Das Leben an der Grenze – und seine Gefahren

Bärnau. „Die meiste Zeit wusste ich eigentlich gar nicht, auf welcher Seite der Grenze wir gerade sind. Manchmal haben wir die Grenzsteine gesehen, aber es sah auf beiden Seiten gleich aus“, wundert sich Vinzent Rieg aus Eslarn. Zusammen mit 14 anderen Jugendlichen aus Deutschland und Tschechien ist er drei Tage lang durchs Grenzland zwischen Bärnau und Rozvadov gewandert, hat gemeinsam Gewitter, Hitze, Regen und steile Anstiege überstanden.

Gespräch_mit_Traudl_Kraus
Traudl Kraus erzählt den Jugendlichen davon, wie sie als junges Mädchen ihr Heimatdorf Paulusbrunn verlassen musste. Sie ist überzeugt: Frieden ist das Wichtigste.

Kühle Badseen, Grillen und Lagerfeuer – ein richtiges Wanderabenteuer. Die Grenzlandwanderung war eine gemeinsame Aktion der Projektstelle „Evangelische Jugend für Gedenken und Versöhnung“, des Kreisjugendrings Neustadt/Waldnaab und der Gemeinde der Böhmischen Brüder in Asch/ CZ. Sie wurde durch das Ziel-3 Programm Bayern-Tschechische Republik der Europäischen Union und durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond gefördert.

Stolz und glücklich erreichte die Gruppe nach gut 35 Kilometer durch die Grenzkämme des Oberpfälzer Waldes bzw. des Cesky les die Kirchenruine von Nové Domky, wo die Jugendlichen vor beeindruckender Kulisse eine Abschlussandacht feiern – ganz unter dem Motto „Frieden“.

Frieden ist das allerwichtigste“

das hatte Traudl Kraus den Teilnehmenden mitgegeben. Vor ihrem Anwesen auf der Grenzalm vor Bärnau hatte sie ihnen von ihren Erlebnissen als junges Mädchen während der Aussiedlung vom ehemaligen Dorf Paulusbrunn nach Bärnau berichtet.

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Wo der Eiserne Vorhang zerschnitten wurde, ist es Zeit für ein Gruppenbild.

Grenzposten führen hartes Leben

Beeindruckend war auch die Besteigung des ehemals zur Grenzüberwachung genutzten Aussichtsturms auf dem Havran. Jan Kárnik vom Klub für Militärgeschichte berichtete sehr anschaulich vom harten Leben der Grenzposten während des kalten Krieges. Marek Kradléc war mit seiner Jugendgruppe aus Hranice bei Asch gekommen und war vor allem von den Zeitzeugenbegegnungen sehr beeindruckt:

Mir war nicht klar, dass es an der Grenze früher so gefährlich war und auch Menschen gestorben sind.“

Pfarrerin Dr. Stefanie Schön aus Tirschenreuth/Waldsassen hatte ebenfalls Jugendliche aus ihrer Gemeinde mitgebracht. „Wir sind so nah an der Grenze. Da finde ich es extrem wichtig, etwas gemeinsam mit Jugendlichen aus Tschechien zu unternehmen und gemeinsam Spaß zu haben.“

Wandern_für_den_Frieden
Wandern für den Frieden. Die Wanderstäbe der Jugendlichen dürfen sich erstmal ausruhen.

Tanja Fichtner von der Projektstelle für Gedenken und Versöhnung der Evangelischen Jugend in Weiden hat die Wanderung organisiert. „Das Tolle an so einer Wanderung ist, dass die Jugendlichen vor Ort und ganz hautnah erfahren, was Krieg und Konfrontation an der deutsch-tschechischen Grenze bedeutet haben und wie toll es ist, jetzt Frieden und offene Grenzen in Europa zu haben. Das bleibt in der Schule nicht so hängen“, erklärt sie den Sinn des Projektes. Sie ist überzeugt: „Die Grenzen in den Köpfen sollten bei den heutigen Jugendlichen keine Rolle mehr spielen, und dazu hat die Grenzlandwanderung auf jeden Fall beigetragen.“

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Zum Abschluss feiern die Jugendlichen in der Kirchenruine von Nové Domky gemeinsam eine Andacht.

Bilder: Tanja Fichtner

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