Damit der Acker an Ort und Stelle bleibt

Störnstein. Damit der Acker an Ort und Stelle bleibt. Die Gemeinde will so schnell wie möglich boden:ständig werden. Die früheste Umsetzung wird erst 2025 stattfinden.

So etwas soll durch boden:ständige-Projekte vermieden werden: ausgeschwemmter Acker nach einem Starkregen bei Störnstein. Bild: Gemeinde Störnstein

Es geht nicht um Hochwasserschutz, es geht darum, bei Starkregen Boden zurückzuhalten. Die Gemeinde will so „boden:ständig“ wie möglich werden. Im Gemeinderat versteht aber nicht jeder, warum es Jahre braucht, um das Notwendige umzusetzen.

Der Gemeinderat tagt diesmal in der Kulturscheune. Es ist die erste Veranstaltung in dem noch nicht fertig gebauten Prestige-Projekt, das schon für so viele, außerordentlich kontroverse Diskussionen mit dem beauftragten Architekturbüro Greiner gut war, zuletzt in der September-Sitzung.

Gemeinderat tagt vorerst in der Kulturscheune

Aber diesmal geht es nicht um die Kulturscheune, auch wenn Karlheinz Schreiner (FW), einer der schärfsten Kritiker des Architekturbüros, in einer Pause feststellt, dass mehrere Steckdosenleisten schief gesetzt sind.

Bürgermeister Markus Ludwig lädt in die Kulturscheune, damit in der Turnhalle nicht dauernd für den Gemeinderat auf- und abgebaut werden muss. Denn der Gemeinderat Störnstein nimmt Corona nach wie vor sehr ernst und kehrt vorerst noch nicht in den kleinen Sitzungssaal zurück.

Seit 2019 will die Gemeinde boden:ständig werden

Ansprechpartner für das Programm „boden:ständig“ sind in dieser Sitzung über ein halbes Dutzend Vertreter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) und des Erbendorfer Ingenieurbüros Münchmeier-Eigner.

Der Gemeinderat ist nicht unbeleckt, was das Programm betrifft. Schon 2019 wurde mehrheitlich entschieden, dass die Gemeinde „boden:ständig“ werden will. 2020 und heuer fanden mehrere Sitzungen einzelner Projektgruppen statt, aber die Pandemie hat die Abwicklung ausgebremst.

Begeisterung der Bauernschaft dürfte sich in Grenzen halten

Der grundlegende Konflikt ist klar: Um bei Starkregen, wie er künftig häufiger zu erwarten ist, so viel Boden wie möglich an Ort und Stelle zu halten, braucht es Maßnahmen auf den Wirtschaftsflächen der Bauern. Maßnahmen, die die Bauern behindern und deren bestellbare Flächen verringern.

Und das in einer Zeit, in der Landwirte danach trachten, ihre Flächen nach Möglichkeit zu vergrößern. Der FW-Sprecher Hubert Meiler, selbst Landwirt, fragt auch, ob es schon Erfahrung gebe, wie weit die Bauernschaft mitziehe. Denn deren Begeisterung werde sich in Grenzen halten.

Fördermittel sollen Verluste ausgleichen

Stefan Haupt, Projektleiter für die Initiative boden:ständig am Amt für Ländliche Entwicklung, weist mehrmals darauf hin, dass die Maßnahmen grundsätzlich freiwillig seien und dass es für Landwirte Fördermittel gebe, um den Flächenverlust auszugleichen.

Aber selbstverständlich sei die Sache einfacher, wenn die notwendigen Flächen der öffentlichen Hand gehörten. Bei Reiserdorf etwa habe der Bezirk Oberpfalz schon Zustimmung zu verschiedenen Maßnahmen signalisiert.

Bürgermeister Markus Ludwig sagt, es seien auch bereits viele Gespräche mit Privateigentümern geführt worden.

Hecken, Pufferstreifen, verbuschte Gräben

Welche Maßnahmen im Gemeindegebiet möglich und sinnvoll sind, beschreibt mit Hilfe einer Fließpfad-Analyse Dr. Stefan Gonser, Mitarbeiter des Ingenieurbüros Münchmeier-Eigner. Es geht um Hecken, um Pufferstreifen, die dauerhaft begrünt bleiben, und um technische Maßnahmen wie breitere Gräben entlang der Straßen, die umso besser Wasser und Boden zurückhalten, je mehr man sie verbuschen lässt.

Die überwiegende Zahl der Maßnahmen betrifft die Landwirtschaft, nur ein kleiner Teil ist technischer Art. Dass solche Maßnahmen nicht ganz billig sind, verschweigt Gonser nicht. Ganz grob sei mit 100.000 Euro je größerer Rückhaltemaßnahme zu rechnen, sagt er.

Und eine solche größere Maßnahme ist zum Beispiel ein Graben mit 1.500 Kubikmeter Rückhaltevolumen. Aber es gibt Fördermittel in Höhe von bis zu 80 Prozent der förderfähigen Kosten, wie Baudirektor Georg Braunreuther erläutert.

Frühestens 2025 Umsetzung erster Maßnahmen

Auf Unverständnis stößt der von Braunreuther dargelegte Zeitplan. Diesem zufolge ist frühestens 2025 mit einer Umsetzung der ersten Maßnahmen zu rechnen, und das auch nur, wenn bis dahin Förderung und Personal für boden:ständig nicht gekürzt würden.

Meiler sagt, das dauere alles viel zu lang, wenn man sehe, „was draußen los ist“, und er fragt, ob es nicht sinnvoll sei, kleine Maßnahmen schnell umzusetzen, die kurzfristig Nutzen brächten.

Die ALE-Vertreter verweisen darauf, dass die Gemeinde ohne Förderung jederzeit nach Belieben umsetzen könne, was sie für sinnvoll halte, aber für geförderte Maßnahmen sei der Zeitplan bis 2025 ohnehin „straff“.

„Wir müssen leben von den Flächen“

Jürgen Völkl (CSU) sagt in Richtung des Landwirts Meiler, früher habe es in den Feldern all das gegeben, was nun wieder eingebaut werden müsse, um Bodenerosion zu verhindern.

Meiler erwidert, in den siebziger Jahren hätten die Ämter die Wirtschaftsflächen zur Freude der Landwirte vergrößert. Diese nun wieder zu verkleinern, sei schwierig. Denn: „Wir müssen leben von den Flächen.“

Was bedeutet boden:ständig? 

  • Initiative der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung, die sich als „Ermöglicherplattform“ versteht. Vor Ort sollen Lösungen erarbeitet werden, um die Folgen von Überschwemmungen nach Starkregen, Erosion, Nährstoffeinträgen in Seen oder Wassermangel durch extreme Trockenperioden zu mildern.
  • Maßnahmen können produktionstechnischer, landschaftsgestaltender oder gewässerbezogener Art sein.
  • Technische Maßnahmen: Zwischenfruchtanbau, pfluglose Bewirtschaftung, nachhaltige Humuswirtschaft, Mulchsaat mit einmaliger Bodenbearbeitung, alternative Biogasfruchtfolgen
  • Landschaftsgestaltende Maßnahmen: Wegenetz mit verzögerten Wasserabfluss, Rückhaltemulde, Pufferstreifen an Bach/Graben, Hangversickerung, Feuchtflächen, erosionsschutzorientierte Flureinteilung, begrünte Abflussmulde
  • Gewässerbezogene Maßnahmen: Gewässerverkrautung, Bachrenaturierung, Bachauenentwicklung (Quelle: boden-staendig.eu)

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