Amtsgericht Weiden verhängt Haftstrafe: Landwirt lässt Rinder hungern, dursten, leiden

Weiden. Das Amtsgericht Weiden hat einen Landwirt (60) zu einer Haftstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Er habe seinen 70 Rindern und 25 Kaninchen "erhebliche Schmerzen und Leiden" zugefügt. Die Tiere litten Durst und Hunger und lebten in völlig verdreckten Ställen.

Eines der harmlosen Bilder: Das Foto zeigt einen Stall des verurteilten Landwirts. Foto: Staatsanwaltschaft Weiden

Richter Matthias Biehler bleibt damit knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von einem Jahr Haft wegen Vergehen gegen das Tierschutzgesetz. Der Landwirt muss zudem eine Geldauflage von 6.000 Euro bezahlen (geht an das Tierheim). Er wird mit einem unbefristeten Tierhaltungsverbot für Rinder und Kaninchen/Hasen belegt. 20 Mastschweine darf er (unter Kontrolle) behalten. Die Bewährungszeit läuft drei Jahre. Richter Biehler warnt: „Wenn noch etwas vorfällt, gehen Sie in den Knast.“

Staatsanwalt Matthias Bauer geht mit dem Landwirt hart ins Gericht. „Sie sollten sich als Landwirt schämen.“ Es gehe nicht nur ums Tierwohl, sondern auch um die Gesundheit der Allgemeinheit. Der Milchviehhalter habe sich nicht einmal an ein Mindestmaß an Hygiene gehalten, aber eine Molkerei beliefert. „Wenn man täglich seine Milch trinkt und sein Joghurt isst, dann kann es einen grausen.“

Mit „neumodischen Dingen“ hätte die Kritik an den Missständen auf dem Hof nichts zu tun, betont der Staatsanwalt. Der Tierschutz nehme – inzwischen im Grundgesetz verankert – einen immer höheren Stellenwert ein. „Dem kann man sich nicht verschließen. Es geht nicht zu sagen: Die paar Jahre bis zur Rente ziehe ich noch durch.“

Milchprüfring fiel schlechte Qualität auf

Was ist vorgefallen? Die beiden Amtstierärztinnen berichten als Zeuginnen vor Gericht. 2021 fiel der Landwirt erstmals auf. Er hatte eine verendete Kuh abholen lassen. Die Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) informierte das Veterinäramt über extreme Dekubitalstellen: Das Tier war bis auf die Knochen wundgelegen. Es kam zu einer Kontrolle. Fotos zeigen schmutzige Ställe, verklebte Tiere mit kaputten Klauen. Der Landwirt bekam Auflagen zur Besserung der Haltung. Und er bekam einen Strafbefehl: Die Geldstrafe (3.000 Euro) überwies er noch in der gleichen Woche – und machte genau da weiter, wo er aufgehört hatte.

Eine Kontrolle 2023 ergab genau das gleiche Bild. „Selbst kranke, junge und abkalbende Tiere versanken in Kot und Urin“, so die Anklage. Auch bei den Milchkühen waren Beine, Euter, Bäuche und Klauen hochgradig verkrustet. „Da wird ein Lebensmittel produziert!“, entsetzt sich die Amtstierärztin. Auch der Milchprüfring schlug Alarm (zu viele Keime in der Milch). Das Veterinäramt rückte achtmal auf dem Hof an, in Polizeibegleitung. Im Herbst 2024 wurde die Auflösung des Betriebes angeordnet.

