SPD ist stolz auf Kurt Eisner

Erbendorf. Die bayerische SPD ist stolz, dass die Gründung des Freistaats Bayern einem der ihren zu verdanken ist. Der unabhängige Sozialdemokrat Kurt Eisner rief den Freistaat in unruhigen Zeiten zum Ende des ersten Weltkrieges in München aus. Dieses wichtige Ereignis in der bayerischen Geschichte war für die SPD Landtagsfraktion Anlass, es im Hotel Aribo in Erbendorf gebührend zu feiern.

Von Udo Fürst

Empfang SPD-Landtagsfraktion in Erbendorf zubiläum 100 Jahre Freistaat Bayern Bilder Udo Fürst2
Mit etwa 100 Gästen war die Festveranstaltung im Hotel Aribo sehr gut besucht.

Landtagsabgeordnete Annette Karl konnte zum Festakt unter den 100 Gästen zahlreiche Kommunalpolitiker und Personen des öffentlichen Lebens begrüßen. Karl zitierte in ihrer Begrüßung aus Willy Brandts Abschiedsrede als SPD-Vorsitzender: „Wenn ich sagen soll, was mir neben dem Frieden wichtiger sei als alles andere, dann lautet meine Antwort ohne Wenn und Aber: Freiheit. Die Freiheit für viele, nicht nur für die wenigen. Freiheit des Gewissens und der Meinung. Auch Freiheit von Not und von Furcht.“

Die Freiheit der Bürger und die Meinungsfreiheit waren auch schon 1918 für Kurt Eisner eine Grundlage bei der Prägung des Begriffs „Freistaat Bayern“. Auch heute müsse immer wieder diskutiert werden, wie die Spannungen zwischen dem berechtigten Wunsch des Einzelnen nach Freiheit und dem Wunsch der Gesamtheit nach Schutz durch den Staat gelöst werden könne, so Karl.

Wahlrecht für Frauen und Meinungsfreiheit

Für den Höhepunkt des Abends sorgte die Rede des Vorsitzenden des Verfassungsausschusses im Landtag, MdL Franz Schindler. Detailgetreu und bildhaft schilderte er die Situation von 1918. Beispielhaft beschrieb Schindler die Zeitenwende am Leben seiner Großmutter, geboren 1900 und nie außerhalb der Oberpfalz gewesen. Für sie wäre der heutige Lebensstandard in Bayern ein Leben wie im Paradies, denn sie habe ihr ganzes Leben in einem acht mal acht Meter großen Haus verbracht.

Empfang SPD-Landtagsfraktion in Erbendorf zubiläum 100 Jahre Freistaat Bayern Bilder Udo Fürst1
Die Landtagsabgeordnete Annette Karl überreichte dem Festredner Franz Schindler nach seiner beeindruckenden Rede ein Geschenk.

Der Wandel zu einem Hochtechnologiestandort mit Weltkonzernen wie BMW und Audi sei vor allem der bayerischen Bevölkerung zu verdanken, betonte der Redner.

Bayern ist eigentlich nur 87 Jahre Freistaat. Denn 1933 begruben die Nazis mit ihrem 1000-jährigen Reich die Demokratie,

merkte Schindler an. Die Gründung des Freistaats habe vor 100 Jahren das allgemeine Wahlrecht auch für Frauen gebracht, die Meinungsfreiheit, den Wechsel der Schulaufsicht von der katholischen Kirche zum Staat und vieles, was damals revolutionär gewesen sei.

Neue Zeit für Bayern

„Der einzelne Mensch und seine Rechte standen im Mittelpunkt dieser unblutigen Revolution.“ In seiner Ausrufung des Freistaats habe Eisner betont: „Jedes Leben soll heilig sein“. Dies habe bis zu seiner Ermordung 100 Tage nach der Ausrufung der Republik gegolten.

Mit dem Neustart des Freistaats im Jahr 1945 und der Verabschiedung der Bayerischen Verfassung am 1. Dezember 1946 habe mit einer modernen Verfassung, geschrieben vom Sozialdemokraten Wilhelm Högner, eine neue Zeit in Bayern begonnen, die auch heute noch beispielhaft sei. „Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhoff betonte in seiner Rede zum 70. Geburtstag der Verfassung, dass jeder Bayer die Verfassung einmal lesen sollte. Den Nichtbayern empfahl er sogar die zweimalige Lektüre. Kirchhoff versprach eine ‚inspirierende Lektüre‘“, so Schindler.

Demokratie vor alten und neuen Feinden verteidigen

Rückblickend auf die 100 Jahre Freistaat bleibe die Frage, warum die erste Demokratie nur so kurze Zeit funktionierte. „Die wichtigste Antwort ist wohl, dass es zu wenige Demokraten in der Weimarer Republik gab und diese dann auch noch uneinig waren.“ Deshalb ist es heute umso wichtiger, die zweite Demokratie vor alten und neuen Feinden zu verteidigen.

Bilder: Udo Fürst

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