„Akt der Provokation“ – Bau macht Ärger im Gemeinderat

Wurz/Püchersreuth. Der Bürgermeister spricht von einem „Präzedenzfall mit überregionaler Bedeutung“. Das Landratsamt genehmigt gegen das Votum des Gemeinderates ein Bauvorhaben im Außenbereich. „Es gibt wohl solche Bürger und solche“, sagt ein Gemeinderat.

Von Gabi Eichl

An der Baustelle im Ortsteil Wurz hängt die Genehmigung für jeden Vorbeigehenden sichtbar aus. Bürgermeister Rudolf Schopper bezeichnet das als „Akt der Provokation“. Auch habe die Bautätigkeit schon weit vor der Genehmigung begonnen.

„Kasperltheater“ nicht mehr mitmachen

Seit vielen Monaten hat der Gemeinderat das Bauvorhaben immer wieder auf der Tagesordnung. Der Bauherr hatte schon 2018 einen Antrag auf Vorbescheid gestellt, dem die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt hatte. Im September 2019 folgte dann der Bauantrag, gegen den der Gemeinderat zunächst ebenfalls keine Einwände hatte. Mitte Februar zieht der Gemeinderat sein Einvernehmen zurück, weil es nicht gelungen sei, mit dem Bauherrn eine Sondervereinbarung bezüglich der notwendigen Erschließung (Zufahrt, Wasser, Abwasser usw.) zu schließen, wie das bei Bauvorhaben im Außenbereich üblich sei. Mehrere Vertragsentwürfe seien ignoriert worden. Um die Rechte der Gemeinde zu wahren, so der Bürgermeister, und weil man das „Kasperltheater“ nicht mehr habe mitmachen wollen, habe man schließlich das Einvernehmen zurückgezogen.

Dieser Widerruf des Einvernehmens war jedoch laut Landratsamt „nicht fristgerecht und damit unzulässig“, aus dem Grund habe das Amt vor wenigen Tagen die Baugenehmigung erteilt, schreibt Pressesprecherin Claudia Prößl dazu.

Baurecht erzwingen

Schopper fragt: „Was zählt der Beschluss einer Gemeinde?“ Wenn es möglich sei, dass man „billiges Außenbereichsland“ kaufen und dann Baurecht „erzwingen“ könne, um am Ende über die Dorfgemeinschaft zu lachen, brauche die Gemeinde sich keine Gedanken mehr machen um die Ausweisung neuer Bauplätze, „denn dann geht jeder irgendwo hin“. Ein von der Gemeinde zu der Sache befragter Jurist kommt laut Schopper zu dem Schluss, die Ausnahmesituation, also den Präzedenzfall habe allein das Landratsamt geschaffen, nicht die Gemeinde.

Für Schopper ist der Fall eigenem Bekunden zufolge ein Vorgang, der ihn „den Glauben an alles verlieren“ lässt. Er sei gespannt, wann der nächste Antrag komme, „der am Ende von irgendeinem Schotterweg (…) hinbauen möchte“. Er werde sich den Schuh nicht mehr anziehen, das werde das Landratsamt dann schon irgendwie regeln. Künftig werde man ähnliche Anträge nur noch bedingt im Gemeinderat behandeln.

Die Zweite Bürgermeisterin Maria Sauer verliest für die SPD-Fraktion eine Stellungnahme. Jetzt könne sich jeder Bürger ein landwirtschaftliches Grundstück kaufen und darauf bauen, „denn was für den einen gilt, muss auch für den anderen gelten“. Nach dem Prinzip „Ober sticht Unter“ werde hier die Kompetenz des Gemeinderates und des Bürgermeisters in Frage gestellt.

„Wir lernen daraus“, sagt Schopper. Im Fall Wurz werde man ein Auge auf die Nutzung der nicht gewidmeten Straße beobachten und etwaige Schäden in Rechnung stellen. Der Bauherr habe auch keine Ansprüche auf Winterdienst, Beleuchtung oder sonstige Infrastruktur und Dienstleistungen von Seiten der Gemeinde.

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