Eslarn debattiert über Zukunft der Kläranlage

Eslarn. In Eslarn diskutierten Bürger über Kläranlagensanierungskosten von 8,24 Mio. Euro und Finanzierung durch Beiträge oder Gebühren. Bürgermeister Gäbl erläuterte Planungen und finanzielle Aspekte, während die Interessengemeinschaft Transparenz forderte.

Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein
Foto: Walter Beyerlein

Debatte über Abwassergebühren in Eslarn

Sollen die Bürgerinnen und Bürger des Marktes Eslarn nach der Ertüchtigung der Kläranlage mit einem einmaligen Ergänzungsbeitrag oder erhöhten Abwassergebühren in den nächsten Jahrzehnten und dafür mit einem geringeren Ergänzungsbeitrag belastet werden? Diese Frage stand im eigentlichen Mittelpunkt der Bürgerversammlung am Mittwochabend in der vollbesetzten Schulturnhalle. Dieser Bürgerversammlung des Marktes Eslarn lag inhaltlich der Bürgerantrag der Interessengemeinschaft Pro Eslarn zugrunde, in dem die Offenlegung der Planung und der Finanzierung der Kläranlage, der Neu- und Umbaumaßnahmen am Feuerwehrhaus, bei der Generalsanierung des Gästehauses, der Badelandschaft Atzmannsee und bei der Neugestaltung der Brennerstraße gefordert wurde. Die Interessengemeinschaft Pro Eslarn hielt der Markt vor, dass die hohen Kosten für die Kläranlage nicht plausibel seien und die Verschiebung des Baues der Kläranlage nicht hinreichend begründet worden sei, andere Projekte wären vorgezogen worden.

Kläranlage im Fokus

Bürgermeister Reiner Gäbl hatte im Besonderen für die Ertüchtigung der Kläranlage eine ausführliche PowerPointpräsentation mitgebracht, zeigte aber dazu auch die rechtlichen Grundlagen für die Bürgerversammlung entsprechend den Vorgaben der Bayerischen Gemeindeordnung auf. Das Eslarner Marktoberhaupt machte eingangs seiner Erklärungen zur Kläranlage deutlich, dass allein die Ausschreibung für deren Ertüchtigung einen Umfang von 900 DIN A4 Seiten gehabt habe. „Hier wird niemand Interesse haben, diese Seiten durchzulesen“. Dann schilderte Reiner Gäbl die Vorgehensweise bei gemeindlichen Projekten, denen grundsätzlich eine positive Entscheidung des Marktgemeinderates vorausgeht. Erst dann werde, wie im „Fall Kläranlage“ aufgrund der zu erwartenden Kosten eine europaweite Ausschreibung durchgeführt, deren Ergebnisse vom beauftragten Ingenieurbüro geprüft werden, so dass dann letztlich mit den Zuschussgebern gesprochen wird und die Aufträge erteilt werden. „Auch dafür sind wiederum Beschlüsse des Marktgemeinderates notwendig“. In der Realität sieht das dann nach den Worten Gäbls so aus, dass während der Umsetzung einer Maßnahme regelmäßig „Jour Fixe“ Termine stattfinden, die meist mit der Erkenntnis „jetzt gibt’s wieder ein Problem“ enden.

Die Kläranlage des Marktes Eslarn einschließlich der Kanäle hat einen Anlagewert von elf Millionen Euro. „Das ist das Vermögen der Bürgerinnen und Bürger des Marktes Eslarn“. Ein wichtige Aussage Gäbls dann zu den gemeindlichen Einrichtungen wie Kanäle oder Kläranlagen: „Es gibt nie einen Punkt, an dem wir sagen können, wir sind fertig. Wo man es schleifen lässt, kommt hinterher die dicke Rechnung“. Per Bild zeigte der Bürgermeister die Entwässerungsanlage des Marktes auf, um dann zum Kernpunkt des Problems „Kläranlage“ zu kommen: Die Kosten für deren Ertüchtigung. Diese belaufen sich laut der Kostenberechnung vom 20. Juni 2023 auf 8.241.000 Euro. Bei europaweiten Ausschreibungen hat sich dann ein Kostenanschlag von 8.681.000 Euro ergeben.

Finanzierung und Bürgerbeteiligung

Der Bürgermeister beschrieb auch die Chronologie der Ertüchtigung der Kläranlage, die ihren eigentlichen Start am 7. Februar 2017 hatte. Hier beschloss der Marktgemeinderat eine Machbarkeitsstudie einzuholen. Diese zeitliche Beschreibung endet dann mit der Erteilung der Baugenehmigung am 20. Dezember 2023, dem Erhalt des Zuwendungsbescheides des Wasserwirtschaftsamtes Weiden vom 22. Januar 2024 und der Vergabe der unterschiedlichen Gewerke am 4. Juni 2024. Mit deutlichen Worten wies Bürgermeister Gäbl Vorhalte zurück, es habe bei der Planung Verschiebungen gegeben. Es sei ebenso falsch, dass der Markt Eslarn seine Kläranlage seit zehn Jahren mit einer Ausnahmegenehmigung betreibe. Die beiden Anmerkungen verband das Marktoberhaupt mit der Frage an die Besucher: „Wer baut vor zehn Jahren eine neue Kläranlage, wenn die bisherige Anlage gut läuft?“