„Fiebernde Rinder stritten um einen Wassereimer“

Die Veterinärin beschreibt den Landwirt als „empathielosen Tierhalter, auf allen Ebenen“. Er habe die Kontrolleure verlacht und verhöhnt. „Er hatte keine Einsicht für grundelementare Dinge.“ Sie berichtet von defekten Wassertränken im Kuhstall. Aus manchen floss ein Rinnsal, andere gingen gar nicht. Die Tierärztin ließ einen Wassereimer holen, „einen dieser schwarzen 20-Liter-Eimer“. „Fiebernde, kranke Rinder stritten um diesen Wassereimer.“

Die Liste der Verstöße in der Anklage ist endlos. In den Futterkrippen lag verdorbenes Futter mit Schimmelnestern. Kälber standen bei Minusgraden in morastigen Iglus ohne Einstreu. Die Liegebuchten für Kühe waren eng, der Boden ramponiert und scharfkantig. „Wir wollen keine Federkernmatratze“, sagt eine der Amtstierärztinnen. „Aber auf einer derartigen Kraterlandschaft kann sich kein Tier ablegen.“

Kaninchen tranken aus Brathering-Dosen

Selbst für offensichtlich kranke Rinder holte der Landwirt keinen Tierarzt. Den Veterinärinnen fielen zwei Tiere auf, die kaum noch gehen konnten. Ein Video zeigt, wie eine Kuh durch den Stall wankt. Eine war fiebrig und hatte Gelenkentzündungen. Der Bauer ließ das Tier trotzdem zur Schlachtung nach Waldkraiburg transportieren, obwohl es bereits die Auflage gab, eine Beförderung zu unterlassen. Die Amtstierärztin kann das heute noch nicht fassen: „Er ließ es 200 Kilometer im Stehen transportieren, über mehrere Stunden.“

Ein zweiter Komplex betrifft 25 Kaninchen. Die Tiere lebten in „fäkalüberlaufenden Stallungen“, hungerten und hatten Durst. Bei einem Besuch des Veterinäramts schlugen die Hasen mit den leeren Getränkebehältern – Brathering-Dosen – gegen die Gitter der Ställe. Den Krach habe man bis zum Wohnhaus gehört.

„Wir hungern nicht, aber Gewinn machen wir auch nicht“

Der Landwirt gibt alles zu, aber mehr will er nicht dazu sagen. 2000 hat er den elterlichen Betrieb übernommen (erbaut 1968). Die Eltern wohnen im Austrag auf dem Hof, die Kinder haben andere Berufe. Der 60-Jährige will noch sechs, sieben Jahre bis zur Rente durchhalten, die mit 700 Euro mager ausfallen werde. Aktuell lebe die Familie vom Resterlös aus dem Rinderverkauf, 30.000 Euro seien noch übrig. Es gibt zudem 32 Hektar Grundbesitz.

„Es ist ihm schlichtweg alles über den Kopf gewachsen“, verteidigt ihn sein Anwalt Heinz Adolf. „Er hat nichts anderes gelernt, er hat nichts anderes gesehen.“ Der 60-Jährige habe keinesfalls vorsätzlich Tiere quälen wollen. „Was die Eltern gemacht haben, war aus seiner Sicht gut.“

Ist das ein Einzelfall?

Ist das ein Einzelfall? Im Einzugsbereich Weiden gibt es rund 50 Nutztierhalter, im Landkreis Neustadt/WN sind es mehrere hundert. „Als absoluten Einzelfall würde ich das nicht sehen“, meint eine Veterinärin, allenfalls die mangelnde Empathie: „Die ist ein Alleinstellungsmerkmal.“ Grundsätzlich gelte: „Wir haben sehr, sehr innovative Landwirte mit Laufställen. Es gibt aber schon auch andere, denen das Bewusstsein, dass sich die Zeiten geändert haben, fehlt.“

Rinder in zu engen Liegebuchten.   Foto: Staatsanwaltschaft Weiden
Rinder in zu engen Liegebuchten. Foto: Staatsanwaltschaft Weiden
Zwei Hasen mit ihrer Tränke: einer Brathering-Dose ohne Deckel. Foto: Staatsanwaltschaft Weiden
Zwei Hasen mit ihrer Tränke: einer Brathering-Dose ohne Deckel. Foto: Staatsanwaltschaft Weiden
Eines der harmlosen Bilder: Das Foto zeigt einen Stall des verurteilten Landwirts. Foto: Staatsanwaltschaft Weiden
Eines der harmlosen Bilder: Das Foto zeigt einen Stall des verurteilten Landwirts. Foto: Staatsanwaltschaft Weiden

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