Alles Gute zum 60.: Harald Gollwitzer wollte schon immer in die Tiefe

Floß. Abheben ist nicht Harald Gollwitzers Sache. Nicht als Club-Fan, trotz Weltmeister-Trainer Miro Klose an der Seitenlinie. Und erst recht nicht als Bauunternehmer. Der Herr schürft lieber tief. Am heutigen Dienstag feiert der Flosser seinen 60. Geburtstag.

Hoch die Tassen: Harald Gollwitzer wird am heutigen Dienstag, 20. August 2024, 60 Jahre, Foto: Jürgen Herda

„Da gehst du schon durch harte Zeiten“, sagt Harald Gollwitzer über seinen Verein. „Als Club-Fan ging’s ja immer wieder gegen den Abstieg.“ Der neue Trainer mit dem großen Namen weckt wieder Hoffnungen. Das geht bei den Franken schnell. Schließlich steht der Ausnahmestürmer Miroslav Klose für attraktiven Angriffsfußball.

Der Auftakt in die neue Saison ist aber schon wieder typisch Club: Eine 2:0-Führung in Karlsruhe verdaddelt. Der Club ist halt ein Depp. Dafür Schalke mit 3:1 abgefertigt und Pokalschreck Saarbrücken im Elfmeterschießen ausgeschaltet. Der Weg zwischen Frust und Euphorie ist ein kurzer.

Faible für Rammgeräte

Mit seinem Unternehmen, das Harald Gollwitzer 1994 nach dem frühen Tod des Vaters schon mit 30 Jahren übernommen hat, wollte der bodenständige Oberpfälzer nie hoch hinaus. Im Gegenteil: „Ich wollte schon immer in die Tiefe.“ Als 22-Jähriger steigt er nach dem Maschinenbaustudium in den Betrieb ein. „Ich wollte mein eigenes Ding machen“, erzählt Gollwitzer, „mein Vater war dafür offen.“ Zwei Jahre später hat er ihm die erste Spezialmaschine auf den Hof gestellt: Ein Rammgerät, um Spundwände und Träger in den Boden zu rammen.

Eine Grundlage für den Erfolg des Familienunternehmens, das sich in 74 Jahren vom Steinbruch über einen Baggerbetrieb Anfang der 60er Jahre zur Kanal- und Straßenbaufirma in den 70ern zum Spezialtiefbauunternehmen mit beeindruckenden bundesweiten Referenzen und 130 Mitarbeitern entwickelte – darunter die Firmenzentrale der DM-Drogeriemarktkette in Karlsruhe, der UN-Campus in Bonn oder die HafenCity in Hamburg.

Eine Baustelle in Venedig

Ironie der guten Idee: „Wir brauchen schlechte Böden und hohe Grundwasserstände“, beschreibt Gollwitzer sein nasses Geschäftsfeld. „Deshalb haben wir Baugruben in Bremen und Hamburg in innerstädtischen, sensiblen Lagen.“ Und wer gerne im Grundwasser schürft, hat noch feuchtere  Ziele: „Ich möchte in Frankfurt den Boden einer schwierigen Baustelle am alten Güterbahnhof, wo wir von oben Antriebsanker angebracht haben, noch ohne Beton so ertüchtigen, dass er als Grund verwendet werden kann – und eine Baustelle am Markusplatz in Venedig.“

Zu den Mitbewerbern gehören große Konzerne wie die österreichische Strabag. Insgesamt gebe es 60 bis 70 Spezialbaufirmen, davon 10 bis 15 Mittelständler in der Größenordnung Gollwitzers. Doch Qualität spricht sich rum. „Am Anfang bewirbt man sich noch, mittlerweile kommen die Firmen zu uns.“ Gollwitzer sei bei BASF Ludwigshafen genauso gelistet wie bei den Lidl-Märkten. „Durch regionale Partner waren auch schon in fast jedem europäischen Land tätig.“

Gollwitzer Baustelle am Hamburger Elbbrückenzentrum. Foto: Gollwitzer

Mehr Service, weniger Produktion

Trotz des erarbeiteten Renommees sei der Transformationsdruck groß. „Eine Firma unserer Größe leidet unter den Regularien.“ Deshalb müsse man sich mehr in Richtung Service und Dienstleistung entwickeln. Synergien bringt die Kooperation des Schwesterunternehmens Borama Rent GmbH mit dem strategischen Partner Bauer Maschinen in Schrobenhausen, ein Marktführer von Spezialtiefbaugeräten.

