Drei Jahrhunderte jüdische Geschichte in Neustadt

Neustadt/WN. Günther Langhammer gab in seinem Vortrag einen Überblick über 300 Jahre Jüdische Gemeinde in der Stadt.

Günther Langhammer hat sich in den letzten Jahren einen Namen als Neustädter Geschichtsforscher erworben. Seine beiden Bücher zum Thema 3. Reich wurden zu einem Beispiel für positive Aufarbeitung einer schwierigen Zeit. Foto: Bernhard Knauer

Über 300 Jahre gab es eine jüdische Gemeinde in Neustadt/WN. Noch heute erinnert ein “Judengraben” an diese Zeit, das die Nationalsozialisten sogar umbenennen wollten. Rückblickend muss man feststellen, dass sich die Neustädter Bürger, wie in vielen anderen Orten auch, nicht immer vorbildlich ihnen gegenüber verhalten haben. Aber warum war das so? Diese Frage und viele andere versuchte der ehemalige Gymnasiallehrer Günther Langhammer aufzuarbeiten.

Der Kaiser kauft Neustadt

Kaiser Karl IV. kaufte bereits 1353 für 20.000 Mark Silber die Ortschaft Neustadt, um eine gesicherte Landbrücke zwischen Nürnberg und Prag zu schaffen. Nur fünf Jahre später gründete er den Ortsteil Freyung und gewährte allen, die sich hier niederließen, zwölf Jahre Steuerfreiheit. Im Jahr 1392 werden dann erstmals Juden in Neustadt erwähnt, die aus großen Zentren in kleinere Orte umsiedelten.

Als Grund hierfür bemerkte Langhammer, dass wahrscheinlich die Spannungen in der Bevölkerung geringer waren. “Handel war ihnen erlaubt und es gab einen Bedarf an Geldverleih. Vielleicht brachten sie auch ihren Reichtum aus Amberg mit nach
Neustadt.” Für diese Zeit dürfe man annehmen, dass es sehr viele Analphabeten gab, ganz im Gegenteil zu den jüdischen Kindern. Sie waren wahrscheinlich gebildeter, da sie später aus der Thorarolle vorlesen mussten und viel unterwegs waren.

Zuwanderung aus Regensburg

Nachweislich gab es einen Judenweg, der im Altenstädter Wald Richtung Südwesten führte. 150 Jahre lang wird zur jüdischen Gemeinde nichts mehr mitgeteilt, bis ins Jahr 1519. In Regensburg wird die jüdische Gemeinde aufgelöst und vertrieben. „Wieder kann man vermuten, dass sich die Juden in kleineren Städten niedergelassen haben. Kurz darauf können 13 jüdische Familien in der Freyung nachgewiesen werden“, so Langhammer.

In einem ehemaligen jüdischen Haus in Neustadt existiert auch heute noch ein jüdisches Ritualbad. Foto: Bernhard Knauer

Durch das protestantische Geschlecht der Heidecker wurde Neustadt ab 1539 evangelisch und 1552 werden acht Häuser in der Freyung von Juden bewohnt. Die Neustädter Juden hatten keinen eigenen Rabbiner, sondern gehörten diesbezüglich zu Schnaittach. Noch heute nachweisbar ist aber ein Mikwe, ein jüdisches Ritualbad. In der ersten Neustädter Chronik von Brenner-Schäffer wird auch ein Judenfriedhof vermutet. „Grabsteine daraus sollen beim Hausbau in der Freyung verwendet worden sein, wobei aber keine Nachweise hierfür vorliegen“, sagt Günther Langhammer.

Schreckliche Zeiten

1562 übernehmen die Lobkowitzer die Herrschaft Störnstein-Neustadt, was einen Segen bedeutete. Sie waren tolerant, was man auch anhand von 20 jüdischen Familien in Neustadt ablesen kann. Und dann kam die schreckliche Zeit des 30-jährigen Krieges. Plünderungen standen auf der Tagesordnung und es wurden überall große Schäden angerichtet. Jeder habe versucht zu retten, was zu retten war. Besatzer erpressten Geld und die Bevölkerung verwies auf die Neustädter Juden, von denen angeblich Geld zu holen war.

1621 plünderten Mansfelder Truppen eine Talmud-Schule in Neustadt. Brenner-Schäffer erzählt: „Gegen 1640 kam Stimmung gegen die jüdische Bevölkerung auf. Die Neustädter forderten von ihnen höhere Steuern.“ Nach dem schrecklichen Krieg herrschte enormer Finanzbedarf zum Wiederaufbau des Landes, wofür man wieder die Juden brauchte. Sie hatten ab 1652 durch die neue Regentin in Neustadt, Augusta Sophie aus dem Hause Sulzbach, eine tolerante Fürsprecherin. Im Jahr 1674 können 16 jüdische Familien in Neustadt nachgewiesen werden.

Im von Kaiser Karl IV. geschaffenen neuen Ortsteil Freyung ließen sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts viele jüdische Familien nieder. Foto: Bernhard Knauer

Die Stimmung spitzte sich zu

Der Sohn von Augusta Sophie, Ferdinand August, war weniger nachsichtig mit den Neustädter Juden. Die feindliche Stimmung in der Stadt steigerte sich und der Fürst unternahm dagegen nichts. Ganz im Gegenteil erhöhte er die finanziellen Forderungen gegen sie erheblich. Auf dem Weg in ihre neue Heimat wurde sie mit Hohn und Spott von den Neustädtern begleitet. In ihrer neuen Heimat regierte Christian August von Sulzbach, ein Bruder der Neustädter Regentin. Er verstand es, mit niedergeschriebenen Regeln das Zusammenleben zu organisieren.

Die Juden bekamen einen eigenen Ortsteil und es funktionierte tatsächlich. Für die Veranstalter, die Kolpingsfamilie, den Oberpfälzer Waldverein und den Museumsverein, dankte Bernhard Knauer dem Referenten für die ausgezeichnete Aufarbeitung dieser geschichtsträchtigen Zeit.

* Diese Felder sind erforderlich.