Ein Buch für alle Generationen:„Genusspackerl“ und vieles mehr

Nordoberpfalz. Kochbücher über die Oberpfalz gibt es zur Genüge. Mit „Guad & Gnou“ haben die Autoren und Fotografen Antonia und Alexander Feig ein besonderes Buch veröffentlicht: Tradition trifft auf Moderne, Kultur auf Ästhetik. 90 Rezepte werden so zu „Genusspackerln“.

Foto: Antonia und Alexander Feig

Antonia und Alexander Feig, Gratulation zur zweiten Auflage. Hat Sie der Erfolg überrascht?

Antonia und Alexander Feig: Danke! Ja, wir waren überrascht und haben uns um so mehr darüber gefreut, dass unser Plan, ein Buch für alle Generationen zu konzipieren, auch aufgegangen ist. An dem Buch haben drei Oberpfälzer und ein Oberfranke mitgearbeitet.

Wie schwer war es für Sie, Herr Feig, sich dabei durchzusetzen?

Alexander Feig: Ich sag’ mal so, ich war derjenige, der von Anbeginn fest an dieses Projekt geglaubt hat. Es war ein großer Vorteil für mich, unbefangen den Blick von außen auf die Region Oberpfalz zu haben. So konnte ich die regionalen Besonderheiten gut erkennen – in etwa wie bei einer Urlaubsreise.

Die Menschen hier kochen gerne, sie wissen um den Wert guter Lebensmittel und bleiben wach, was die Zukunft als Aufgabe stellt.Alexander Feig

Sie sind durch die ganze Oberpfalz gereist, über Berg und Tal, Stadt und Land: Welche regionalen Unterschiede haben Sie dabei von Nord nach Süd entdeckt?

Alexander Feig: Im Süden ist der Dialekt zwar ebenso variantenreich wie im Norden, und doch ist der OU-Diphthong der nördlichen Oberpfalz signifikanter als „Marke“ zu fassen. Und natürlich spielt es auch eine Rolle, ob der Norden oder eben der Süden im Osten oder im Westen liegt. Das Chamer Land befindet sich zwar in der südlichen Oberpfalz, ist aber sowohl sprachlich als auch kulinarisch schon Bestandteil vom „Woid“.

Foto: Antonia und Alexander Feig

Wie schwierig war es, aus der großen Anzahl an Rezepten, die richtige Auswahl zu treffen?

Alexander Feig: Das eine Mal war es der Name, der so reizvoll klang, dass wir uns das Rezept sozusagen auf der Zunge zergehen lassen wollten. Das andere Mal war es das besondere Lebensmittel, dem wir Wertschätzung geben wollten, wie zum Beispiel der Hagebutte. Auf so manches Kartoffelrezept haben wir allerdings verzichten müssen, um die Rezepte visuell abwechslungsreich zu gestalten.

Auch sprachlich dürfte es eine Herausforderung gewesen sein, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. In der einen Region sagt man Reiwadatsch, dann wieder nur Dotsch oder Schopperl und Bauchstecherla. Wie konnten Sie sich auf einen verständlichen Begriff einigen?

Alexander Feig: Tatsächlich haben wir die Entscheidung zur besseren Differenzierung hinsichtlich anderen kulinarisch – nebenbei bemerkt nicht minder attraktiven – Regionen getroffen. Erklären wir das am Beispiel „Käichl“: Das Schmalzgebäck wird bei der Online-Recherche oft mit „Kiechla“, „Kiachla“ oder „Auszogne“ verschlagwortet. Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass diese Begriffe entweder eindeutig auf Franken, Nieder- beziehungsweise Oberbayern oder Österreich hinweisen. Manchmal haben wir zwei Begriffe in die Überschrift gesetzt und wenn die Namensvarianten besonders kurios sind, haben wir diese in den kleinen Zusatztexten am Ende der Rezeptseite erwähnt.

Vor dem ersten Foodfoto haben wir uns die Frage gestellt, ob wir die Bildserie auf einem definierten Untergrund fotografieren und dabei nur die Accessoires variieren oder ob wir verschiedene Stimmungen in den Aufnahmen spielen möchten. Wir haben uns für die zweite Möglichkeit entschieden und die Materialien Holz, Textil, Fliesen und Beton im Wechsel eingesetzt. Um die Gerichte auch appetitlich und ästhetisch aussehen haben wir die Rezepte vorher testgekocht, um beim Shooting dann die Kontrolle über die zeitlichen Abläufe zu haben.

 Rehkeule im ganzen geschmort. Foto: Antonia und Alexander Feig
Rehkeule im ganzen geschmort. Foto: Antonia und Alexander Feig
Zoigl im Roten Ochsen. Foto: Antonia und Alexander Feig
Zoigl im Roten Ochsen. Foto: Antonia und Alexander Feig
Liwanzen. Foto: Antonia und Alexander Feig
Liwanzen. Foto: Antonia und Alexander Feig
Foto: Antonia und Alexander Feig
Foto: Antonia und Alexander Feig
Foto: Antonia und Alexander Feig

Was haben Sie bei Ihrer Erkundung der Oberpfalz Neues entdeckt? Was hat Sie dabei besonders überrascht – in Bezug auf Küche, Menschen und Landschaft?

