Comic “Jesuran” – Erinnerung und Aufklärung für Tirschenreuther Jugend

Tirschenreuth. Bei der Vorstellung eines Comicbandes über die jüdische Familie Jesuran übergab der Kreisjugendring-Vorsitzende Jürgen Preisinger an das Mitglied der Trachtenjugend Franziska Lang das Band. Damit die Geschichte sich nicht wiederholt, haben die Verantwortlichen entschieden ein Wanderbuch für den ganzen Landkreis daraus zu machen.

Der Comic “Jesuran” ist ein wichtiger Schritt in eine moderne Erinnerungskultur. Bild: Kreisjugendring Tirschenreuth

Der Comicband erzählt die Geschichte der jüdischen Familie Jesuran von den 20er-Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs und zeichnet die Stationen der Familiengeschichte von einem bürgerlichen Leben in Nürnberg bis hin zur Flucht der Familie und dem Überleben in einem Versteck in Belgien nach.

Sonja Schmid, Koordinatorin der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Tirschenreuth im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ erläuterte bei der Frühjahrsvollversammlung des KJR in Erbendorf, dass der Comicband als Gemeinschaftsprojekt von Schülern eines P-Seminars am Albrecht-Dürer-Gymnasium in Kooperation mit dem Comiczeichner Alex Mages entstanden ist.

Geschichte darf sich nicht wiederholen

Den Ausschlag dazu gab die Begegnung von Jean-François Drožak – dem Initiator des Projekts – mit Alain Jesuran, einem Nachfahren der Familie, in deren ehemaligem Haus Drožak heute lebt. In naher Zukunft werden immer weniger Zeitzeugen persönlich ihr Schicksal im Holocaust erzählen können.

Das Erinnern an diese schreckliche Zeit dürfe aber nicht verloren gehen, wie Prof. Dr. Alexander Fried aus Tirschenreuth bei einer Vortragsveranstaltung von Dr. Ludwig Spaenle, dem Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, auf Burg Falkenberg anmerkte. Ebenso betonte er, dass die heutige Generation nichts dafür könne, was damals geschah.

Jedoch sei gerade jene Generation verantwortlich, dass so etwas wie der Holocaust nie wieder passiere und eine antisemitische Gesinnung nicht wieder die Oberhand gewinnen könne. Dafür sei es besonders wichtig, auch das Leben der jüdischen Bevölkerung im Vorkriegs-Deutschland zu erzählen.

Moderne Erinnerungskultur gegen das Vergessen

Der Comic Jesuran beschreitet somit neue Wege in der Erinnerungskultur. Die Macher von „Jesuran“ wählten bewusst den Weg, Jugendliche der vierten Nachkriegsgeneration die Geschichte recherchieren und aufarbeiten zu lassen. So sei eine bessere Identifikation mit dem Schicksal der Familie möglich gewesen, als durch eine rein wissenschaftliche Arbeit.

Auch wollte Alain Jesuran keine Stolpersteine vor dem Haus. Nicht zuletzt war die persönliche Begegnung der Schüler mit den Nachfahren der Familie Jesuran bei der Übergabe des Büchleins in Brüssel ein bewegender und nachhaltiger Moment. Da die inzwischen französischsprachigen Jesurans den Comic in Deutsch erhielten, entstand die Idee, ihn in weitere Sprachen übersetzen zu lassen.

Im November 2021 werden Übersetzungen in 30 Sprachen und Dialekten vorliegen. Die Dialektübersetzungen sollen deutlich machen, dass die jüdischen Familien nicht nur in Deutschland, sondern auch in der deutschen Sprache beziehungsweise den lokalen Dialekten zu Hause waren. Die Tirschenreuther Version wurde mit Mitteln aus dem Aktions- und Initiativfonds von „Demokratie leben!“ gefördert.

Wanderbuch für den ganzen Landkreis

Jürgen Preisinger, erster Vorsitzender des Kreisjugendrings Tirschenreuth, durfte als einer der Ersten beim Besuch von Dr. Spaenle den „Tirschenreuther Jesuran“ in Empfang nehmen. Da das Buch als Wanderbuch konzipiert ist, also nicht im Regal verstauben, sondern von Hand zu Hand gehen soll, übergab Jürgen Preisinger bei der Frühjahrsvollversammlung des KJR in Erbendorf das Buch an Franziska Lang von der Trachtenjugend.

„Es ist eine sehr interessante und bewegende Geschichte, die deutlich aufzeigt, mit welchen Problemen, welchem Hass und welcher Angst jüdische Familien im zweiten Weltkrieg in Deutschland konfrontiert waren und leben mussten. Das bringt einen sehr zum Nachdenken“, so Jürgen Preisinger bei der Übergabe.

Franziska Lang wird das Buch mit ins Ferienlager der Trachtenjugend nehmen und sich gemeinsam mit den Teilnehmern mit der Geschichte der Familie Jesuran auseinandersetzen. Danach wird das Büchlein seinen Weg durch den Landkreis fortsetzen.

Noch Fragen?

Weitere Informationen über den Comic “Jesuran” gibt es unter: www.kjr-tir.de

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