Was sagt uns heute Bonhoeffer?

Grafenwöhr. “Von guten Mächten wunderbar geborgen” kennt wohl fast jeder. Geschrieben hat es Dietrich Bonhoeffer 1944 zu Weihnachten. Über sein kurzes Leben weiß Siegfried Kratzer noch viel mehr – auch vieles, das nicht bekannt ist. 

Von Renate Gradl 

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Siegfried Kratzer – ehemaliger Lehrer aus Grafenwöhr – kennt Dietrich Bonhoeffers Leben und Werke wie aus der Westentasche.

Siegfried Kratzer ist Vorsitzender des Evangelischen Bildungswerks. In den 70er Jahren wirkte er als Lehrer in Grafenwöhr – zur ökumenischen Vortragsrunde freute er sich wieder bei “seinen Grafenwöhrern” zu sein, darunter Pfarrer Dr. André Fischer, die beiden Ruhestandspfarrer Karl Wohlgut und Hans Bayer sowie rund 50 Zuhörer im voll besetzten Evangelischen Gemeindehaus Grafenwöhr.

Siegfried Kratzer geht im Vortrag der Frage nach: “Was sagt uns heute Bonhoeffer?” Der lutherische Theologe und spätere Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus wurde am 4. Februar 1906 in Breslau geboren und am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet. Kratzer ging zunächst auf die Familie Bonhoeffers ein, die als wohlhabend galt. Nach Beginn des Theologie-Studiums 1923 in Tübingen war er ein Jahr später in Rom. “Er war begeistert, wie die Katholiken Gottesdienst feiern”, so der Referent. Damals sei bereits der Grundstein für seine spätere ökumenische Gesinnung gelegt worden.

Am 1. Februar 1933 hielt Bonhoeffer in einer Rundfunkrede und sprach über das Führerprinzip. Ohne Hitler namentlich zu nennen, sagte er, dass aus einem Führer sehr schnell ein Verführer werden kann. Die Kirche stand damals auch vor der Judenfrage. Für Bonhoeffer gab es eine “Ethik der Verantwortung”. Dies bedeute, dass man “dem Rad in die Speichen greifen soll”, um den Opfern zu helfen. 1938 schloss sich Bohnhoeffer dem Widerstand um Wilhelm Franz Canaris an.

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Viele Zuhörer haben sich im Evangelischen Vereinsheim versammelt.

“Von guten Mächten…” – falsch interpretiert

Neben weiteren Stationen seines Lebens schilderte Kratzer die katastrophalen Zustände während der Haft Bohnhoeffers in Tegel und die Verbesserung durch General Paul von Hase, seinem Onkel. Dadurch konnte er Mitgefangenen helfen und ihm war erlaubt, Briefkontakte zu haben. 1944 schrieb er das Gedicht “Von guten Mächten”, das er seiner Familie und seiner Verlobten Maria Wedemeyer widmete. Inhaltlich würde das Lied meistens falsch interpretiert. Es heißt nicht: Gott ist mit uns, sondern Gott ist “bei” uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer wurde nach Flossenbürg gebracht und am 9. April 1945 nach einem kurzen, menschenverachtenden und mörderischen Scheinprozess im KZ Flossenbürg durch den Strang hingerichtet. Die letzten Worte, die von ihm überliefert sind, drücken die Beziehung zu Gott aus:

Dies ist das Ende – für mich der Beginn des Lebens.”

Der Referent las einige Gedichte Bonhoefers vor. Neben den allseits Bekannten waren dies auch die Frage nach dem: “Wer bin ich?” und das Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer, in dem es am Schluss heißt: “Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum (Schicksal) ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.”

Abschließend bedankte sich Pfarrer Fischer beim Referenten und dem Arbeitskreis “Ökumene”. Danach gab es noch Gespräche bei Tee und Gebäck.

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