Bockboanig [ˈbɔkbaɪ̯nɪç]: Der Blechdepp wird euch alle holen!

Nordoberpfalz. Jetzt ist es also soweit – eine KI namens ChatGPT übernimmt den Planeten. Endlich können wir unserer German Angst eine hochmoderne, innovative Komponente hinzufügen. Eine Glosse.

Foto: OberpfalzECHO/Ann-Marie Zell

Wie schon bei Orwells “1984” holt die Realität die Fiktion ein. Hatte dieser noch seine Idee in ein heute unübliches und überholtes Format gepackt, die Älteren werden sich erinnern, ein sogenannten “Buch”, flimmerte der Fahrplan in Richtung KI bereits als “Guade Steyrer Akschn” über die Kinoleinwand.

Manche glauben, der Mensch könne die Wachstumsrate der Technologie angemessen lang kontrollieren und das Potenzial von KI könne ein- und umgesetzt werden, um zahlreiche Weltprobleme zu lösen. Ich bin zwar bezüglich der Gattung Mensch als Optimist bekannt, doch in dieser Frage bin ich mir nicht so sicher. Stephen Hawking

Wir erinnern uns: Es ist der 29. August 1997: Die künstliche Intelligenz Skynet entwickelt kurz nach ihrer Aktivierung ein Bewusstsein und löst am Tag des jüngsten Gerichts einen Atomkrieg aus. Von diesem Zeitpunkt an müssen sich die Menschen einer von Skynet ausgesandten Armee von Terminatoren erwehren, der Krieg gegen die Maschinen beginnt. In diesem Krieg führt John Connor den menschlichen Widerstand zum Sieg. Das traue ich leider im Augenblick weder der Bundes- noch der Landesregierung zu.

ChatGPT

ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) ist ein Chatbot, der künstliche Intelligenz einsetzt, um mit Nutzern über textbasierte Nachrichten zu kommunizieren. Er nutzt moderne maschinelle Lerntechnologie, um Antworten zu generieren, die natürlich klingen und für das Gespräch relevant sein sollen. Den Chatbot entwickelte das US-amerikanische Unternehmen OpenAI mit Sitz in Kalifornien, das ihn im November 2022 veröffentlichte. (Quelle: Wikipedia)

Gratulation zur Hochschulreife

Viele von uns bekommen Schnappatmung, denn der Bayerische Rundfunk hat einen Test gemacht und binnen kürzester Zeit ist der Bot vom armseligen Schulversager zum ordentlichen Abiturienten gereift (Bericht hier). Und nicht etwa den grenzdebilen Berliner Wisch, nein – das hochheilige bayerische Abitur hat er erlangt. Doch wo wird sich unser Freund der Blechdepp (BD) jetzt einschreiben? Vielleicht will er ja was mit Menschen machen, oder er wird Lehrer, vielleicht reist er ja auch ein halbes Jahr durch alle Glasfaserkabel dieser Welt oder er geht in die Politik. Vielleicht entscheidet er sich auch für etwas Schickes wie den Bachelor International Affairs mit anschließenden Master of International Relations, etwas Modedesign oder was mit Medien? Mit seinem Füllhorn an Talenten stehen dem BD alle Wege offen.

Aber unterm Strich ist er doch trotzdem nur ein Computer, kann also nur zwei Zustände unterscheiden – Null und eins, an oder aus. Damit ist er vielen unserer Mitbürger sehr ähnlich, wenn man einen Blick auf den aktuellen Wahlkampf wirft.

Wenn KI auf GA trifft

Und schon sind wir Deutschen wieder in dem Gefühlszustand, der uns am nächsten ist, denn da ist sie wieder, die German Angst (GA). Wir haben Angst vor Dieselverlust, Wärmepumpen, dem Verlust des Status Quo und dass jemand tatsächlich mehr haben könnte als wir. Und jetzt haben wir also auch noch Angst vor der KI.

Man muss schon sagen, die KI hat alles, was ein schwarzrotgoldener Angstbooster braucht. Auf der einen Seite ist sie zu komplex, um sich im Rahmen der persönlichen Work-Life-Balance unter teilweise zerebralen Einsatz damit zu beschäftigen, auf der anderen Seite passt diese wunderbare Angst genau in eine BILD-Schlagzeile. Kurz gesagt, einfach ein Träumchen für den Deutschen Michel.

Schon kann sich der wieder den wirklich essenziellen Dingen des Lebens widmen: dem Verwischen der riesigen Klopapiervorräte (vor Ablaufdatum), dem Verteufeln irgendwo umherklebender junger Menschen, der gottesfürchtigen Beobachtung des DAX (was immer er auch aussagt) und Heidis kleinem Hühnerstall in der Glotze.

Wer könnte es uns da verdenken, dass – frei nach Martin Luther – aus diesen verzagten Gesäßen kein kraftvoller Furz mehr kommt? Wer hätte das gedacht, dass so aus dem bahnbrechenden technischen Quantensprung ein klares Statement zum “Weiter so wie immer” wird. Das gibt es nur in Deutschland.

Wo der HS der KI in Form des BD überlegen ist

Ich bleibe in Sachen KI-Einsatz sowieso gelassen, doch was würde passieren, wenn mein geliebter Tolstoi, Goethe, Böll, Fallada oder meine hochverehrte Olga Tokarczuk in die Fänge des Blechdeppen geraten würden? Nichts. Absolut gar nichts, weil eine KI nicht die Emotionen simulieren kann, die diese Autoren bei jedem individuell auslösen.

Auch der beste Blechdepp wird nicht die letzte Nuance herauskitzeln können. Vielleicht ist das ja genau die Gelegenheit, den Homo Sapiens (HS) hervorzukehren. Herz, Leidenschaft, Empathie, Liebe und Verantwortungsgefühl – das sind alles Dinge, die die KI nicht kann oder diese nur simuliert. Allerdings haben wir uns im Rahmen der German Angst sowieso schon längst von diesen und vielen anderen Werten verabschiedet. Schade eigentlich.

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