Tschüss, Weiden! Weißstörche fliegen ins Winterquartier

Weiden. Die Saison 2017 der Weißstörche ist nun auch in der Region zu Ende. Die großen Segler verlassen uns und machen sich auf den Weg in ihre Winterquartiere. Das Jahr 2017 war laut der Weidener Storchenhorstbetreuerin Helga Bradatsch ein gutes „Storchenjahr“.

Von Jürgen Wilke

Auf dem Dach des Alten Schulhauses in Weiden schlüpften Anfang Mai im Abstand von einigen Tagen vier Küken, die sich dank der fürsorglichen Pflege ihrer Eltern zunächst sehr gut entwickelten. Doch in den meisten Jahren kommen nur die kräftigsten Jungvögel durch. Oft sind es widrige Witterungsverhältnisse, denen die Küken zum Opfer fallen. Das Gefieder der Jungstörche ist in den ersten Lebenswochen noch nicht voll ausgebildet, der Flaum saugt die Nässe auf und führt in Verbindung mit Kälte zu Unterkühlung, Erkrankung oder zum Tod. Für Helga Bradatsch war es auch in diesem Jahr bereits Anfang Juni klar, dass es die beiden schwächeren Küken nicht schaffen würden:

Aber zwei kräftige Junge pro Horst reichen aus, um die Population zu erhalten. Mit zwei Jungstörchen liegt Weiden erneut über dem bayernweiten Durchschnitt von 1,5 Jungen pro Nest.

In diesem Jahr verlief das Ende der Storchensaison etwas anders als in den Jahren zuvor. Die beiden Jungstörche flogen heuer bereits Anfang August in ihre Winterquartiere, das sind vier bis fünf Wochen früher als sonst. Die Altstörche starten gewöhnlich vier bis fünf Wochen nach ihren „Kindern“, zwischen Ende August und Mitte September, gemeinsam Richtung Süden.

Storchen-Papa alleine im Horst

In diesem Jahr flog das Storchenweibchen bereits Mitte August alleine ab und ließ seinen Partner solo auf dem Horst zurück. Das Storchenmännchen folgte am 15. September. Helga Bradatsch sagt dazu: „Da die Jungvögel vor den Alten abfliegen, löst sich im Spätsommer nicht nur der Familienverband auf, sondern oft auch die Paarbindung. Es kommt durchaus vor, dass die Altvögel getrennt voneinander abfliegen. In Weiden wurde letzteres allerdings noch nicht beobachtet.“

Meister Adebar seit Jahrhunderten in Weiden

Weiden ist seit Jahrhunderten Geburtsort vieler Weißstörche. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1576 zurück, als die Stadt Geld zur Reparatur des Horstes auf dem Rathausdach bereitstellte. Der Klimawandel, den Fachleute seit langem beobachten, wirkt sich auch auf das Verhalten von Zugvögeln aus, so die Erkenntnis der Experten. Man hat festgestellt, dass der Weißstorch immer öfter im Mittelmeerraum oder in Südosteuropa sein Winterquartier bezieht.

Der Storch legt jeden Herbst lange Strecken zwischen seinem Brutquartier in Europa und seinem Winterquartier im Süden zurück, im Frühjahr in umgekehrter Richtung. Dank ihrer angeborenen Navigations-Eigenschaften finden auch Jungstörche ihre Flugroute alleine. Freund Adebar hat eine ausgeprägte Scheu vor großen Wasserflächen. Wegen der geringen Thermik meidet er deshalb das Überfliegen des Mittelmeeres. So ziehen die sogenannten „Weststörche“ bei Gibraltar, die „Oststörche“ über den Bosporus in den Süden.

Oberpfälzer Störche in Asien und Afrika

Die Überwinterung erfolgt dementsprechend in Afrika oder in Asien. Die Wüste zu überqueren macht dem großen Segler nichts aus, da er die dort entstehende Thermik geschickt auszunutzen versteht. Nach neuesten Erkenntnissen verläuft die Grenze zwischen „West“- und „Oststörchen“ in Nord-Süd-Richtung genau durch Bayern, sodass Störche aus unserem Bundesland teilweise über den Bosporus aber auch über Gibraltar fliegen.

[box type=”info” style=”rounded” border=”full”]Tipp der Redaktion: Unser Autor Jürgen Wilke ist ein echter Storchkenner. In seinem “Storchenbuch“ hat er den Storch über zehn Jahre hinweg fotografiert und beobachtet. Das Buch ist in der Buchhandlung Stangl&Taubald in Weiden erhältlich[/box]