Der 90. Geburtstag – oder Feiern wie Pfadfinder

Mitterteich. Sie haben schon einige Jahrzehnte auf dem „Buckel“, aber sie sind noch topfit! Die Rede ist von den Mitterteicher Pfadfindern. Sie feiern in diesem Jahr 90. Geburtstag. Allerdings fällt die Geburtstagsfeier kleiner aus als ursprünglich gehofft.

Leonie Landstorfer (links) und Julia Artmann leiten den Pfadfinderstamm Mitterteich. Foto: Werner Männer

An diesem Wochenende wird das Jubiläum begangen. Wegen der Corona-Pandemie fällt die Jubiläumsfeier ein wenig kleiner aus. Schwerpunkt der Feier ist am Sonntag, 19. September, um 10.30 Uhr ein Gottesdienst auf der Wiendlwiese, zu dem die gesamte Bevölkerung eingeladen ist.

Gestalten wird den Gottesdienst der Leonberger Kinderchor. Eingeladen zu diesem Jubiläumsgottesdienst sind die Pfadfindergruppen aus Speichersdorf, Kulmain, Marktredwitz, Tirschenreuth, Neuhaus und Windischeschenbach. Alle weiteren Aktionen zum Jubiläum werden nur intern und unter den strengen Hygienemaßnahmen durchgeführt.

Überraschende Geschichte der Jugendgruppe

Ein Rückblick in die Geschichte der Mitterteicher Jugendgruppe wird so manchen überraschen: Mitterteich ist der älteste Pfadfinderstamm in der Diözese Regensburg – heißt der Stamm ist so alt wie die Diözese selbst. Gegründet wurde die Gruppe 1931 vom damaligen Katechten Alfons Nagel und dem leider früh verstorbenen Willi Fischer.

Versprechen wird in den 30ern auf die Probe gestellt

Am 23. April 1931 fand für eine kleine Schar junger Leute in der Pfarrkirche die erste Versprechungsfeier statt. Sie versprachen Treue zu Gott, der Kirche und dem Vaterland. Doch bald wurde dieses Versprechen auf eine harte Probe gestellt.

1933 wurden den Jungen auf der Straße die Grünhemden vom Leib gerissen, die Polizei überwachte die Gruppenstunden, Polizeiverhöre und Hausdurchsuchungen waren die Regel. 1938 kam das endgültige Verbot der Jugendgruppe. Sie war zwar nach außen hin aufgelöst, aber die Pfadfinder blieben ihrem Gelöbnis treu und machten im Geheimen weiter, meist in den Räumen der Sakristei.

Schon kurz nach dem Krieg, im November 1945, wurde der Stamm neu belebt. Willi Rüth, nach Rückkehr aus der Gefangenschaft, übernahm das Amt des Stammesführers und betrieb eifrig die weitere Aufbauarbeit.

Pfadfinder werden wieder aufgebaut

Ein besonderer Tag war für die Mitterteicher der 11. November 1946. Stadtpfarrer Josef Neidl segnete das erste Lilienbanner. Josef Batz übernahm dann die Stammesführung von Willi Rüth, der inzwischen zum Gauführer ernannt wurde. Batz, der von Schwester Isengard und der Mädchenjugend unterstützt wurde, gestaltete Theaterstücke und bunte Abende und erstmals gab es auch einen Chor der Pfadfinder, der bei Singwettstreiten immer die vordersten Plätze belegte.

Berta Bauernfeind, bekannt als Tante Berta, war viele Jahre als Akela tätig. Sie betreute vorwiegend die jüngsten Pfadfinder, die Wölflinge, und war nach dem Krieg maßgeblich auf Aufbau des Stammes Mitterteich und in der Diözese Regensburg beteiligt. Hier mit Winfried Sommerer (links) und Norbert Eckert. Foto: Archiv/Werner Männer

Tante Berta: Nie vergessen!

In all den Jahren der Entwicklung darf ein Name nicht vergessen werden: Berta Bauernfeind, genannt Tante Berta. Sie betreute die Kleinsten, die Wölflinge. Legendär waren ihre großen Reisen mit dem Fahrrad, wo das gesamte Gepäck auf dem Gepäckträger mitgeschleppt wurde und die jungen Leute machten ohne Murren mit.

Auch ihr Wirken in der Diözese, wo sie als Akela bekannt war, wirkte sich auf die weitere Zukunft des Pfadfindertums aus. Auch die weiteren Mitterteicher Stammesführer, alle namentlich aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, sorgten für attraktive Jugendarbeit und den Fortbestand bis heute. Für die zukunftsweisende Arbeit im Stamm Mitterteich dürfen aber zwei Namen nicht fehlen: Heribert Hecht und Matthias Landstorfer. Sie legten mit ihrem Engagement den Grundstock für die heutige Vereinsarbeit.

200 Pfadfinder gestalten Stamm in Mitterteich

Zurzeit gehören dem Stamm Mitterteich zirka 200 Personen in fünf Altersgruppen an, davon sind zirka 110 aktiv. Die älteren Pfadfinder, die „Rentner“ sind in der Gemeinschaft St. Georg zusammengeschlossen. Sie unterstützen, falls notwendig, den Stamm in jeglicher Weise, vor allem finanziell.

Erst seit drei Jahren gibt es bei den Pfadfindern eine neue Gruppe die „Biber“: das sind die Kleinsten von fünf bis sechs Jahren. Geleitet wird der Stamm heute von zwei jungen Frauen: Julia Artmann und Leonie Landstorfer. Die Corona-Pandemie hat auch die Pfadfinder schwer getroffen. Deswegen mussten in der Vergangenheit auch die Gruppenstunden gestrichen werden.

Guter Dinge sind die Verantwortlichen, dass sie heuer wenigstens die Nikolausaktion durchführen können. Aber für 2022 hat der Stamm bereits Pläne. Es ist wieder eine Stammestrophy geplant. Sie ist sozusagen eine Erlebnistour für zehn Tage und setzt sich aus Wandern, Fahrradfahren und Kanutouren zusammen. Bei der ersten Stammestrophy waren 53 Pfadfinder im Alter von sechs bis 47 Jahren beteiligt, die sich über 230 Kilometer erstreckte.

Über die Pfadfinder

Der Gründer der weltweiten Pfadfinderbewegung, Sir Robert Baden Powell, der britischer Soldat war, hat die Gruppe als Friedensbewegung gesehen. Die damals von ihm aufgestellten Grundsätze gelten auch heute noch. Es sind nur andere Bezeichnungen. Für alle Jugendlichen in dieser Bewegung gilt das sogenannte „Pfadfindergesetz“:

Als Pfadfinder oder Pfadfinderin…

  • begegne ich allen Menschen mit Respekt und habe alle Padfinder/innen als Geschwister;
  • gehe ich zuversichtlich und mit wachem Auge durch die Welt
  • bin ich höflich und helfe da, wo es notwendig ist
  • mache ich nichts halb und gebe auch in Schwierigkeiten nicht auf
  • entwickle ich eine eigene Meinung und stehe für diese ein
  • sage ich was ich denke und tue was ich sage
  • lebe ich einfach und umweltbewusst
  • stehe ich zur Zukunft und zu meinem Glauben

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