50 Jahre SPD-Ortsverein Schwarzhofen: Markus Rinderspacher streichelt die Parteiseele

Schwarzhofen. Zum 50. Geburtstag hat sich der SPD-Ortsverein Schwarzhofen ein wenig psychische Wellness gewünscht: Einen Redner, der die Parteiseele streichelt. CSU-Bürgermeister Maximilian Beer zeigt sich bei Markus Rinderspachers sozialdemokratischer Lobrede „leidensfähig“.

Küsschen für Marianne Schieder: Ehrengast Markus Rinderspacher, der Redner, der beim 50-jährigen Jubiläum des SPD-Ortsvereins Schwarzhofen nicht nur die Parteiseele streichelt. Foto: Jürgen Herda

Zum runden Geburtstag des SPD-Ortsvereins im gar nicht mehr so schwarzen Markt Schwarzhofen (Landkreis Schwandorf, 1458 Einwohner) zieht die Schwandorfer Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder alle Register: „Alles, was wir aufbieten konnten, Abgeordnete und ehemalige Landräte, haben wir mitgebracht.“

Und eben auch den Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags: „Markus, mit dir begrüßen wir einen Spitzenvertreter unserer Partei in Bayern“, freut sich der Schwandorfer SPD-Kreisvorsitzende Peter Wein.

„Bei meiner Rede müssen Sie stark sein!“

Der langjährige bayerische Oppositionsführer (2009 bis 2018) Markus Rinderspacher, ganz roter Gentleman, warnt den schwarzen Bürgermeister Maximilian Beer vor seinem Heldenepos auf die sozialdemokratische Geschichte vorsorglich: „Danke, dass ich mich ins Goldene Buch eintragen durfte, dennoch müssen Sie bei meiner Rede stark sein.“

Schließlich nehme er seinen Auftrag, die oft geschundene Seele der Partei zu streicheln, sehr ernst: „Wenn es Ihnen zu heftig wird, Herr Bürgermeister, müssen Sie es sagen!“ Der Rathauschef, durch lange lokale Koalitionen mit der SPD mit der Gefühlslage der Genossen bestens vertraut, nimmt es mit Humor: „Ich bin leidensfähig!“

Standing Ovations nicht etwa für den Fotografen, sondern für den Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags, Markus Rinderspacher (vorne links) von MdB Marianne Schieder und dem SPD-Kreisvorsitzenden Peter Wein. Foto: Jürgen Herda

Herz, Pol und Achse des sozialen Zusammenhalts

Der Startschuss für den früheren Fernsehjournalisten aus Kaiserslautern. „Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet zum 50. Geburtstag der SPD in Schwarzhofen die Sonne scheint, die ich aus München mitgebracht habe.“ Der Pfälzer wünsche den Oberpfälzer Parteifreunden für die nächsten 50 Jahre genauso viel Engagement wie in den vergangenen, mindestens fünf Jahrzehnten. Die SPD ist seit 130 Jahren Herz, Pol und Achse des sozialen Zusammenhalts, ein sicherer Anker sozialer Gerechtigkeit.“

Auch wenn die alte Tante SPD schon öfter abgeschrieben worden sei, sei sie doch immer wieder auferstanden: „Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass die SPD heute die wichtigsten Positionen in Deutschland besetzen würde“, fragt Rinderspacher rhetorisch in den Saal. „Den Bundespräsidenten, den Bundesratspräsidenten, die Bundestagspräsidentin und den Bundeskanzler.“ Und das sei auch gut so. „Es ist gut, dass gerade in dieser Krise unser Land von der SPD geführt wird.“

Die SPD machte Bayern zum Freistaat

Aber nicht nur im Bund hätten die Sozialdemokraten Spuren hinterlassen: „Es ist eure SPD, die aus Bayern einen Freistaat, aus der Monarchie eine Demokratie, aus Vasallen freie Bürger gemacht hat – und es waren Sozialdemokraten, die sich oft unter Einsatz ihres Lebens staatlichem Terror entgegengestellt haben.“ Das sei ein stolzes Fundament. Die SPD sei die einzige Partei, die niemals ihren Namen ändern musste: „Wenn es darauf ankam, ging es um Freiheit und Gerechtigkeit.“

