„Aufrechtes und leises“ Plädoyer für Gedankenfreiheit

Pressath. Sie hätte im Vorjahr das künstlerische Glanzlicht des Stadtrechtsjubiläums werden sollen – nun holen Stadt und Kulturkreis die Werkschau „zwei Wahrnehmungen“ von Helmut und Ruthild Langhammer zur Feier von „175+1 Jahr Stadterhebung“ nach, wie es auf der Einladung zur Vernissage in der „Vest’n“ augenzwinkernd hieß.

Einen Querschnitt durch das Werk des Künstlerehepaars Langhammer boten Stadt und Kulturkreis in der historischen
Der Eintrag ins goldene Buch der Stadt (rechts Bürgermeister Bernhard Stangl) schloss die Feierstunde zur Eröffnung der Werkschau von Ruthild und Helmut Langhammer ab. Fotos (6): Bernhard Piegsa
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Die Wichtigkeit der Kunst für unser Leben unterstrich Bürgermeister Bernhard Stangl in seiner Begrüßung. Im Hintergrund: Joachim Steppert und Emilia Nickl.

Die Ausstellung „zwei Wahrnehmungen“ mit Werken der Pressather Künstler Helmut und Ruthild Langhammer kann bis 3. Oktober jeweils donnerstags bis sonntags von 15 bis 19 Uhr „auf der Vest’n“, Alte Schulgasse 32, besucht werden. Der Eintritt ist frei.

Nicht nur das weit über die Oberpfalz hinaus namhafte Pressather Künstlerehepaar, Helmut und Ruthild Langhammer, sondern auch Kunst und Kultur schlechthin sollten hier gewürdigt werden, betonte Bürgermeister Bernhard Stangl in seiner Begrüßung: „Denn auch die Kunst ist wichtig für unser Leben, und ich selbst merke bei dieser Gelegenheit, was mir die letzten Monate hindurch gefehlt hat.“

Die „Vest’n“, ein mehr als 800 Jahre altes ehemaliges Amthaus, das im Jahre 2002 nach liebevoller Sanierung mit dem Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung ausgezeichnet worden sei, biete dafür als „eines der ältesten und schönsten Gebäude unserer Stadt“ einen würdigen baulichen Rahmen.

Perfektes zusammen von leise und stark

In ihrer Laudatio charakterisierte Dr. Maria Baumann, Diözesankonservatorin und Leiterin der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, das Werk der Malerin Ruthild und des Bildhauers Helmut Langhammer als „perfektes Zusammen“ von „leisen Bildern und starken Skulpturen“, die „aufrecht und leise“ für die „Freiheit der Gedanken“ einträten, „die wir niemals einsperren sollten“.

So widerspiegele „die Ausstellung zwei und dabei so viele Blicke auf die Welt, mitten in Pressath, 1845 von König Ludwig I. zur Stadt erhoben, 1964 mit den Langhammer’schen Ateliers geadelt. Und König Ludwig, dem Förderer der Künste, hätte das bestimmt gefallen.“

In ihren Gemälden auf Papier, Leinwand und Glas, so Maria Baumann, habe sich Ruthild Langhammer nie auf „einen bestimmten Stil“ festlegen wollen. Dennoch seien „ihre Arbeiten unverkennbar in ihrer Ausdrucksform“, die in „schwebender Schwerelosigkeit und tiefen Inhalten“ dem Betrachter „wie bei einem Spaziergang auf der Klippe eine Welt zwischen Realität und der Ahnung eines ganzen Kosmos hinter dem Horizont“ eröffne: „Lassen Sie sich anziehen vom Widerschein des nur vermeintlich Offensichtlichen und faszinieren vom geheimnisvoll Verborgenen – in diesen Bildern wie im Leben.“

Stabiler Ankerpunkt an der Heidenaab

Als Bildhauerin entwerfe Ruthild Langhammer nicht nur Keramikfriese, sondern liebe es, Malerei und Bildhauerei zu verquicken, indem sie in manchen ihrer Gemälde „plastische Formen gestaltet: Körper, die dem Blick aus der Zweidimensionalität heraus nahezu entgegenkommen“. Genau hinschauen lohne sich auch bei den „kraftvoll leisen“ und „manchmal hinterkünftigen Arbeiten“ Helmut Langhammers, mit denen der Bildhauer nicht ohne Grund „unzählige repräsentative Ideenwettbewerbe gewonnen“ habe.

