5000 Heidenheimer wollen beim SSV Jahn Regensburg den Aufstieg in die Bundesliga feiern

Regensburg. Als Frank Schmidt 2008 beim 1. FC Heidenheim vom Kapitän- ins Traineramt wechselt, spielen die Ostwürttemberger in der Oberliga – der SSV Jahn ist in die Regionalliga aufgestiegen. Am Sonntag, 15.30 Uhr, will Schmidt den Durchmarsch in die Bundesliga perfekt machen.

2018 kreuzten sich ihre Wege: Achim Beierlorzer, der ab Juli als Sportchef den Jahn aus der Krise führen soll, und Frank Schmidt, der am Sonntag seine Trainer-Karriere mit dem Aufstieg des 1. FC Heidenheim in die Bundesliga krönen kann. Bild: Jahn

Konstanz zahlt sich aus. Zumindest, wenn man den richtigen Mann an der Seitenlinie hat. Wie diesen, manchmal etwas krummen, immer knorrigen Frank Schmidt. Als Verteidiger mit Tordrang hat er es nur kurz in den Bundesligakader des 1. FC Nürnberg geschafft, dann über Vestenbergsgreuth, Greuther-Fürth und einen Umweg über Wien seine Bestimmung in Heidenheim gefunden.

Am Sonntag könnte der 49-Jährige Jimmy Hartwig zur Weißglut treiben. Die HSV-Legende hat die Vorstellung, das 48.000-Einwohner-Städtchen an der Brenz könnte künftig gegen Bayern München, Borussia Dortmund und Union Berlin um Punkte spielen, als „lächerlich“ bezeichnet. Man muss da den Jimmy auch verstehen – schließlich steht der Außenseiter seinem HSV im Weg, der es seit dem ersten Bundesligaabstieg 2018 nicht mehr schaffte, ins Oberhaus zurückzukehren. Und am Sonntag?

„Wenn einen was nicht juckt …“

Gewinnen Schmidts Heidenheimer in Regensburg, müssen Tim Walters Hamburger ein weiteres Mal in die undankbare Relegation, bei der sie in der vergangenen Saison an Hertha BSC gescheitert sind. Schmidt wäre nicht Schmidt, würde ihn diese Aufregung tangieren: „Wenn einen was nicht juckt, dann braucht man sich nicht kratzen“, sagt der gebürtige Heidenheimer lakonisch. Von Nervosität im Saison-Finish keine Spur: „Wir labern nicht so viel, wir machen“, freut er sich mit seiner Mannschaft auf das Aufstiegsfinale in Regensburg.

Wir labern nicht so viel, wir machen. Frank Schmidt

Manchmal krumm und knorrig, immer aber kompetent: FCH-Trainer Frank Schmidt. Foto: Jan Regensburg

Und Schmidt wäre auch nicht Schmidt, würde er ausgerechnet im vielleicht wichtigsten Spiel seiner Trainerkarriere, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits abgestiegenen Oberpfälzer unterschätzen: „Wir stellen uns auf einen Gegner ein, der das Spiel mit allem, was er hat, gewinnen will – alles andere würde mich auch enttäuschen.“ Oft genug habe man bereits gegen Regensburg gespielt, oft genug auch verloren. „Es geht um zweite Bälle, Intensität, das Umschalten“, weiß er, was er im besten, oder je nach Perspektive, schlechtesten Fall vom Jahn zu erwarten hat.

HSV-Sorgen um Jahn-Chaos

„Wir wollen unsere Stärken auf den Platz bekommen“, fordert Schmidt, „wir müssen das gut verteidigen, aber wir werden auch Räume bekommen, die werden wir schnell und zielstrebig bespielen, ähnlich wie im letzten Spiel gegen Sandhausen.“ Da hat es für manche Fans quälend viel Geduld gebraucht. „Der 14. Torschuss war dann drin“, grinst der Trainer. Diese Geduld werde man vielleicht auch am Sonntag brauchen.

In Hamburg macht man sich einstweilen ein wenig Sorgen, dass das vermeintliche Chaos in Regensburg, das sich mittelfristig als schöpferisch herausstellen könnte, die Heidenheimer über Gebühr bevorteilen könnte. Dabei muss der HSV selbst „nur“ Tabellenschlusslicht Sandhausen besiegen, die nicht einmal mehr rechnerisch oder über den Lizenzentzug der Hertha auf einen Ligaverbleib hoffen können.

Ausgerechnet Jan-Niklas Beste …

Dass Heidenheim am Sonntag – mit 5000 eigenen Fans im mit 14.000 Zuschauern nicht ganz ausverkauften Jahn-Stadion – kaum weniger engagiert auf der grünen Matte stehen wird als der HSV bei Enochs 1:5-Premieren-Blamage, ist ihm bewusst: „Die werden heiß sein“, erwartet er einen bis in die Haarspitzen motivierten Gegner. „Heidenheim ist eine Spitzenmannschaft, die stehen zu Recht auf dem zweiten Tabellenplatz.“

Mit Tim Kleindienst und dem bittersten Jahn-Verlust der Vorsaison, Jan-Niklas Beste, verfüge der FC über die beiden besten Spieler der Liga, die alleine an 53 Toren beteiligt waren. „Die ganze Mannschaft ist eine gefestigte Einheit, die spielen einen coolen Fußball, viele Flanken, viele Strafraumaktionen. Die wollen ihre Chance aufzusteigen, wahrnehmen.“

Wastls Abschied nach 13 Jahren

Eine ganz andere Chance will Wastl Nachreiner wahrnehmen, der nach 13 Jahren im Jahn-Trikot am Sonntag sein Abschiedsspiel absolviert: „Wastl wird auf jeden Fall spielen – ob von Anfang an oder für zehn Minuten wird man sehen.“

Als Enoch nach 12 Jahren bei Osnabrück seinen Ausstand gab, habe ihn der Trainer in der letzten Spielminute eingewechselt. „Es gehört sich einfach, so einer Identifikationsfigur und Legende, wie es Wastl für den SSV Jahn ist, die Zeit zu geben, um sich von den vielen Fans und Zuschauern zu verabschieden.“

Gibt’s einen Platzsturm – und wenn ja von wem?

Was am Sonntag ab 17.15 Uhr im Jahn-Stadion los sein wird, lässt sich noch kaum prognostizieren: Stürmen 5000 schwäbelnde „Hoidna“ den Platz, um den Aufstieg in die deutsche Elite-Liga zu feiern? Oder wollen sich 11.000 Regensburger vom Zweitliga-Rasen verabschieden? Einer jedenfalls wird wahrscheinlich so oder so wie weiland Franz Beckenbauer sinnierend über das Grün flanieren.

Frank Schmidt ist kein Mann großer Träume. „Ich bin auf den Moment fixiert, ich will nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft schwelgen.“ Er stehe jeden Tag auf und überlege sich: „Was muss ich machen, um mit meiner Mannschaft Spiele zu gewinnen – auch jetzt am Sonntag in Regensburg.“

Ich bin auf den Moment fixiert, ich will nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft schwelgen. Frank Schmidt

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