Es ist die Selbstversicherung einer Partei in unsicheren Zeiten: Vom Arbeiterverein über das tapfere Nein zu Hitlers Ermächtigungsgesetz bis zu den mehr oder weniger glorreichen SPD-Kanzlern, deren Erbe man sich nicht schlechtreden lassen möchte: Von Willy Brandts Ostpolitik über Helmut Schmidts Weltwirtschafts-Krisenmanagement bis zu Olaf Scholzens ruhiger Hand bei der Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Aggressor. Und auch den Kanzler werde er nicht vergessen, bei dem heute manche die Nase rümpfen: „Gerhard Schröder hat Nein gesagt, wir sind als Deutsche bei diesem Krieg im Irak nicht dabei!“

Markus Rinderspacher bei seinem Heldenepos zur SPD-Geschichte. Foto: Jürgen Herda

Geschichte Bayerns beginnt nicht mit der Geburt von FJS

Rinderspacher versucht im Jahr der Landtagswahl den bayerischen Genossen, die nach Umfragen stabil bei 10 Prozent dümpeln, neuen Mut einzuflößen: „Die Geschichte Bayerns beginnt nicht mit der Geburt von Franz Josef Strauß“, rüttelt er am Denkmal der CSU. „1918 ruft Kurt Eisner den Freistaat aus, führt schon damals den acht Stunden Tag ein.“ Und nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg vertrauen die Alliierten Wilhelm Högner, den einzigen Abgeordneten, der in zwei Parlamenten gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hat, das Amt des Ministerpräsidenten an.

Nicht nur die Seele der Partei, auch die der Abgeordneten streichelt der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende in Bayerischen Landtag: „Marianne, du bist Chefin der bayerischen Abgeordneten mit hohem Ansehen“, hebt er den Oberpfälzer Anteil am Regierungserfolg hervor. „Ich finde, ihr habt in Berlin einen guten Job macht.“ Aller Panik wegen eines drohenden Blackouts zum Trotz sei die Bundesrepublik hervorragend durch diesen Winter gekommen.

Mehr Mindestlohn, Bafög, Kindergeld und Rente Und auch die sozialen Versprechen habe die SPD geführte Regierung gehalten: „12 Euro Mindestlohn zum vergangenen 1. Oktober, davon profitieren allein in Bayern eine Million Menschen.“ Bei allem Knirschen in der Ampel-Koalition, habe die SPD gegen alle Widerstände die höchste Rentenerhöhung, mehr Bafög, Kindergeld und Kinderfreibeträge durchgesetzt. „Wir haben in allen Bereichen Menschen, die hart arbeiten, entlastet“, sagt Rinderspacher. „Wir lassen uns unser Land von den Konservativen nicht schlecht reden.“

Ausgezeichnete Jubilare beim 50-jährigen Jubiläum des SPD-Ortsvereins Schwarzhofen: in chronologischer Reihenfolge. Seit 20 Jahren Mitglied sind Dieter Dettwiler, Christian Voith und Gudrun Moritz. Auf 25 Jahre bringt es Alfred Wolfsteiner. 30 Jahre absolvierten Andreas Immervoll und Alfred Richthammer. 40 Jahre an Bord sind Georg Voith und Angela Heller-Wolfsteiner. Sogar 45 Jahre halten jetzt schon Eckart Meißner und Richard Merkl durch. Foto: Jürgen Herda

Geschichte des SPD-Ortsvereins Schwarzhofen

Der langjährige SPD-Ortsvereinsvorsitzende und ehemalige Zweite Bürgermeister Alfred Wolfsteiner führt durch ein halbes Jahrhundert sozialdemokratischer Geschichte im schwarzen Schwarzhofen: „Nomen est omen“.

