Bio und Konventionell – nicht Gut und Böse

Almesbach. Immer weniger junge Leute haben direkten Kontakt zu einem landwirtschaftlichen Betrieb. Umso mehr Bedeutung kommt dem Schulunterricht und den Lehrbüchern zu, die das Bild der Schüler von der Branche prägen. Was da vermittelt wird, entspricht aber nicht unbedingt den Vorstellungen des Bauernverbandes.

Von Benedikt Grimm 

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Ein an Realschulen verwendetes Biologie-Buch ließ konventionell wirtschaftende Landwirte schlecht wegkommen. Das wollte der Bauernverband Tirschenreuth so nicht stehen lassen und organisierte zusammen mit dem Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum (LVFZ) in Almesbach eine Fortbildung für Geographie- und Biologielehrer aus der Oberpfalz. „Ich sehe es auch als Bringschuld, diese Informationen weiterzugeben“, sagte LVFZ-Leiter Helmut Konrad. „Früher hatte jeder mindestens über den Opa oder den Onkel einen direkten Draht zu einem Bauernhof. Es war normal, dass der Urlaub dort verbracht wurde, um den Verwandten zu helfen“, sagt Konrad. Mehr und mehr Menschen kennen die Landwirtschaft nur noch über die Darstellung in den Medien, etwa über „Bauer sucht Frau“. „Für mich ist entscheidend, dass es das Bild, das hier vermittelt wird, so nicht gibt“, betont Ely Eibisch, Kreisobmann des Bauernverbandes in Tirschenreuth und stellvertretender Bezirkspräsident.

Lange Transportwege für Bio-Schlachtvieh

Realschulkonrektor Ramon Gomez-Islinger, der Fachmitarbeiter für Biologie bei der Ministerialbeauftragten ist und den Fortbildungstag mitorganisiert hatte, stellte die Inhalte des neuen Lehrplans für Landwirtschaft vor. Aus der Praxis eines Bio-Landwirts berichtete Stefan Koschta aus Kulmain. Seine Kälber werden mindestens zwölf Monate lang mit Vollmilch getränkt. Ist eine Kuh krank, kommen auch auf seinem Betrieb Medikamente zum Einsatz.

Das Tierwohl hat oberste Priorität. Wichtig ist, dass das Kalb schnell wieder gesund wird,

betonte Koschta. Allerdings darf ein Rind pro Jahr maximal dreimal behandelt werden – sonst droht der Verlust des Öko-Standards. Bei seinen Ackerpflanzen setzt Koschta auf möglichst lang wachsende Sorten, die den Unkrautwuchs unterdrücken. Denn das darf nur mechanisch beseitigt werden. Manche Unkräuter wie der Ampfer müssen sogar per Hand ausgestochen werden. Für problematisch hält er die langen Transportwege für das Schlachtvieh. „Es gibt nur wenige Metzger, die die Zulassung als Bio-Schlachtbetrieb haben“, weiß der Öko-Landwirt. Außerdem seien nur zehn Prozent der Verbraucher bereit, für Bio-Lebensmittel etwas tiefer in die Tasche zu greifen. „Wir können nicht schneller wachsen und mehr produzieren, als es Nachfrage gibt“, sagt Koschta.

Kuh entscheidet selbst, wann sie gemolken wird

Stephan Schübel aus Großschlattengrün – er wirtschaftet konventionell – hält 174 Fleckvieh-Rinder. Auf die Größe seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche heruntergerechnet macht das 1,44 Großvieheinheiten je Hektar. Ein Wert, mit dem er locker als Biobetrieb durchgehen könnte, wo maximal zwei Großvieheinheiten je Hektar zulässig sind. Den Melkroboter sieht er als Fluch und Segen zugleich. Einerseits können seine Kühe selbst bestimmen, wann sie gemolken werden, andererseits erfordert die Technik permanente Rufbereitschaft – 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche.

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Landwirt Stephan Schübel (rechts) referierte vor den Oberpfälzer Realschullehrern im Lehrsaal des Lehr-, Versuchs- und Fachzentrums Almesbach über konventionelle Landwirtschaft.

Düngen mit GPS, Smartphone und Sensoren

Nachmittags ging es für die Lehrer zu den praktischen Stationen. Schüler der Höheren Landbauschule zeigten im Rahmen ihrer Projektarbeit „Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit“ etwa die technischen Finessen eines modernen Traktors mit GPS-Steuerung. Die richtige Düngemenge wird mit dem Smartphone berechnet. Ein Neigungssensor am Düngestreuer stellt sicher, dass auch in Hanglagen nicht zu viel ausgebracht wird. Mithilfe eines Scanners kann sogar während des Streuvorgangs auf unterschiedliche Bodenqualitäten durch eine Anpassung der Düngemenge reagiert werden. Ob die Kühe vor den Melk-Roboter nicht Angst hätten, fragte eine Lehrerin an der nächsten Station. Keineswegs, versicherte Student Thomas Lindner. „Zu Hause schubst die Kuh den Bauer auf die Seite, weil sie zum Melkroboter möchte“, erzählte Lindner.

Diese Unterscheidung zwischen Gut und Böse, wenn von konventionell und Bio gesprochen wird, die trifft einfach nicht zu. Es sind zwei verschiedene Produktionsarten. Aber die Konventionellen ernähren die Bevölkerung“,

betonte Student Josef Marzi. Die Informationen aus erster Hand begeisterten die Lehrer aus der ganzen Oberpfalz. „Es wird einem mal wieder bewusst, welchen Einfluss man als Lehrer auf das Verbraucherverhalten der Schüler hat“, sagte Daniela Blomenhofer, die an der Realschule Berching unterrichtet.

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An den praktischen Stationen erklärten Studierende der Höheren Landbauschule Wissenswertes über Milcherzeugung, Düngung und Pflanzenschutz.

Bilder: OberpfalzECHO/B. Grimm

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