Echo-Wahlinitiative (4): Migration, Integration und Fachkräftemangel

Neuhaus. Migration ist das beherrschende Wahlkampfthema. Ist es aber auch objektiv das größte Problem, das Deutschland derzeit hat? Das Thema ist so vielschichtig wie die Fluchtgründe der Migranten. Fakt ist: Integration ist oft eher ein Schlagwort als gelebte Praxis.

Seine Thesen bieten pragmatische Lösungsansätze: Migrationsexperte Gerald Knaus hier im Gespräch mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (rechts) in Weiherhammer. Foto: Jürgen Herda

Es ist wie so oft in der Politik: Strukturelle Probleme werden lange ignoriert. Wenn man sie nicht mehr ignorieren kann, folgen nicht einlösbare Versprechungen. Steigt dann der öffentliche Druck, weil sich die Probleme dadurch nicht in Luft auflösen, werden hektisch Alibi-Maßnahmen ergriffen, die an den Ursachen nichts verändern – vor allem in Zeiten von Wahlkämpfen wie diesem.

Am Ende gewinnen die Positionen überhand, die für komplexe Problemlagen vermeintlich einfache Lösungen anbieten. Mit verheerenden Folgen für die Demokratie, die Glaubwürdigkeit politischer Parteien und Politiker und den Glauben in die Lösungskompetenz unserer Institutionen.

Zuwanderung muss organisiert werden

Konkret: Man kann zur Entscheidung von 2015, die Grenzen in einer kritischen Lage während des syrischen Bürgerkriegs für von Orbán in Geiselhaft genommene Flüchtlinge zu öffnen unterschiedliche Positionen haben. Fakt ist: Natürlich stellt die Zuwanderung von Millionen von Menschen die deutsche Gesellschaft vor politische, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen.

Mit dem Satz „Wir schaffen das“ ist es nicht getan, wenn nicht gleichzeitig auf allen Politikfeldern Maßnahmen ergriffen werden, um den Zuzug durch völlig überforderte Ausländerbehörden zu organisieren, die Lage auf dem angespannten Wohnungsmarkt zu verbessern, für ausreichend Personal in Kindergärten und Schulen zu sorgen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Fachkräftemangel wegen Ämter-Überlastung

Ohne entsprechende flankierende Maßnahmen ist der Begriff Fachkräftemangel nicht mehr als eine inhaltsleere Worthülse. Ein Beispiel, das beide Themen, die uns an diesem Abend beschäftigen zusammenbringt: Eine junge Inderin absolviert in Stuttgart ihre Ausbildung zur Krankenschwester, spricht perfekt Deutsch, bekommt anschließend sofort einen Arbeitsvertrag vom Krankenhaus, das sie unbedingt weiterbeschäftigen will.

Weil nach der Ausbildung eine neue Aufenthaltsgenehmigung verlangt wird, braucht sie eine neue Arbeitserlaubnis – trotz Begleitung durch Reporter des SWR dauert es fast ein Jahr, bis sie überhaupt einen Termin bekommt. Grund: Überlastung des unterbesetzten Amtes. So kann Integration nicht gelingen. Dabei ist diese Krankenschwester der deutsche Traum einer idealtypischen Fachkraft, die gebraucht wird. Was das für die „Integration“ von unzähligen anderen Migranten in Massenunterkünften bedeutet, kann man sich leicht vorstellen.

Maher Khedr und sein älterer Sohn Florian Mohammed: Abendessen bei der Familie des Imam in Eschenbach. Foto: Jürgen Herda

Ansätze zu realistischen Lösungen

Im vierten Teil unserer Echo-Wahlinitiative versuchen wir, die vielschichtigen Aspekte der Migrations-Debatte aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten – ohne zu beschönigen, aber auch ohne zu dramatisieren. Unser Ziel: Die Diskussion zurück auf eine sachliche Ebene zu führen, um Ansätze zu einer realistischen Lösung zu finden, die Kommunen und Behörden entlastet, dem Arbeitsmarkt und Arbeitssuchenden gleichermaßen nutzt und anstatt kollektiven Schuldzuweisungen zu einer Einzelfallbetrachtung kommt, die den Menschen gerecht wird.

So abstrus die Vorstellung ist, dass rund 5,5 Millionen Muslime in Deutschland, das sind rund 6,7 Prozent der Bevölkerung, eine islamische Machtübernahme planen, so naiv ist auf der anderen Seite der Wunsch, dass sich das Zusammenleben unter den genannten, schwierigen Bedingungen völlig konfliktfrei gestalten wird. Dazu haben wir wieder Experten und Unternehmer, Praktiker und Betroffene eingeladen – und Vertreter der Politik, die sich den Empfehlungen unserer Runde am Ende der Veranstaltung stellen werden.

Dorothea Woiczekowski-Fried ist glücklich, dass sich so viele Tirschenreuther für jüdisches Leben interessieren. Foto: Jürgen Herda

Die Migrations-Debatte beim Bahler

4. Februar 2025: „Fachkräftemangel, Migration und Integration“ – Feature mit Expertenstimmen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. 

Beginn 17.30 Uhr: Musikalische Einstimmung

Impulsvorträge ab 18 Uhr 

19 Uhr Podium: Moderierte Podiumsrunde zu folgenden Aspekten:

Menschlichkeit und Kontrolle verbinden: Migrationsforscher Gerald Knaus fordert eine Migrationspolitik, die sowohl menschlich als auch kontrolliert ist. Das bedeutet, dass Migration geordnet und legal ablaufen muss, ohne die Rechte von Geflüchteten und Migranten zu verletzen. Er lehnt eine Politik der Abschottung ab, spricht sich jedoch für klare Regeln aus, um unkontrollierte Migration und illegale Schleusertätigkeit einzudämmen.

Kooperation mit Drittstaaten: Er setzt auf Abkommen mit Drittstaaten, ähnlich wie das EU-Türkei-Abkommen, um Migration zu steuern. Diese Vereinbarung sollte auf Gegenseitigkeit, rechtsstaatlichen Grundsätzen und gerechterer Lastenteilung beruhen. Ziel ist es, Migranten vor gefährlichen Routen zu schützen und sichere, legale Wege zu eröffnen.

Förderung legaler Wege: Um irreguläre Migration einzudämmen, fordert er die Schaffung legaler Alternativen wie Arbeitsmigration, Resettlement-Programme und temporäre Schutzmechanismen. Witron und BHS haben eigene Schulen in Entwicklungsländern etabliert, die Arbeitsagentur vermittelt ausgebildete Fachkräfte aus Südamerika.

Integration: Wie viel Mittel und Ressourcen stehen tatsächlich zur Verfügung, wie viele Hürden bei der Einreise, bei der Anerkennung von Qualifikationen, bei Sprachkursen behindern die Integration?

Aufgrund der begrenzten Plätze im Bahler bitten wir dringend um Anmeldung: juergen.herda@oberpfalzecho.de

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