Das ist mal ein Impuls: Jahn gräbt sich gegen HSV schon zur Halbzeit sein Zweitliga-Grab

Regensburg. Die letzte Patrone ist ein Bumerang: Im Schnelldurchlauf durchleidet der SSV Jahn gegen den HSV noch einmal alles, was schiefgehen kann. Die falschen Stollen, ein fragwürdiger Elfmeter per Videoentscheid, nicht einmal der Torlinien-Alarm funktioniert.

Kann dem Jahn auf der Zielgeraden keine entscheidenden Impulse geben: Der neue Trainer Joe Enochs erlebt bei seinem Debüt ein Debakel gegen den HSV. Teile der Jahn-Fans feiern dagegen den entlassenen Mersad Selimbegovic mit einem Transparent, Bildmontage: jrh

Aufstieg und Niedergang des SSV Jahn Regensburg zu besichtigen in zwei Spielen gegen den großen Hamburger Sportverein: Am 23. September 2018 tunkten die Oberpfälzer den Ex-Bundesliga-Dino in eine tiefe Fußball-Depression. Sargis Adamyan stellte mit einem Hattrick vor der Pause die Weichen frühzeitig auf das 0:5-HSV-Debakel gegen die Oberpfälzer.

Regensburg hatte noch Ausnahmespieler wie den armenischen Nationalspieler und mit Achim Beierlorzer einen Trainer, der aus der Mannschaft das furchtlose Mentalitätsmonster hervor kitzelte.

HSV-Trainer Tim Walter bringt den HSV auf der Zielgeraden zurück in die Erfolgsspur. Bild: jrh

Fremdschämen in Halbzeit 1

Der Offenbarungseid fünf Jahre später: Vorsichtige Regensburger versuchen gegen den seit sechs Auswärts-Spieltagen sieglosen HSV – 2:2 in Magdeburg, 0:2 in Kaiserslautern, 2:2 in Düsseldorf, 2:4 In Karlsruhe, 1:1 in Darmstadt, 3:3 in Heidenheim – den letzten Strohhalm zu fassen. Und rutschen im wahrsten Sinn des Wortes schon in der Anfangsphase auf stumpfem Rasen ins Verhängnis. Lasse Günther rutscht mehrfach weg, Bakery Jatta hat freie Bahn für die Flanke zur frühen HSV-Führung durch Robert Glatzel (5.).

Der ansonsten fehlerfreie Keeper Jonas Urbig bringt Bene Gimber mit einem Zuspiel mit drei Hamburgern um ihn herum in Bedrängnis, beim Ball-Rückeroberungsversuch springt Glatzel nach leichter Berührung ab, Schiri Alexander Sather winkt zunächst weiter, bekommt dann das Signal aus Köln und zeigt nach Video-Studium auf den Punkt. Sony Kittel macht nach einer guten Viertelstunde den Sack fast schon zu. Die folgende halbe Stunde ist eher Anlass zum Fremdschämen als zur Hoffnung auf einen aufopferungsvollen Fight der Regensburger. Die Hanseaten kombinierten nach Belieben, stellen vor der Pause durch Miro Muheim (30.) und Kittel (46.) auf 0:4.

Enttäuschung nach dem Spiel: Sein Fantomtor zum 1:4 kann Kaan Caliskaner auch nicht trösten. Bild: jrh

Endlich mehr Biss nach dem Seitenwechsel

Wir wollen fair bleiben: Dass die Regensburger nach der Halbzeit nicht völlig auseinanderbrechen, sondern endlich den schon zuvor erwarteten Biss in den Zweikämpfen zeigen und phasenweise mutig nach vorne spielen, darf man ruhig dem Trainerteam um Joe Enochs und der Mannschaft anrechnen. Dass dann Kaan Caliskaners überfälliger Ehrentreffer (55.) fast nicht bemerkt worden wäre, passt zur Regensburger Tristesse. Die Torlinien-Technik versagt, das 1:4 wird Minuten später nachträglich an die Anzeigentafel gezaubert.

In dieser Phase hätte ein möglicher schneller Anschlusstreffer noch mal für so etwas Ähnliches wie Spannung sorgen können. Für den zunächst seinerseits wegen vermeintlichen Abseits nicht anerkannten Endstand durch Filip Bilbijas Abstauber zum 1:5 (81.) muss erneut Köln eingreifen.

Jahn am Boden: Der leidenschaftliche Kampf kommt zu spät. Bild: jrh

Zu wenig Mentalität, Stabilität und Spielglück

Fazit: Dem SSV Jahn fehlt spätestens in dieser Saison, eigentlich schon seit der Rückrunde im Vorjahr die Mentalität, Stabilität und das Spielglück und mit den vorhandenen Mitteln die Klasse zu halten. Seit dem Abschied von Achim Beierlorzer, der sein Glück vergeblich in der Bundesliga suchte, ging es für Regensburg in puncto Kaderplanung, Spieler, die den Unterschied machen, Standardstärke, unbedingter Siegeswille schrittweise Richtung Dritter Liga. Mit fünf Punkten Rückstand auf Bielefeld ist der Relegationsplatz in den zwei Spielen in Braunschweig und gegen Heidenheim nur noch rechnerisch zu erreichen.

Spiegelverkehrt scheint der Hamburger SV seinen Abstieg inzwischen verarbeitet und mit Tim Walters Offensivgeist in der Schlussgeraden zu alter Stärke zurückgefunden zu haben. Der Relegationsplatz ist den Hamburgern mit sechs Punkten Vorsprung kaum mehr zu nehmen. Nach den Pleiten von Heidenheim und Darmstadt ist jetzt gegen Fürth und in Sandhausen sogar wieder der direkte Aufstieg möglich.

Trotz Fan-Wut in den Sozialen Medien: Auf der Tribüne feiern die Jahn-Fans Mersad Selimbegovic für 17 Jahre Herzblut. Der Umbruch nach dem Abstieg wird jetzt kein leichter sein. Wer bleibt, wenn der Verein mit einem Zehntel an TV-Geldern wirtschaften muss? Bild: jrh

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