Damoklesschwert aus dem Untergrund: Theisseiler Kanalnetz weitgehend marode

Theisseil/Letzau. Die Aufgabe ist gewaltig, die Gemeinde kann nur hoffen, dass das Gutachten nicht zu schlecht ausfällt. Dass nicht das gesamte Kanalnetz des alten Dorfes in Theisseil erneuert werden muss. Die 50 Jahre alten Leitungen sind überall marode.

Das alte Dorf in Theisseil sitzt auf 50 Jahre alten Abwasserleitungen, die an allen nur denkbaren Stellen marode sind: eine riesige Aufgabe für die Gemeinde. Foto: Gabi Eichl

Eigentlich müsste die Gemeinde in allen Ortsteilen die Kanäle sanieren, nicht nur in Theisseil, sondern auch in Letzau und in Edeldorf. Ein finanzieller Kraftakt, der auf einmal nicht zu bewältigen ist. Darum nimmt sich die Gemeinde als erstes Theisseil vor, für das seit Jahresbeginn das Ergebnis einer Kanalbefahrung vorliegt. Darum auch erhöht sich die Abwassergebühr vorerst nur von bisher 4,65 je Kubikmeter auf 6,95 Euro (siehe Kasten).

Sanierung oder vollständige Erneuerung?

In der Dezember-Sitzung erläutert der SPD-Sprecher Josef Herrlein dem Gemeinderat den Ist-Zustand des Theisseiler Kanalnetzes. Ein Ingenieurbüro bekommt den Auftrag, ein Sanierungskonzept auszuarbeiten. Denn niemand im Gemeinderat vermag zu sagen, ob das Kanalnetz unter dem alten Dorf in Theisseil überhaupt noch zu sanieren ist oder ob es komplett erneuert werden muss.

“Der Kanal kann nicht mehr in Ordnung sein”

Es geht in erster Linie um das sogenannte „alte Dorf“, in den Baugebieten Schnepfenäcker I und II gibt es kaum Schäden. Das Kanalnetz im alten Dorf stammt aus dem Jahr 1970. Seither sei weder etwas saniert worden, noch habe eine Kanalbefahrung stattgefunden, so Herrlein. Daher sei klar: „Der Kanal kann nicht mehr in Ordnung sein, das geht gar nicht, physikalisch und technisch nicht.“

Hausdrainagen leiten Fremdwasser ein

Und weil die Leitungen überall schadhaft sind, dringt Fremdwasser in großer Menge ein. Das ist Regenwasser und Grundwasser, aber auch Wasser aus Hausdrainagen, die an das Kanalnetz angeschlossen wurden, was laut Herrlein gar nicht sein dürfe. Wie mit diesen künftig umzugehen sei, müsse ebenfalls das Ingenieursgutachten klären.

Trennsystem langfristig vernünftigere Lösung

Einen mehr als 50 Jahre alten Kanal sollte man im Grunde nicht mehr sanieren, sagt Herrlein. Das Gutachten werde zeigen, inwieweit eine Sanierung überhaupt noch sinnvoll sei. Zu überlegen sei auch, ob man nicht im Zuge der Sanierung an ein Trennsystem denken solle. Das sei „natürlich eine Kostenfrage“, da dann auch die Hausanschlüsse neu gemacht werden müssten, aber langfristig sei das die vernünftigere Lösung.

Bescheide, “von denen keiner noch träumt”

Der Zweite Bürgermeister Karl Völkl gibt Herrlein recht, weist aber auf die Kosten auch für die Bürger hin. Die Kosten für ein Trennsystem müssten entweder über den Wasserpreis oder einen Beitragsbescheid auf die Bürger umgelegt werden, beides sei „eine Riesennummer“. Wenn man das per Bescheid regeln wolle, dann könnten „Bescheide ins Haus flattern, von denen keiner noch träumt“.

Da werden wir uns in Dimensionen bewegen, da wird´s uns schwindlig, da sind wir jenseits der 300.000.Zweiter Bürgermeister Karl Völkl

Völkl bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass man einen Teil des Netzes im Inliner-Verfahren sanieren könne. Ein inzwischen gängiges Verfahren, bei dem ein Polyesterschlauch in den Kanal gestülpt und an die Innenwand der alten Leitung gepresst wird, wo er dann aushärtet. Damit lasse sich die Lebensdauer des bestehenden Netzes um 30 bis 40 Jahre erhöhen, so Völkls Hoffnung. Allerdings könne nur das Ingenieurbüro beurteilen, wo dieses Verfahren noch möglich sei. Der „worst case“ sei die Erneuerung des gesamten Kanalnetzes: „Da werden wir uns in Dimensionen bewegen, da wird´s uns schwindlig, da sind wir jenseits der 300.000.“

Der Gemeinderat hat derzeit 150.000 Euro für die Sanierung eingeplant.

„Kein politischer Preis“

  • Auch wenn die Verwaltung höhere Gebühren vorgeschlagen hatte, handelt es sich laut SPD-Sprecher Josef Herrlein bei der jüngst beschlossenen Abwassergebühr nicht um einen politischen Preis.
  • Dass der Kubikmeter Abwasser künftig nur 6,95 Euro kostet, was trotz allem eine Steigerung um 2,30 Euro ist, sei vielmehr der Tatsache geschuldet, dass die Gemeinde niemals alle anstehenden Kanalsanierungen in allen Ortsteilen bewältigen könne.
  • Der Vorschlag der Verwaltung basierte auf der Vorgabe, innerhalb von drei Jahren sämtliche Kanäle in allen Ortsteilen zu sanieren. Das aber sei weder finanziell noch planerisch und technisch in irgendeiner Form zu realisieren, so Herrlein. Die 6,95 Euro seien daher ein „Preis der Vernunft“.

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