Gelübde erneuert – gegen schwere Krankheiten

Grafenwöhr. Aktuell wie lange nicht, war die Thematik des St. Sebastianstags in Grafenwöhr. Seit 1731 feiern die Bürger den Tag. Einst sollte der Heilige sie von einer Seuche befreien. Pfarrer Bernhard Müller sieht Parallelen zur momentanen Situation.

Von Stefan Neidl 

Friedenskirche Grafenwöhr Gottesdienst Symbol 1
Die Kirchenbänke sind zwar leerer als gewohnt – aber die Stadt Grafenwöhr begeht den Sebastianstag. Der Bezug zur Tradition, die dahinter steckt, scheint aktueller denn je.

Seit Jahrhunderten Tradition – und doch alles ganz anders. So war der St. Sebastianstag 2021. Traditionell gedenkt die Stadt seit 1731 am 20. Januar dem Heiligen als Dank für die Abwendung einer schlimmen Seuche. Bekannt ist, dass 1729 anstelle von sonst durchschnittlich 21 Menschen 49 verstarben. Die Kranken starben an einer “ansteckenden hitzigen Krankheit”, heute als typhusartige Krankheit bezeichnet und nicht wie überliefert der Pest.

Zur Abwendung der Plage gelobten die Bürger unter Pfarrer Raith von nun an dem Heiligen Sebastian zu gedenken. Dieser galt während des 30-jährigen Krieges als Pestheiliger. Dazu wurden ihm ein Altar in der Alten Pfarrkirche und die Pestsäule auf dem Marktplatz gewidmet. Anstelle der alten Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt fand der Gottesdienst in der Friedenskirche statt. In dem deutlich größeren Bau waren die Abstände für die trotz Pandemie vielen teilnehmenden Gläubigen einfacher einzuhalten.

Um dem traditionellem Ort der Gelübdefeier zu gedenken, wurde der Altar der Mariä Himmelfahrt Kirche auf eine Leinwand projiziert. Gemeinsam mit Pfarrvikar Gilbert Mburu Kabiru und Pfarrer im Ruhestand Hans Bayer hielt Pfarrer Bernhard Müller die Messe. Auch für ihn ein besonderes Ereignis, wie er erwähnt: Es wird sein letzter Sebastianstag sein, den er abhält. Im Herbst verabschiedet er sich in den Ruhestand.

Bild: Stefan Neidl
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Bild: Stefan Neidl

Patron und Retter in der Pest

So erinnerte Müller an die Geschichte des Heiligen Sebastian: Der römische Offizier gehörte zur Leibwache von Kaiser Diokletian. Während der Christenverfolgung hinterfragte er, was diese denn getan hätten. Er bekannte sich zum Christentum und wurde auf Befehl des Kaisers von numidischen Bogenschützen erschossen. Im Glauben seines Todes wurde er liegengelassen und von der frommen Irene gesund gepflegt.

Nach seiner Genesung suchte er um das Jahr 303 erneut den Diokletian auf und bekannte sich wieder zum Christentum. Müller zitiert seine überlieferten Worte: “Mich kannst du erschlagen aber nicht meinen Gott.” Erschlagen mit Keulen warf man ihn in eine Kloake. Heute gilt er als Patron der Grafenwöhrer Kirche und der Retter in der Pest.

Zusammenhalt, Solidarität und Einsatz

Pfarrer Müller sieht Parallelen zu der momentanen Situation: Denn erneut bedroht eine Pandemie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Dies merke auch die Kirche, denn die Bänke leeren sich und keiner wisse, wie es weitergehen wird. Umso wichtiger sei es, 2021 das Gelübde an den Heiligen Sebastian zu erneuern. Der Geistliche erinnert sich an das vergangene Jahr, in dem während des Lockdowns auch die Kirchen geschlossen waren.

Das Abhalten des Sebastianstages war ihm damals wichtig gewesen, ein besonderes Gebet zur Bekämpfung von Krankheiten stehe auf der eigenen Homepage. Dessen Bedeutung möchte Müller in Erinnerung rufen.

“Auch heute gibt es noch Kriege und Seuchen”, fasst Müller zusammen. Das beste Mittel dagegen seien Zusammenhalt, Solidarität, Einsatz und Gebet. Als besonderen Blickfang hatte Heimatpflegerin Leonore Böhm eine neu erworbene Sebastiansstatue vor dem Altar ausgestellt. Das Stück stammt vermutlich aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg.

Pfarrer Müller dankte allen Beteiligten des Gottesdienstes, darunter Organist Ludwig Reichl, Trompeter Hans Rettinger, Gemeindereferentin Christine Gößl, Pastoralpraktikantin Andrea Zeller, Fürbittsprecher Wilhelm Buchfelder sowie den Familie Wolf und Böhm für den Blumenschmuck der Kirchen. Die Stadt hatte Brunnenschmuck und eine Sebastianskerze organisiert.

Keine Sebastianspfeile

Wegen der Pandemie mussten dagegen Frühschoppen, Umzug und Teeausschank an der Pestsäule entfallen. Seit 1984 backten dazu die Kolpingsfrauen Sebastianspfeile aus süßem Hefeteig. Auch darauf mussten die Bürger dieses Jahr verzichten. Meist hielt der Heimatverein noch abends seine Jahreshauptversammlung ab.

“Schade”, meint Bürgermeister Edgar Knobloch, “sonst ruf ich alle dazu auf mitzufeiern, heute muss ich sagen: Bleibt lieber daheim.” An dem lokalen Feiertag haben für gewöhnlich die Ladengeschäfte geschlossen. Dies sei wegen der Pandemie nun auch so – aber kein Grund zu feiern.

Bilder: Stefan Neidl

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