Die Steuerfrau geht von Bord

Weiden. Mit der Geschäftsführerin Gisela Birner geht nach 48 Jahren eine Institution des SPD-Unterbezirks in den Ruhestand.

Von Udo Fürst

Gisela Birner Steuerfachfrau Ruhestand Symbol Spd Nordoberpfalz
Ein Bild, auf das die Sozialdemokraten in der nördlichen Oberpfalz bald verzichten müssen: Gisela Birner in der SPD-Geschäftsstelle Hinterm Zwinger 22 in Weiden. Foto: Udo Fürst

Wenn Gisela Birner am 29. März aufhört, verlieren vor allem die Nordoberpfälzer Sozialdemokraten eine wahre Institution. 48 Jahre arbeitete die Weidenerin für die SPD – als Geschäftsführerin des Unterbezirks und die letzten zwölf Jahre auch im Bezirk. Für die meisten Genossen dürfte der 29. März ein schwarzer Freitag sein. Viele SPD-ler von Neusorg bis Vohenstrauß wollen und können es sich noch gar nicht vorstellen, dass sie dann ihre gute Seele verlieren.

Mit sich im Reinen

In der Geschäftsstelle des SPD-Unterbezirks im deutlich in die Tage gekommenen Gebäude “Hinterm Zwinger 22” dominiert eine Farbe: Rot. Rote Bilderrahmen, rote Bürostühle, rote Aufsteller, rote Kugelschreiber, rote Feuerzeuge, sogar der Kalender zeigt sich, wenn auch zufällig, in den SPD-Farben. Immerhin ist der Vorhang schwarz – aber mit buntem Muster. Auf einem der roten Stühle sitzt Gisela Birner und wirkt entspannt. „Wehmut? Nein“, antwortet sie auf die erste Frage. Sie sei mit sich im Reinen, habe Vieles richtig gemacht in all den Jahren. „Die Arbeit hat mir Spaß gemacht – trotz vieler Rückschläge und schlimmer Wahlergebnisse“, sagt die jung gebliebene 64-Jährige.

Gisela Birner galt stets als kompetente und zuvorkommende Ansprechpartnerin. Ob die Genossen Fragen zu organisatorischen Dingen hatten oder einfach mal etwas seelischen Beistand brauchten – die Seele des Unterbezirks, wie sie einst MdB Franz Zebisch bezeichnete, hatte immer ein offenes Ohr für die Wünsche und Hoffnungen ihrer Klientel.

Du darfst nie vergessen, dass das alles Ehrenamtliche sind. Entsprechend muss man diese Menschen behandeln.“

Devise: Vertrauen gewinnen

Zu den Enttäuschungen: Vor allem die letzte Bundestags- und die Landtagswahl im Oktober seien für einen Sozialdemokraten kaum zu verdauen gewesen. Ihr größter Wunsch? „Dass die SPD wieder den Stellenwert bekommt, den sie verdient. Wir gehören nicht dorthin, wo die derzeitigen Umfragewerte es suggerieren.“ Die Sozialdemokratie sei nach wie vor unverzichtbar und auch wieder auf einem guten Weg. „Allein, viele glauben uns das nicht.“ Es sei eine der wichtigsten Aufgaben der Partei, Vertrauen bei der Bevölkerung zurückzugewinnen und den mit der Forderung nach der Grundrente begonnenen Weg konsequent weiterzugehen. „Das dürfte aber nicht einfach werden bei der Politik des Koalitionspartners. Die lehnen ja unsere Vorschläge konsequent ab. So kannst du keine Regierungspolitik machen“, zweifelt die entschiedene Gegnerin der Großen Koalition den Willen der CDU/CSU zur Zusammenarbeit an. Man dürfe gespannt sein, wie es nach den Landtagswahlen in einigen neuen Bundesländern im Herbst weitergehe.

Sozialdemokratin aus Leidenschaft

Als Höhepunkte ihrer Laufbahn bezeichnet sie das Überschreiten der 5.000-Mitglieder-Schallmauer als damals stärkster bayerischer SPD-Unterbezirk und die Wahl von Kurt Seggewiß zum Oberbürgermeister. Gerne erinnert sich die Sozialdemokratin aus Leidenschaft an die Zeit der sozialliberalen Regierung mit tollen SPD-Wahlergebnissen unter Bundeskanzler Willy Brandt, einen von insgesamt elf Parteivorsitzenden, den sie in all den Jahren erlebt hat.

Ebenso wie je elf Landes- und Stadtverbands- sowie je vier Bezirks- und Unterbezirksvorsitzende. Riesig gefreut habe sie sich auch, als Gerhard Schröder 1998 Helmut Kohl nach 16 Jahren Regentschaft abgelöst hat. „Leider mischt sich Schröder heute ungefragt in die Politik ein und kritisiert unsere Führung. Der sollte ganz ruhig sein.“

Laden top in Schuss

Wenn die SPD-Unterbezirksgeschäftsführerin den Telefonhörer – die Nummer 09 61/70 66 ist jedem Sozi in der nördlichen Oberpfalz bestens bekannt – endgültig zur Seite legt, hinterlasse sie ihrem Nachfolger beziehungsweise ihrer Nachfolgerin, die aus finanziellen Gründen nur noch ein(e) Verwaltungsangestellte(r) sein werde, einen geordneten Laden. Der zähle zwar nur noch knapp 2.800 Genossen, sei aber ein sehr politischer Unterbezirk mit einer guten Organisation und mit Ortsvereinen, die top in Schuss seien. „Es war ein Traumjob, ich hatte mit Menschen zu tun, kein Tag war wie der andere. Es ist etwas Besonderes, für die Sozialdemokratie arbeiten zu dürfen“, sagt Birner.

Selbstbestimmt im Ruhestand

„Mein Motto war immer: Du musst alles wissen, darfst aber nicht darüber reden.“ Am meisten freue sie sich jetzt auf die Zeit nach dem Arbeitsleben, wo sie nicht mehr fremdbestimmt sei und tun könne, was ihr Spaß mache. Garteln gehöre dazu, Yoga, Sibyllenbadbesuche und die Malerei. „Alles schöne Dinge, die mir gut tun werden.“

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