Bockboanig [ˈbɔkbaɪ̯nɪç]: Herr Abgeordneter Schicklgruber, ich rufe Sie zur Ordnung!

Nordoberpfalz. Egal, wie sich die Bundesregierung nun zusammensetzt, ein ganz besonderes Amt gilt es dabei nicht aus den Augen zu verlieren, nämlich das der Bundestagspräsidentin. Ich wünsche Julia Klöckner, dass sie den Laden zusammenhält und auch einmal mit eisernem Besen auskehrt. Eine Glosse.

Wäre ich besser als Frau Klöckner? Ich weiß es nicht. Foto: OberpfalzECHO / chatgpt

Ich ertappe mich tatsächlich immer wieder dabei, Julia Klöckner alles erdenklich Gute zu wünschen, Kraft und vor allem ein breites Kreuz. Auf sie wird es mit ankommen, der braunen Flut, die durch das Hohe Haus schwappt, die Stirn zu bieten. Protokollarisch ist das Amt schließlich nach dem des Bundespräsidenten das zweithöchste im Staat – vor dem des Bundeskanzlers, des Bundesratspräsidenten und des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts.

Sollte Frau Klöckner es schaffen, die Würde des Hohen Hauses hochzuhalten – dann gönne ich ihr von Herzen weitere daraus resultierenden Karrieresprünge. Die hätte sie sich dann auch redlich verdient.

Kurzer Hinweis zum Wortspiel in der Überschrift: Wer war Alois Schicklgruber?

Hätte, hätte, Fahrradkette!

Foto: OberpfalzECHO / Andrea Schreiber

Leider sieht die Realität anders aus, wofür sie zwar nichts kann, aber zumindest dafür Sorge zu tragen hat, dass es nicht so schlimm wird, wie Aguren wie ich nicht müde werden zu prophezeien. Dafür werden schon sämtliche (!) Fraktionen sorgen und die Schatzkammer unserer Demokratie in die Augsburger Puppenkiste verwandeln. Und das zu regierende Volk ist ja auch nicht besser.

Das beste aktuelle Beispiel: Die gestrige Rede von Bundeskanzler Friedrich Merz. Man mag auch hier davon halten, was man will, aber der Schwenk in die große Runde war schlicht und einfach würdelos. Da wurde fröhlich gefeixt, sich mit dem Rücken zum Redner mit der Bank dahinter unterhalten und selbstverständlich fraktionsübergreifend am Handy gedaddelt – ist ja anscheinend wurscht, es geht ja scheinbar in den nächsten vier Jahren um nix.

Falsch, es geht um alles. Und zwar ab sofort. Deshalb her mit den Ordnungsrufen, Rügen und wenn es sein muss, fliegt halt auch mal ein/e Flegel*in aus dem Saal.

Ordnungsruf

Der Ordnungsruf ist im Parlament ein Mittel der Sitzungsleitung, einzelne Mitglieder zu verwarnen. Er ist für gewöhnlich in der Geschäftsordnung geregelt und wird gegen Mitglieder ausgesprochen, die durch Zwischenrufe, Beleidigungen oder andere Störungen auffallen. Die Sitzungsleitung kann gegebenenfalls auch den Sitzungsausschluss folgen lassen. Der Ordnungsruf ermahnt zur Disziplin, ist aber meist nicht direkt an Konsequenzen gebunden. Für den Ordnungsruf darf die Sitzungsleitung den Redner unterbrechen.

„Schönen Dank, dass Sie aufgewacht sind“

Natürlich gab es auch früher schon Duelle und Debatten, die aus dem Ruder liefen, sei es ein pöbelnder Joschka Fischer (“Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein A….loch”) oder die legendären Duelle Strauß gegen Herbert Wehner (77 Ordnungsrufe, “ich sage Ihnen Prost, weil Sie wahrscheinlich dahin gehen. Wer herausgeht, muss auch wieder hereinkommen“), das war Foreman gegen Ali auf dem politischen Parkett. Doch im Grunde genommen war es vor allem ein Ringen für unsere Demokratie. Ich befürchte, dass das jetzt alles anders wird.

Was wünscht man sich?

Mit dem Humor und der Nonchalance eines Norbert Lammert wird es für die Bundestagspräsidentin nicht mehr getan sein, das müsste uns eingefleischten Demokraten klar sein. Kante muss her, um das ehrwürdige Haus, unsere Demokratie und unsere Gesellschaft nicht den braunen Brandstiftern zu überlassen – so sehe ich die große Herausforderung – nicht nur für die Vorsitzendes des Hauses.

Leider sehe ich schwarz, was nicht alleine die Schuld der Bundestagspräsidentin sein wird – und ich werde nicht müde, auf den Verfall unserer Gesellschaft hinzuweisen. Was tönt es da an hohlen Phrasen aus noch hohleren Köpfen? “Hilfe, meine Meinungsfreiheit wurde abgeschafft”, parallel zum synapsenknallenden Klassiker: “Das wird man ja wohl in Deutschland wohl noch sagen dürfen. Nein, darf man nicht – weil es auch hier eben Grenzen gibt. Aber die gelten leider auch außerhalb des Plenarsaals schon längst nicht mehr.

Liebe Frau Klöckner, lassen Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen mich mit dieser Vorhersage wie einen Deppen aussehen. Ich bitte darum!

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