Die Demografie macht den Betrieben schwer zu schaffen

Nordoberpfalz. In der Region gibt es immer weniger Schulabgänger. Die Firmen wollen ausbilden, finden aber keine Bewerber mehr. Der Kreishandwerksmeister Erich Sperber sieht Handlungsbedarf bei den Unternehmen selbst.

PantherMedia B67893317
Viele arbeitslose Jugendliche finden hoffentlich bald eine Ausbildung. Foto: Bundesagentur für Arbeit (OberpfalzECHO Archiv)

Die Zahlen sind alarmierend. Gerade einmal 1.153 junge Leute waren bei der Weidener Arbeitsagentur im abgelaufenen Ausbildungsjahr als Lehrstellenplatzbewerber gemeldet. Ein historischer Tiefststand. Zum Vergleich: 2007 wollten in der Nordoberpfalz noch 2.900 Schulabgänger in die Azubirolle schlüpfen. Die Ursache ist schnell ausgemacht, es ist schlichtweg die demografische Entwicklung. “Es gibt immer weniger Schulabgänger”, erläuterte der Weidener Agenturleiter Thomas Würdinger die angespannte Situation.

30 Prozent weniger Schulabgänger

Gemeinsam mit Vertretern der Kammern, dem Kreishandwerksmeister Erich Sperber und Jürgen Spickenreuther von der Initiative “Pro Ausbildung”, stellte er die aktuellen Ausbildungsmarktzahlen vor. Seit 2007 ist die Zahl der Schulabgänger um mehr als 30 Prozent in den Keller gerauscht. Würdinger kann aber auch etwas Positives berichten. Trotz Corona bilden die Betriebe in der Region unvermindert aus. Oder besser geagt, sie würden es gerne. Sage und schreibe 2.350 Lehrstellen waren bei der Arbeitsagentur im Zeitraum 2020/2021 registriert.

Eine komfortable Ausgangslage wiederum für die Bewerber. Rein rechnerisch kann jeder zwischen zwei Lehrstellen auswählen. Doch der menschliche Faktor bleibt dabei ausgeklammert. “Nicht jeder kann und will den Ausbildungsplatz annehmen, der gerade frei ist”, betonte Würdinger. Tatsache ist nämlich auch, dass 40 Prozent der männlichen Bewerber sich gerade mal für zehn bestimmte Berufe interessieren, bei den jungen Frauen sind es fast 60 Prozent. 350 duale Ausbildungsberufe gibt es aber.

Kfz-Mechatroniker und Bürokauffrau sind die Top-Jobs

Spitzenreiter bei den Jungs ist der Kfz-Mechatroniker, bei den befragten Mädels ist die Kauffau im Büromanagement der heißbegehrte Top-Job. Vergleichsweise uninteressant sind hingegen Metall-, Maschinenbau-, Waren- und Dienstleistungsberufe, wie etwa Bäcker oder Metzger. Doch gerade in diesen Branchen gibt es Lehrstellen in Hülle und Fülle.

In ihrer Bewerbernot gingen die Betriebe Kompromisse ein, weiß Würdinger. Job-Anwärter, die noch vor zehn Jahre kaum eine Chance gehabt hätten, werden jetzt eingestellt. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen die Aspiranten noch ein Auswahlverfahren durchlaufen mussten. Dabei macht neben der Demografie noch ein anderer Trend den Ausbildungsbetrieben zu schaffen: Immer mehr der immer weniger werdenen Schüler entscheiden sich für eine Schulkarriere. “Eine Tendenz, die sich gerade in der Pandemie weiter fortgesetzt hat”, weiß der Agenturchef. In einer Zeit also, in der es sowohl für Betriebe, als auch für Bewerber schwierig war, in Kontakt zu kommen.

Berufsberater sind bereits in den Vorvor-Abschlussklassen aktiv

Der ausbildungsbereite Schüler wird zur kostbaren Ressource. Es darf keiner verlorengehen und daher wird er auch von den Berufsberatern der Arbeitsagentur intensiv betreut. “Wir nehmen bereits in der Vorvor-Abschlussklasse mit ihm Kontakt auf, um vielleicht da schon etwaige Schwächen zu erkennen”, erzählt Würdinger. Denn gerade für benachteiligte Jugendliche hat die Agentur einen ganzen Koffer mit Unterstützungsangeboten gepackt.

Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht. “Wir können ja die demografische Entwicklung nicht beeinflussen”, unterstreicht Würdinger. Nachdem aber in der Regel die Eltern bei der Berufswahl ihres Sprösslings ein gehöriges Wörtchen mitreden, möchte zum Beispiel die Handwerkskammer sie zukünftig besser informieren und sensibilisieren und ihnen die Karrieremöglichkeiten aufzeigen, die auf Sohnemann oder Töchterchen im Handwerk warten.

Handwerksbetriebe müssen über den Tellerrand schauen

Handlungsbedarf sieht Kreishandwerksmeister Erich Sperber aber auch bei den Betrieben selbst. “Man muss über den eigenen Tellerrand hinausschauen und für Veränderungen aufgeschlossen sein”, findet er. Er würde zum Beispiel den Firmen raten, zu den Informationsveranstaltungen an den Schulen immer einen Lehrling mitzunehmen, der über seine Ausbildung erzählt. Er findet außerdem, dass man sich in den Betrieben noch viel stärker mit den Auszubildenden beschäftigen und ihnen interessantes bieten muss.

* Diese Felder sind erforderlich.