Diskussion um Nazi-Straße in Weiden: Zusatzschild wird überarbeitet

Weiden. Dr. Johannes Stark war Nobelpreisträger - aber auch glühender Hitler-Anhänger. In Weiden ist eine Straße nach ihm benannt. Umbenennen - oder nicht? Das diskutierte am Montag der Weidener Stadtrat. Am Ende steht ein Kompromiss.

Nur mit guter Sehkraft zu entziffern: Seit 2010 ist die Dr.-Johann-Stark-Straße mit einem Zusatzschild versehen. Foto: Christine Ascherl

Der Nobelpreisträger Dr. Johann Stark (eigentlich Johannes Stark) war fanatischer Nationalsozialist und verfasste üble antisemitische Hetzschriften. Das ist bekannt und steht unzweifelhaft fest. Schon 2008 wurde eine Umbenennung der Straße ausführlich diskutiert, erinnert Baudezernent Alkmar Zenger.

Damals sei Rücksprache mit den Anliegern, aber auch mit der Jüdischen Gemeinde gehalten worden. Die Anlieger wünschten sich die Beibehaltung; die jüdische Gemeinde sei einverstanden gewesen. Die Stadt montierte Hinweisschilder unter die Straßennamen, die über die Person informieren. “Wir sehen 17 Jahre später keine Veranlassung, anders zu entscheiden.”

Ali Zant (Soziale Bürger Weidens) sieht das anders. Er hat den Antrag auf Umbenennung gestellt. “2025 haben wir eine neue Situation.” Die Erinnerungskultur werde in Weiden sehr gut gelebt. Zugleich erstarke der Kreisverband der AfD, “der die Erinnerungskultur gern zurückdrehen würde”. Zant zitierte Historiker Dr. Marc Rothballer, der sich im OberpfalzECHO-Interview für eine Umbenennung aussprach: “Wer möchte schon einen Antisemiten ehren?” 

Argumente pro Umbenennung

Unterstützung findet Zant bei “Die Basis”. Stadtrat Helmut Schöner hält das Zusatzschild für sehr fragwürdig. Auf dem steht wörtlich: “Aufgrund seiner antijüdischen Publikationen und seiner Mitgliedschaft in der NSDAP wurde er nach dem Krieg vor Gericht gestellt, als Hauptschuldiger eingestuft und zu vier Jahren Arbeitslager verurteilt. Das Urteil wurde später wieder aufgehoben.” Der letzte Satz sei irritierend. Tatsächlich wurde nur das Strafmaß reduziert. “Was hier steht, ist nur die halbe Wahrheit.”

Die Straßenbenennung bedeuten eine Ehrung und Verharmlosung der Taten des Geehrten, argumentiert Laura Weber von den Grünen. “Sonnenklar. Da hilft kein QR-Code und kein Zusatzschild.” Sie schlägt Dietrich Bonhoeffer als alternativen Namen vor, der für Zivilcourage sein Leben gelassen habe, ermordet im KZ Flossenbürg: “vor unserer Haustür.”

Sonja Schuhmacher (Die Basis) regt eine Überprüfung des “peinlichen Schildchens” durch Dr. Jörg Skriebeleit an, den Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Sie hat zudem recherchiert: “Auch Dr. Michael Brenner ist für die Umbenennung.” Der Professor für jüdische Geschichte ist Sohn des langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Weiden, Hermann Brenner. Sonja Schuhmacher schlägt Malerin Johanna Starke als Namensgeberin vor: “eine starke Frau, die Familie und Beruf bewältigte”.

Argumente contra Umbenennung

Roland Richter und die SPD wollen es beim Erklärschild belassen. Die Kommentierung habe sich bewährt. “Man muss aus Geschichte lernen. Und dazu muss man sie kennen.” Die CSU schließt sich mit Benjamin Zeitler an: Gerade das “Bewusst machen” sei wichtig. Und: “Wenn wir dieses Fass aufmachen, dann müssten wir es ganz aufmachen.” Zeitler fielen “zig” kritische Straßennamen ein. “Die Sedanstraße wurde auch nicht so benannt, weil die Schlacht von Sedan ein Friedensprojekt war.”

SPD-Stadtrat Matthias Loew würde selbst diese Diskussion nicht scheuen: “Wir fassen uns am Wochenende bei den Händen und feiern die deutsch-französische Freundschaft – und haben eine Sedanstraße, wo wir uns auf dem Schlachtfeld die Köpfe eingeschlagen haben.” Er würde problematische Namen generell überdenken.

Mehrheit für Kompromiss des Oberbürgermeisters

Oberbürgermeister Jens Meyer (SPD) findet am Ende eine salomonische Lösung, die mit vier Gegenstimmen akzeptiert wird: Der Name Dr.-Johann-Stark-Straße bleibt; aber das irreführende Erklärschild wird überarbeitet.

Am Rande erwähnt: AfD-Stadtrat Manfred Schiller leistet sich die erwartete Entgleisung. “Wir sind natürlich gegen eine Umbenennung. Ich zähle Dr. Johann Stark zu einem der großen Wissenschaftler Deutschlands”, sagt der Bundestagsabgeordnete.

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