Kein Plan für den Ernstfall

Mitterteich. Das atomare Zwischenlager in Mitterteich bekommt Zuwachs durch Abfälle aus Gundremmingen. Die Umweltaktivistin Brigitte Artmann warnt vor einer möglichen Katastrophe.

Von Udo Fürst

Atommüll Lager Mitterteich
Brigitte Artmann mit dem Bescheid des Umweltministeriums vor dem Tor des Zwischenlagers im Birkigt Foto: Udo Fürst

16.30 Uhr am 1. April: Ein Eurofighter der Bundeswehr überfliegt das atomare Zwischenlager im Industriegebiet Birkigt vor den Toren Mitterteichs in geringer Höhe. „Das ist kein Einzelfall“, sagt die Umweltaktivistin Brigitte Artmann. „Die Übungsroute der Kampfjets führt genau über das Lager. Was passieren kann, hat sich beim Absturz des F 16-Kampfjets der US-Armee bei Creußen vor drei Jahren gezeigt.“ Dieser sei vorher auch über Mitterteich geflogen.

Kein Katastrophenschutzplan

Der Kampf der Wunsiedler Grünen-Kreisrätin gegen die Atomkraft und deren Hinterlassenschaften geht schon über viele Jahre. Und irgendwie ähnelt er einem Kampf gegen Windmühlen. Proteste, Eingaben, Widersprüche – viele verhallten ungehört. Doch aufgeben kommt für sie nicht infrage.

Es geht schließlich um unsere Zukunft,

sagt Artmann. Ihr jüngster Widerstand richtet sich gegen das Vorhaben des Bayerischen Umweltministeriums, Abbruchmaterial aus dem Reaktor B des Atomkraftwerks Gundremmingen ins Zwischenlager Mitterteich zu bringen. „Vor allem, dass es dafür keinen Katastrophenschutzplan gibt, ist ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Artmann. Der Bescheid des Umweltministeriums mit der Abbruchgenehmigung von Block B wurde ihr kürzlich zugestellt – so wie 155 anderen Personen, Behörden und Organisationen, die am Einwendungsverfahren teilgenommen haben.

Immer vom Schlimmsten ausgehen

Die Marktredwitzer Stadträtin und dortige Feuerwehrreferentin sagt, man müsse immer vom Worstcase ausgehen: „Was ist zum Beispiel bei einem Flugzeugabsturz oder wenn bei einem Tanklastwagen ein Reifen platzt und in das in der Nähe der Autobahn liegende Zwischenlager rast?“ Die Feuerwehr sei für solche Unglücke nicht gerüstet. Artmann sieht deshalb einen Katastrophenschutzplan für die Sammelstelle als unerlässlich. „Es gibt zwar einen kleinen Katastrophenschutzplan, doch der bezieht sich lediglich darauf, wenn ein Atommüllfass im Zwischenlager brennt.“ Mittlerweile habe sich aber Mitterteichs Bürgermeister Roland Grillmeier bereiterklärt, über das Thema zu reden.

In das Zwischenlager Mitterteich wird schwach- und mittelradioaktives Abbruchmaterial aus dem Reaktor Gundremmigen B geliefert. In der Lagerhalle der Landessammelstelle befinden sich unter anderem Teile aus dem abgebauten Atomkraftwerk Isar I. Das Zwischenlager gehört laut bayerischem Umweltministerium zu den Lagern für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gemäß Entsorgungsübergangsgesetz der Bundesregierung. In Mitterteich werden seit Jahren entsprechende Betriebs- und Stilllegungsabfälle aus den bayerischen Kernkraftwerken zwischengelagert. Die Lagerkapazität in Mitterteich sei derzeit mit circa 25.000 Fässern zu knapp 60 Prozent ausgeschöpft. Platz befindet sich dort für rund 40.000 Gebinde.

Die Gefahr bleibt

Im Birkigt wird all das gelagert, was man nicht als „atomaren Brennstoff“ bezeichnen kann, aber trotzdem strahlt: Das reicht vom Elektromotor aus dem AKW über Abfälle aus dem Röntgengerät des Kreiskrankenhauses bis zu strahlenden Resten aus der Forschung mit Elementen wie Grandolinium oder Neptunium.

Solange kein Endlager gefunden ist, bleiben die Fässer in Mitterteich. Die Kapazitäten reichen laut Betreiber bis ins Jahr 2028. So lange gelte auch die Betriebsgenehmigung. Sollte bis dahin immer noch kein Endlager zur Verfügung stehen, könne man eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung beantragen. Für Brigitte Artmann ist dies alles nur ein schwacher Trost: „Die Gefahr bleibt. Wer hätte gedacht, dass in Tschernobyl oder Japan so was passieren kann?“

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