebäude besser als Alte Rathaus. Schließlich wurde hier von 1548 bis 1980 die städtische Macht ausgeübt.

Wer nachts im Alten Rathaus spukt

Derzeit werden der fast 500 Jahre alte Dachstuhl und die Fassade des historischen Gebäudes saniert. Stadtarchivarin Petra Vorsatz erzählte im stimmungsvollen Ambiente des großen Sitzungssaales die wechselvolle Geschichte des Gebäudes, das Macht und Handel beherbergte. Im Stadtarchiv befinden sich die originalen Bauabrechnungen aus dem Jahr 1539, in denen genau beschrieben ist, welche Materialien verbaut worden sind. „Bis ins kleinste Detail wird in diesen Unterlagen über Baumaßnahmen und Kosten berichtet, oder wer die Bäume für den Dachstuhl angeliefert hat“, so die Stadtarchivarin. Auch von Geschichtchen, die sich ums Rathaus ranken, hörten die Besucher. So beispielsweise vom alten Ratsdiener Klaus Füsslein, der versehentlich einmal am Abend im Rathaus eingeschlossen war und nun dort übernachten musste. Um Mitternacht belauschte er durch ein Schallloch, die verstorbenen Ratsherren, denen er vor dreißig Jahren gedient hatte. Sie jammerten über ein Unglück, das am Laurentiustag über die Stadt Weiden kommen werde.

Das Alte Rathaus wurde in den Jahren 1538 bis 1548 auf den Mauern eines Vorgängerbaues errichtet. Petra Vorsatz schilderte unter anderem Beschädigungen durch Feuer und den Wiederaufbau, über den nachträglichen Anbau der Außentreppe oder den Einbau der Abortanlagen. Umbauten erfolgten 1914 bis 1917 und 1981. In der Passage im Erdgeschoss sind seit 1981, wie schon im Mittelalter, wieder kleine Läden eingerichtet worden. Das Alte Rathaus war früher nicht nur Verwaltungsgebäude, sondern auch Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt. Seine Funktion als städtische Verwaltung hat das Alte Rathaus mittlerweile verloren, denn „regiert“ wird jetzt im Neuen Rathaus. Trotzdem beruft der Oberbürgermeister den Stadtrat einmal jährlich zu einer Sitzung in den altehrwürdigen Gemäuern ein.

Altes Rathaus Weiden neues Modell Dachstuhls Baustelle
Ein Modell des neuen Dachstuhls im Alten Rathaus steht im ehrwürdigen Gebäude.

Hohe Zimmermannskunst

Stolz ist Petra Vorsatz darauf, dass sich im Stadtmuseum noch das Baumodell des Dachstuhles aus Zeit der Anfänge befindet. Für die Sanierung beauftragte die Stadt das denkmalerfahrene Amberger Ingenieurbüro ALS. Anton Landgraf, Ingenieur vom Planungsbüro, erklärte alle wichtigen Infos rund um die Sanierung, welche Schritte notwendig seien und wie sie durchgeführt werden. Der aus dem Jahr 1548 stammende Dachstuhl vereint Bauelemente aus der Gotik und dem Barock.

Es ist einer der schönsten Dachstühle in ganz Bayern, mit drei liegenden Stühlen übereinander“

so Landgraf. Bei den Sanierungsarbeiten will man die Schäden beseitigen und mit den Neuerungen so dicht wie möglich am Original bleiben. Immerhin seien 90 des Dachstuhls ohne Schaden. Schließlich sei es „hohe Zimmermannskunst“, was da erbaut worden ist. Der Dachstuhl drohte in einem „kriechenden Prozess“ langsam nach außen zu drücken und muss daher jetzt aufwändig saniert und statisch wieder ertüchtigt werden. Ausschlaggebend für die jetzt vorhandenen statischen Mängel waren aber vor allem Sanierungsfehler im Barock. Das Rathaus hatte bis dahin im Obergeschoss einen riesigen, frei überspannten Saal. Wandmalereien und Verzierungen des repräsentativen Saales aus dieser Zeit sind jetzt noch in der Zwischendecke sichtbar.

Anton Landgraf Ingenieurbüro Altes Rathaus Weiden

1,544 Millionen Euro: Alles neu im Alten Rathaus

Dieser mächtige Saal wurde aufgegeben, die Unterzüge entfernt und als Balken zur Sicherung der Fußpunkte wieder eingebaut. Der Dachstuhl ist seit so in seinem statischen Gefüge komplett verändert. Die auftretenden Kräfte können nicht mehr gefasst werden. Der Dachstuhl „schiebt“ langsam nach außen. Bei den jetzigen Sanierungsarbeiten wird daher auch das Hauptaugenmerk auf die statische Wiederherstellung des Dachstuhls gelegt. Morsche und falsch eingebaute Balken werden ausgetauscht. Verbindungen werden wieder statisch richtig hergestellt. Im Anschluss wird das Dach neu eingedeckt.

Nach Abschluss der Arbeiten am Dach, soll die Fassade ausgebessert und neu gestrichen werden. Die Fenster, einschließlich der wertvollen Buntglasscheiben aus dem Jahr etwa um 1917, sollen restauriert werden. Neben kleineren elektrotechnischen Arbeiten, wie beispielsweise Beleuchtung im Dachstuhl oder Brandmeldeanlage, soll abschließend im Jahr 2018 noch die Freitreppe saniert und der Sockelbereich umlaufend abgedichtet werden. Die Kosten der Gesamtmaßnahme belaufen sich aktuell auf 1,544 Millionen Euro.

Gerechnet werden kann mit einer Förderung der Maßnahme durch den Bezirk Oberpfalz, durch die bayerische Landesstiftung, durch das das Denkmalsonderprogramm VI des Bundes, sowie durch den Entschädigungsfonds des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Insgesamt wird mit einer Bauzeit von rund zwei Jahren gerechnet. Die Vorträge im Sitzungssaal umrahmten Astrid Karl am Klavier und Thomas Käs auf der Violine musikalisch. Anschließend führte Anton Landgraf die Besucher durch die Baustelle.

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