Kinder auf Waldfriedhof beerdigt – ohne die Eltern

Weiden. Ein Aushang auf dem Waldfriedhof Weiden sorgt in den sozialen Medien für Diskussionsstoff: Eltern erfahren durch ihn, dass die Beerdigung ihrer totgeborenen Kinder früher – ohne sie – stattgefunden hat. Pfarrer Hans-Gerd Geiger erklärt die Hintergründe.

Von Kristine Mann 

Aushang Waldfriedhof Weiden
Dieser Aushang auf dem Waldfriedhof in Weiden sorgt für viel Unverständnis. So erfahren Eltern, dass ihre totgeborenen Kinder ohne sie beerdigt worden sind? Pfarrer Hans-Gerd Geiger erklärt, warum das Pfarramt diese Lösung gewählt hat. Bild: Facebook-User.

“Liebe Eltern, die Bestattung Ihrer totgeborenen Kinder musste kurzfristig leider ohne Ihre Teilnahme heute Morgen stattfinden. Sie sind eingeladen die Grabstätte später selbstverständlich zu einem stillen Gedenken zu besuchen. Herzlichen Dank für Ihr Verständnis und Gottes Segen und Kraft für Sie alle”, steht auf dem Aushang auf dem Waldfriedhof, gezeichnet von Pfarrer und Klinikseelsorger Hans-Gerd Geiger.

“Macht mich fassungslos”

Das Schreiben stößt online auf viel Unverständnis: “Da fehlen mir die Worte”, “Macht mich fassungslos”, “Frechheit” kommentieren Facebook-User die Nachricht. Totgeborene Kinder werden ohne ihre Eltern beerdigt, durch einen Aushang erfahren die Betroffenen davon. Für die Facebook-User ein Unding. Dabei ist es wichtig den Hintergrund zu beleuchten.

Die Corona-Krise schränkt aktuell das Leben weltweit ein – aber auch das Sterben. Selbst Beerdigungen sind vom Kontaktverbot betroffen: Die Trauergesellschaft darf nur den engsten Kreis umfassen. Das heißt im Grunde unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit maximal 15 Personen. Die Schwierigkeit im Fall der vorgezogenen Bestattung am Waldfriedhof: Wie viele Eltern zur Beisetzung der totgeborenen Kinder kommen, das kann Pfarrer Hans-Gerd Geiger im Vorfeld nicht wissen, wie er erklärt.

Von Totgeburt bis Beerdigung: Wie ist der Ablauf?

Im Krankenhaus bekommen betroffene Mütter/Eltern bei einer Totgeburt ein Informationsblatt der Kliniken Nordoberpfalz. Durch das erfahren sie auch, wann ihre totgeborenen Kinder beerdigt werden: Drei Termine pro Jahr sind es in Weiden, die Kinder werden zusammen in einem Grab des Klinikums Weiden auf dem Waldfriedhof beerdigt. “Wer kommen will, kann kommen”, erklärt Geiger. Eine “Anmeldung” gibt es nicht. Das heißt aber auch: Es ist unklar, wie viele Menschen zusammenkommen. In Zeiten von Corona und Kontaktverbot allerdings problematisch.

Die Entscheidung die Beisetzung ohne die Eltern durchzuführen, mussten Friedhofsamt und Pfarrei kurzfristig treffen. Der endgültige Entschluss sei am Vorabend gefallen. Als Pfarrer Hans-Gerd Geiger am Freitagmorgen die totgeborenen Kinder alleine beerdigt, weiß er weder wie viele Kinder in dem Sarg sind, noch kennt er die Namen der Eltern – geschweige denn hat er Kontaktdaten vorliegen, um jemanden benachrichtigen zu können. Darum der Aushang.

“Was für mich zählt, war die würdige Beisetzung der Kinder”, sagt Geiger. Dass die totgeborenen Kinder zurück in die Pathologie des Krankenhauses geschickt werden, sei keine Option gewesen.

Und die Eltern?

Nachdem die Beschränkungen für Gottesdienste und Beerdigungen im Laufe letzter Woche öffentlich bekannt wurden, hätten sich bei Geiger zwei betroffene Familien gemeldet. Wie viele Familien letztendlich durch den Aushang erfahren haben, dass die Beerdigung früher stattgefunden hat, weiß er nicht. Über Rückfragen/Beschwerden von Eltern sei ihm bislang nichts bekannt.

Das Grab auf dem Waldfriedhof sei laut Geiger sehr gut besucht. Eltern, die ihr Kind verloren haben, nehmen dort Abschied, trauern, stellen Engelsfiguren ab. “Ich lade alle betroffenen Eltern herzlich zum stillen Gebet ein”, sagt Geiger, der hofft, dass Beerdigungen schon bald wieder ohne Einschränkungen stattfinden können. “Auch für Pfarreien und Bestattungsunternehmen sind es schwere Zeiten”, wie er sagt.

Von Reaktionen betroffener Eltern weiß auf Nachfrage von OberpfalzECHO auch Michael Reindl, Pressesprecher der Kliniken Nordoberpfalz AG, nichts. Wie viele Totgeburten im Klinikum Weiden im vergangenen Quartal registriert wurden, dazu gab er keine Auskunft.

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