Plastikfrei leben – Wie geht das?

Grafenwöhr. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen hatten mit Silvia Gottinger eine Referentin geladen, die in ihrem Leben soweit möglich auf Plastik verzichten möchte. Sie berichtet von Methoden, Zielen und Veränderungen.

Vortrag Plastikfrei leben

Von Stefan Neidl

“Acht Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr im Meer”, Silvia Gottinger erklärte die Ausmaße der menschlichen Verschwendung. Seit der Geburt ihrer Tochter vor sechs Jahren hat sie beschlossen ihr Leben zu ändern: Sie will so weit möglich auf Plastik verzichten und andere animieren nachhaltiger zu leben.

Dieser Begriff ist wichtig für die 35-Jährige: “Nachhaltig heißt, auch nach mir sollen noch Generationen fair und sozial leben können.”

“Jede Woche essen wir unsere Bankkarte”

Über Freundinnen und Facebook-Gruppen kam sie auf die Idee des plastikfreien Lebens. Ihr Interesse stieg, sie legte sich Fachbücher zu und kann diese nur weiterempfehlen: “Jede Woche nehmen wir durch die Nahrung und Atmung fünf Gramm Plastik zu uns. Das ist als würden wir jede Woche unsere Bankkarte essen.” Dies führe zu hormonellen Veränderungen, zu Früh- und Fehlgeburten. 300 Kilogramm Plastikmüll produziert jeder Deutsche pro Jahr – nur 30 Prozent würden recycelt werden, der Rest landet in Dritte Welt-Ländern.

Vortrag Plastikfrei leben

Oft stecke Plastik in Produkten, ohne dass der Verbraucher dies weiß: Cremes, Duschgels, Kaugummis und die viel diskutierten Kassenbons seien nur Beispiele. “Plastik ist nicht immer schlecht”, gibt Gottinger zu. Wo Leichtbau nötig ist, wie im Autobau, wo Hygiene wichtig ist, wie in Krankenhäusern, oder bei Sicherheitsanzügen sei der Kunststoff unverzichtbar.

Glas oder Holz statt Plastik

Gottinger nennt konkrete Beispiele, wie sie ihren Alltag umgestellt hat. Sie nutzte die Nachhaltigkeitspyramide bei jeder Anschaffungsentscheidung: Nutze, was du hast; Repariere; Leihe; Tausche; Kaufe gebraucht; Mache selber; Kaufe neu. Ihre Küchenhelfer hat sie durch Holz und Glas ersetzt. Die alten Plastikschüsseln dienen nun als Stiftebox oder zum anmischen von Farben. So komme das Plastik nicht mehr in ihren Körper.

Statt Frischhaltefolie verwendet sie Bienenwachstuch, beim Metzger bringt sie ihre eigene Transportbox mit und Hygiene sowie Kosmetikprodukte stellt sie selbst her. Reinigungsmittel lassen sich aus den fünf Grundstoffen Kernseife, Waschsoda, Natron, Essig und Zitronensäure leicht selbst mischen. Ihre Einkäufe erledigt sie soweit möglich in Unverpackt-Läden.

Von der Gewohnheit zur Lebenseinstellung

Verzichten müsse Gottinger auf nichts: “Es ist eine Gewöhnungssache. Irgendwann wurde es zu einer Lebenseinstellung.” Zuerst müsse der Interessierte die eigene Bequemlichkeit überwinden. In dem 90-minütigen Vortrag nennt sie viele weitere Ersatzmöglichkeiten für Plastik. Ihr Anliegen ist, dass möglichst viele Menschen ihrem Beispiel folgen und zumindest in Teilen ihres Lebens nachhaltiger handeln. Sie schließt mit den Worten: “Stellt euch vor, die Zukunft wird wundervoll und ihr seid schuld daran.”

Für die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen Conny Spitaler spielte sich gleich ein ganzes “Kopfkino” ab, was sie zu Hause alles umstellen könnte. Viele von Gottingers Methoden seien früher selbstverständlich gewesen, müssten in der heutigen Wohlstands- und Verschwendungsgesellschaft erst wiederentdeckt werden.

Fotos: Stefan Neidl

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