Alexander Feig: Was uns zwar bewusst war, haben wir vor Ort allerdings noch mal direkt erlebt: Es gibt hier diesen unbedingten Willen, sein Leben und sein Glück selbst in die Hand zu nehmen. Das was wichtig ist, die eigenen Werte in den Lebensmittelpunkt zu stellen. Das kann zum einen heißen eine Brauerei neu zu gründen, oder sich neben Rentabilität bei der Arbeit mit Tieren auch auf das Tierwohl zu achten. Nachhaltige und auch ökologische Landwirtschaft ist ein deutlich erkennbarer Trend. Den Boden als die wichtigste Ressource zu schützen und die Lebensqualität für kommende Generationen zu sichern.

Die Oberpfalz wurde immer als Stoapfalz oder Kartoffelpfalz bezeichnet. Waren Sie von der Reichhaltigkeit der Rezepte und Speisen überrascht?

Alexander Feig: Wenn regional und saisonal gekocht wird, kommt die Abwechslung von selbst. Besonders aus einfachen und wenigen Zutaten gelingen variantenreiche Rezepte, weil es die kreative Küche befördert. Im Unterschied zur einstigen Kochpraxis wird heute allerdings weniger Fett verwendet und bei der Zubereitung von Gemüse wird auf vitaminschonende Garzeiten geachtet. Deshalb haben wir so manches Rezept auch in die
Gegenwart übersetzt.

Kochbücher über die Oberpfalz gibt es ja schon reichlich. Worin haben Sie die Herausforderung gesehen, nicht noch ein weiteres Oberpfalz-Kochbuch zu machen?

Alexander Feig: Mit unserer besonderen Mixtur aus Genuss, Kultur, Architektur, Historie und Mundart berühren wir die Herzen der Oberpfälzerinnen und Oberpfälzer. Das zeigen uns die durchaus emotionalen Rückmeldungen der Leserschaft. Als erste Idee und Triebfeder für GUAD & GNOU war uns am wichtigsten, die Gerichte fotografisch liebevoll in Szene zu setzen.

Dabei sollte nur die Schönheit der Speisen und Zutaten wirken, ohne viel Beiwerk. Und wenn, dann haben wir die Accessoires sehr bewusst gewählt. Historische Töpfe, Pfannen und Küchenwerkzeuge haben wir zusammengetragen, aber auch eigens für dieses Buch Porzellan entworfen und selbst gefertigt. In der berühmten Glasmanufaktur Lamberts in Waldsassen waren mit den Glasmachern kreativ und haben individuelle Glasobjekte gießen lassen. Die Oberpfälzer Küche mit einem bildschönen Buch über die Region hinaus bekannt zu machen, das war unser Ziel.

Haben Sie ein Lieblingsgericht? Und zwar ein altes, dass Sie immer wieder essen können und ein neues, das Sie erst beim Machen des Buches entdeckt haben?

Alexander Feig: Liwanzen, die kenne ich aus meiner Kindheit. Meine Oma, die aus Böhmen stammte, hat sie für uns gerne mit Apfelmus zubereitet. Das Gericht ist im östlichen Teil der Oberpfalz auch unter dem Namen Riwanzerl bekannt und beliebt. Bei unserer Rundreise hat uns ein junger Mann in Pleystein die Riwanzerln als seine Leibspeis’ wärmstens empfohlen. Die Neuentdeckung ist das Selleriepüree von Peter Mauritz. Es ist im Buch als Beilage zur Rehschulter. Ich koche es jetzt gerne als Hauptgericht und kombiniere das Püree mit einem frischen grünen Blattsalat und den Gelbn Roum aus dem Kapitel Goadn & Feld.

Antonia Feig: Äpfl-Maaldaschn, meine Mutter war in der Zubereitung eine Meisterin. Ich mag sie am liebsten zum Kaffee anstatt eines Kuchens. Und meine Neuentdeckung durch die Arbeit an dem Buch: Goaßbradl. Das ist ein Kartoffelgratin nach Oberpfälzer Art. Im Buch ist es mit traditionell mit Schweinebauch als Topping abgebildet. Die vegetarische Variante ohne Fleisch ist mein Favorit. Den Rezept-Tipp habe ich von unserer Buchpatin Eva Karl Faltermeier. Die Tricks und Kniffe zum perfekten Goaßbradl habe ich mir dann via Telefon und Mail von Evas Mutter eingeholt. Das Feedback auf unsere Ergebnisse beim Testkochen und dann im fertig gestylten Foodfoto fiel sowohl von Eva als auch von ihrer Mutter so aus: „So mou a Goaßbradl ausschaua! Basst!“

GUAD & GNOU – Koch- und Backbuch, Lesebuch, Bildband

ISBN 978-3-949664-03-8
Bavarian Prints Verlag, Amberg 49,90 €
256 Seiten, 1300 g, 28,5 x 20,5 cm, Hardcover mit Schutzumschlag,
3 Lesebändchen, 242 Abbildungen

Weitere Infos gibt es hier.

Die Autoren

  • Antonia Feig, geboren 1969 in Nabburg, Fotografin.
  • Alexander Feig, geboren 1970 in Selb, Fotograf und freier Künstler

Beide wurden u.a. mit folgenden Preisen ausgezeichnet:

  • German Design Award 2015 und 2018
  • Deutscher Fotobuchpreis Gold 2019/20

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