  • Eine Zeitungsannonce beweist: „Es gab schon früher einen SPD-Ortsverein“, blickt Wolfsteiner zurück, „1957 lud ein gewisser Baarfuß zu einer Parteiversammlung, aber wir wissen leider nicht mehr darüber.“
  • Im Mai 1972 dann das offizielle Gründungsjahr: „Es ist auch das Jahr, in dem das Misstrauensvotum gegen Willy Brandt scheiterte. Am 19. November gewann er die vorgezogenen Wahlen. Der noch junge Wolfsteiner verpasste die Wahl um drei Wochen.
  • 1972 setzte sich mit Hans Schuierer außerdem ein roter Landrat im Landkreis Schwandorf durch. „Damals rief der Pfarrer noch von der Kanzel, ,wer SPD wählt, wählt Mörder‘“,  erinnert Wolfsteiner an die aufgeheizte Stimmung.
  • Der neue Landrat sei öfters nach Schwarzhofen gekommen: „Der Hans gewann die Herzen vor allem der Wirtinnen, die Werbung für ihn machten“, erinnert Wolfsteiner an den Charmeur. „Bessere Wahlkämpferinnen kann man sich nicht wünschen – mein Tipp an München: Holt den Hans, der sagt euch, wie man im schwarzen Bayern super Ergebnisse einfährt.“
  • 1975 übernahm Anton Ziereis von Franz Weinfurtner die Leitung des Ortsvereins.
  • Die 80er Jahre standen im Zeichen des Widerstands gegen die WAA: „Auch Schwarzhofen hat sich daran beteiligt – mit einer nächtlichen Fuhre Mist vor der Unterkunft des BGS.“
  • 1989 übernahm Angela Heller-Wolfsteiner den Ortsverein und verdoppelte mit einer Liste von 24 Kandidaten bei den Kommunalwahlen im März 1990 die SPD-Stimmen. „Auch die Zahl der Mitglieder verdreifachte sich.“
  • Der Streit um die Erhaltung des Neunburger Krankenhauses stoppte den Genossen Trend. Auch Diskussionen um den Standort eines Kindergartens seien nicht hilfreich gewesen.
  • Zur 25-jährigen Jubiläum kam die SPD-Landesvorsitzende Renate Schmidt nach Schwarzhofen. Sie hatte für die bayerische SPD 1994 und 1998 noch Ergebnisse um die 30 Prozent eingefahren.
  • 2002 übernahm Alfred Richthammer das Steuer und gab es 2007 an Alfred Wolfsteiner weiter.
  • Kultureller Höhepunkt der Parteigeschichte: „Max Mannheimer kam 2008 nach Schwarzhofen“, ist Wolfsteiner noch heute stolz auf den Besuch des 2016 verstorbenen Zeitzeugen. „Wir hatten 100 Besucher in der Aula.“
  • Bei den Kommunalwahlen 2008 habe die örtliche SPD die Gunst der Stunde genutzt und mit Freien Wählern und CSU in einer gemeinsamer Liste eine Dreierkoalition auf den Weg gebracht. „Das sorgte für Kopfschütteln, der Franz kam sogar selber zu uns, aber die Entscheidung war fast einstimmig gefallen – bis auf einen, der öfter mal dagegen war.“
  • Man sei halt seiner Zeit voraus gewesen: „Eine Große Koalition im Markt mit Alfred  Wolfsteiner als Dritten Bürgermeister, 2014 sogar als Zweiten Bürgermeister – die Zusammenarbeit mit Max Beer ist bis heute vertrauensvoll, auch wenn die FW 2020 aus der Koalition ausscherte.“ Die SPD habe wieder zwei Mandate errungen und stelle erneut den Dritten Bürgermeister.
  • Sandra Richthammer sei 2020 nach 14 Jahren auf Wolfsteiner gefolgt: „Ich gehe auf die 70 zu, ich muss nicht auf Twitter oder Facebook aktiv sein – die Jungen sollen den Ortsverein ins digitale Zeitalter führen“, baut Wolfsteiner eine rote Brücke.
  • Die Vollendung einer Mission zum Jubiläum: Der Gedenkstein für die Opfer des Todesmarsches am Pfarrerberg von Steinmetz Birner. „Anton Ziereis hatte als zwölfjähriger Bub die Todeszüge durch den Ort noch bewusst miterlebt“, erzählt der ehemalige Heimatpfleger, „sein größter Wunsch war es, dass auch hier, am Pfarrberg, ein zweiter Gedenkstein gesetzt würde.“
  • Wolfsteiners Fazit: „Die SPD ist in der Gemeinde angekommen.“

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