„Mit Borama vermieten wir seit zehn Jahren Equipment, Maschinen, Bohrwerkzeug und leisten Beratung für mehr Effizienz auf den Baustellen“, erklärt Gollwitzer den Ansatz. „Aber wir merken den Einbruch im Bau.“ Eine Herzensangelegenheit sei das noch junge Projekt Nature Drill in Kanada, mit dem Gollwitzer in Kooperation mit der OTH an alternativen Bauverfahren tüftelt. „Bis 2035 wollen wir ein Drittel des CO₂-Ausstoßes einsparen, wenn die Gerätehersteller mitspielen.“ Die nächste Gründung sei in Australien angedacht.

Führungstrio: Andrea und Harald Gollwitzer mit Manfred Brunner. Foto: Gollwitzer

Leben jenseits der Baustellen

Die Lust am Schaffen hat Gollwitzer noch nicht verloren. Dennoch ist die Nachfolge durch den Einstieg seines Sohnes Ludwig bereits geregelt. „Ich will bis 67 arbeiten, aber nicht bis Ende als Kapitän.“ Schließlich gibt es für den engagierten Staatsbürger auch noch ein Leben jenseits der Baustellen, zu denen er im Jahr über 130.000 Kilometer zurücklegt.

Viele Jahre engagierte sich der Unternehmer bei der Mittelstandsunion und später beim Wirtschaftsbeirat der Union sowie als CSU-Ortsverbandsvorsitzender. „Ich bin konservativ, war im Parteivorstand gut vernetzt“, sagt Gollwitzer, „aber wenn du eine unabhängige Meinung hast, tut man sich schwer.“ Da bringt seine Affinität zur Südsteiermark, zu ihren Menschen und dem gepflegten Sauvignon willkommene Abwechslung und Kontinuität.

Das Storchen-Loft von Andrea Gollwitzer. Foto: Stephan Landgraf

Storchennest: Jetzt auch im Hochbau erfolgreich

Seit 2020 klappern wieder Störche auf einem Mast in einem Horst, den Chefin Andrea Gollwitzer konstruiert hat. „Das Storchennest auf der alten Brauerei war weg“, schildert Harald Gollwitzer die Notlage. „Kurz zuvor war die Landesgartenschau in Tirschenreuth, da haben wir ein Rohr genommen und ein Nest aufgesetzt.“

Doch zunächst verschmähten die majestätischen Vögel das geschaffene Wohnraumangebot. „Die ersten Jahre passierte gar nichts.“ Man habe dann das Rohr sogar extra für den Storch versetzt. „Aber wieder kein Storch.“ Dann kommt das zündende Heureka: „Das Nest geht mit dem Wind mit“, sagt Gollwitzer, „es ist zu biegeweich, wir haben Aussteifungsbleche hingeschweißt und eine Woche später war er da.“

Warum der Storch das Gollwitzer Mast-Loft dann doch angenommen hat? „Er hat unheimlich scharfe Augen“, erklärt der Bauherr, „wenn er unten am Bach ist, sieht er, was oben in seinem Nest passiert.“ Toll sei das. Es gehört jetzt einfach dazu zum neuen Bürogebäude, das an Stelle des Elternhauses am 8. Mai eingeweiht wurde. Rund 400 geladene Gäste feierten mit und konnten gleichzeitig den Storch bewundern.

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