Seine „Altäre, Amben, Tabernakel“ setzten in unzähligen Kirchen, darunter im Regensburger Dom, Akzente, die „starke Altarraumgestaltung“ der Pfarrkirche und der Altenheimkapelle in Pressath trage seine Handschrift, und zurzeit arbeite er am Entwurf für die Neugestaltung der Paderborner Domkrypta.

Auch im „Gleichmaß des Alltags“ finde Langhammer, der ebenso wie seine Frau einen „stabilen Ankerpunkt in den Haidenaabauen“ gefunden habe, Inspirierendes, und demütig werde er „nur bei echter Größe, nicht bei einer angemaßten. Die Macher der Macht sind es jedenfalls nicht, die ihm Respekt abnötigen“, merkte Maria Baumann noch an. Mit dem Eintrag ins goldene Buch der Stadt schloss die virtuos von Musikschulleiter Joachim Steppert und seiner Schülerin Emilia Nickl musikalisch umrahmte Feierstunde.

“Unpathetisch Stellung beziehen”: Helmut und Ruthild Langhammers Werke

Helmut Langhammer,
Ruthild Langhammer,

Pressath. „Dramatisch-pathetischer“ politischer Aktionismus sei nicht Ruthild und Helmut Langhammers Sache, urteilte Diözesankonservatorin Maria Baumann in ihrer Laudatio für das Pressather Künstlerehepaar.

Dennoch beobachteten sie mit Empathie und „kritisch offenem Blick“, was „Politik und Macht mit Menschen machen“, und bezögen mit „sachten Tönen“ unaufdringlich und doch kraftvoll Stellung.

Beispielhaft griff die Rednerin Helmut Langhammers Skulptur „Archaischer Laptop“ (1999) heraus, in der die stilisierte Fruchtbarkeitsgöttin Kore „mit einer banalen Tastatur konfrontiert“ werde: „Der Laptop wird zum Inbegriff von Potenz, Zeugungsfähigkeit und Ertrag. Er ist das Fruchtbarkeitssymbol von heute.“

Mahnruf gegen Machtmissbrauch

In der Skulptur „Europas Wanderweg“ flattere die Zwölf-Sterne-Flagge – „Symbol für Einheit, Solidarität und Harmonie zwischen den Völkern“ – nur mehr müde über scharfkantigen Wellen, das labile politische Gleichgewicht im Kosovo symbolisiere die Arbeit „Schwere Gewitterwolke“ (2002): „Oberflächlich betrachtet sieht sie aus wie ein schöner Tisch“, doch die schwere granitene Platte „wird nur von zwei leichten Stahlstützen getragen“.

In jede „Machtzentrale der Welt“ wünschte sich Maria Baumann als Mahnruf gegen Machtmissbrauch das Kunstwerk „Für einen Hammer sieht die ganze Welt wie ein Nagel aus“.

Beeindruckt äußerte sie sich auch über zwei einfühlsame Gemälde Ruthild Langhammers zum Thema „9/11“, in denen die Angst vor dem „Weltenbrand“ erinnert, aber auch die Hoffnung auf einen Sieg von Verantwortungsbewusstsein und geistiger Weite beschworen wird.

Heimat für kreatives Schaffen

Pressath. Nicht unerwähnt ließ Maria Baumann in ihrer Würdigungsrede die scheinbar schicksalhaft aufeinander zulaufenden Biographien von Helmut und Ruthild Langhammer.

So wurden beide 1940 in zwei nur elf Kilometer voneinander gelegenen nordböhmischen Orten geboren, lernten einander aber erst gut 20 Jahre später in der Kölner Werkschule kennen, wo sie derselben Klasse angehörten. 1963 heirateten sie und wählten Pressath, wo Helmut Langhammer bereits seit 1946 lebte, zum „Ort, an dem ihr gemeinsames kreatives Schaffen eine Heimat hat und gibt“.

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