Düsteres Bild: Deutsche Wirtschaft hat sich in der Krise festgefahren
Nordoberpfalz. Das ifo Institut muss seine Wachstumsprognose für dieses Jahr revidieren. Die deutsche Wirtschaft kommt aus der Krise nicht raus. Und dafür gibt es viele Gründe.
Das renommierte Münchner ifo Institut muss seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr nach unten korrigieren. Statt einem schwachen Plus von 0,4 Prozent gehen die Wirtschaftsforscher jetzt nur noch von einem Nullwachstum aus. Und auch für das kommende Jahr senkt das Institut seine Schätzung. Statt 1,5 wird nur noch ein Plus von 0,9 erwartet. Erst im Jahr 2026 soll dann die Wirtschaft um 1,5 Prozent wachsen. „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest”, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser, der jetzt gemeinsam mit Robert Lehmann die Herbst-Konjunkturprognose in Berlin vorstellte. Dass es auch anders gehen könnte, machen fast alle Nachbarstaaten Deutschlands vor. Die haben auf die Herausforderungen längst reagiert.
Zweifach krisengeschüttelt
Europas früherer Musterknabe ist gleich doppelt krisengeschüttelt: „Wir haben eine strukturelle und eine konjunkturelle Krise”, betont der Experte. Zum einen werde in der Industrie zu wenig investiert, was zur Folge hat, dass die Produktivität schon seit Jahren auf der Stelle tritt. Und auch der Konsummotor springt nicht an. Auch wenn die Haushalte, dank kräftiger Lohnzuwächse, mehr Geld zur Verfügung haben – es wird nicht ausgegeben, sondern auf die hohe Kante gelegt. “Die Leute sind verunsichert”, sagt Wollmershäuser. Und eine Trendwende ist nicht in Sicht.
Jede Menge Wettbewerbsnachteile
Deutschland trifft die Krise doppelt hart. Kein andere Nation hat so stark mit dem demografischen Wandel und der Überalterung zu kämpfen und kein anderes Land ist stark von dem extrem gebeutelten verarbeitenden Gewerbe abhängig. Dazu kommen noch die Dekarbonisierung, die fehlende Digitalisierung, die Folgen der Corona-Pandemie, der Energiepreisschock und eine veränderte Rolle Chinas in der Weltwirtschaft.
Geschäftsmodelle unter Druck
“All diese Faktoren setzen etablierte Geschäftsmodelle unter Druck und zwingen Unternehmen, ihre Produktionsstrukturen anzupassen”, erklärt der ifo-Konjunkturchef. Dazu komme noch eine zu zögerliche Wirtschaftspolitik, die an etablierten Technologien, wie etwa dem Verbrennermotor festhält. Und dann gibt es obendrein noch eine im internationalen Vergleich extrem hohe Steuerlast und eine überbordende Bürokratie. “In Estland zum Beispiel ist die öffentliche Verwaltung zu 96 Prozent digitalisiert, während in Deutschland noch immer Faxgeräte in den Ämtern rumstehen”, zeigt Wollmershäuser eine von vielen bundesrepublikanischen Schwachstellen auf.
Inflation auf dem Rückzug
Einen kleinen Lichtblick gibt es zumindest: Die Inflationsrate wird weiter zurückgehen von durchschnittlich 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf heuer 2,2 Prozent. 2026 wird sie sogar auf 1,9 Prozent sinken. Auf 6,0 Prozent wird in diesem Jahr hingegen die Arbeitslosenquote ansteigen, um sich dann 2026 wieder bei 5,3 Prozent einzupendeln.
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