Bürgermeister Gäbl verwies, auch wenn es wahrscheinlich den meisten Bürgerinnen und Bürgern bekannt ist, auf die Tatsache hin, dass die Abwasserbeseitigung eine kostendeckende Einrichtung ist. Die entstehenden Kosten müssen über entsprechende Abgaben gedeckt werden. Die Unterschiede zwischen Gebühren und Beiträgen zeigte das Marktoberhaupt an der Leinwand auf. Dazu gehörte dann letztlich auch die Beschreibung, wie die Kosten der Ertüchtigung einer Kläranlage aufgeteilt werden. Für den Besucher wurde aber immer wieder deutlich, dass die Entscheidung darüber vom Marktgemeinderat zu treffen ist. „Es gibt keine andere Möglichkeit als diese Anlagen über die Bürgerinnen und Bürger zu finanzieren“. Das Modell der Finanzierung der Ertüchtigung der Kläranlage Eslarn sieht vor, 6.300.000 Euro über Verbesserungsbeiträge zu erheben, weitere 700.000 Euro über Herstellungsbeiträge und 596.000 Euro über Gebühren. Wegen der Berechnung der Flächen aus Gebäuden und Grundstücken kündigte Gäbl den Einsatz eines eigenständigen Büros an. Unterm Strich sieht die Berechnung vor, dass die 7.000.000 Euro Herstellungs- und Verbesserungsbeiträge, rechnerisch auf Schmutzwasser mit 6.650.000 Euro und Niederschlagswasser mit 350.000 Euro, aufgeteilt werden. Der Bürgermeister ging auch auf die Auswirkungen des Baues der Kläranlage auf die zuzahlenden laufenden Gebühren ein, deren Höhe sich in den nächsten zwanzig, dreißig oder gar noch vierzig Jahren regelmäßig erhöhen werde, würden die jetzt fälligen Herstellungs- und Ergänzungsbeiträge gesenkt werden.

Nicht ohne Stolz verwies der Bürgermeister auf die aktuellen Gebühren in der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, wobei letztere seit dem Jahr 2011 stabil seien. „Wir können im Vergleich mit anderen Kommunen ganz gut damit leben“. Diese Schilderung verband das Marktoberhaupt mit dem deutlichen Hinweis, dass von 1. Januar 2004 bis 5. Dezember 2023 bauliche Investitionen im Bereich Abwasserbeseitigung in Höhe von 5.510.241 Euro getätigt worden seien, ohne dafür von den Bürgerinnen und Bürgern Beiträge zu erheben. „Dies wäre rechtlich möglich gewesen“. Der Markt Eslarn könnte aber diesen Betrag in Verbindung mit Kosten für die Kläranlagenertüchtigung auf die Bürgerinnen und Bürger umlegen, machte Gäbl deutlich. „Wir finanzieren aber mit Herstellungs- und Ergänzungsbeiträgen nur sieben Millionen Euro, damit also unter 50 Prozent was von der Initiative gefordert wird“.

Kritik und Diskussion

Josef Bauriedl, Hauptsprecher der Initiative, hielt Bürgermeister Gäbl, seit 2002 im Amt, vor, dass die gehobene wasserrechtliche Erlaubnis im Jahr 2020 ausgelaufen sei. „Warum hast du da nicht früher mit der Kläranlage begonnen?“ Dieser Frage verband Josef Bauriedl mit der Einschätzung, dass dann keine europaweite Ausschreibung notwendig geworden wäre. Bei einem zeitlichen Beginn des Vorhabens um 2015 wäre die Ertüchtigung der Kläranlage im Jahr 2020 wahrscheinlich beendet gewesen, meinte Josef Bauriedl. Gäbl konterte mit dem erneuten Hinweis, dass er eine funktionsfähige Anlage „nicht dicht mache“, auch die von Josef Bauriedl genannten Baukosten von vier Millionen Euro seien nie realistisch gewesen. Die Anregung Josef Bauriedls zur notwendigen Sanierung von Kanälen wegen eines Fremdwasserzuflusses werde der Marktgemeinderat mit Sicherheit zur Kenntnis nehmen und entsprechend entscheiden, was besonders für die Kanalisation in der Waidhauser Straße gelte, meinte Gäbl in seinem Kontra. „Wenn wir dann was von Bürgerinnen und Bürgern verlangen, regen sich diejenigen auf, die das gefordert haben“. Dafür gab’s von einem Teil der Besucher einen spontanen Beifall.

Josef Bauriedl nannte dann weitere Mängel in der Kläranlage ausgehend von einer Kläranlagenüberwachung. Bürgermeister Gäbl drehte sozusagen den Spieß um und bezeichnete deshalb die regelmäßigen Arbeiten des Marktes am Kanalnetz die Folge dieser Mängel. „Das Wasserwirtschaftsamt ist jedenfalls sehr zufrieden mit uns“. Die Meinung Josef Bauriedls, dass nur finanzschwache Gemeinden höhere Beiträge verlangen, wies Bürgermeister Gäbl mit dem Hinweis zurück, dass dies grundsätzlich in der Entscheidung des jeweiligen Gemeinderates liege.

Insolvenz von Firmen in der Oberpfalz

Ein weiterer Zuhörer fragte nach, ob die acht Millionen Euro eine „Wunschzahl“ seien oder wie die Bürgerinnen und Bürger bei höheren Kosten beteiligt würden. „Wir bleiben bei sieben Millionen Euro als Grundlage für die Beitragsberechnung“. Fast ins Unendliche erstreckte sich die Diskussion über die Folgen des Stahlpreises und dessen Senkung seit der Ausschreibung auf die Kosten der Kläranlage. Bürgermeister Gäbl verwies dazu auf eine „Preisgleitklausel“, die das Ingenieurbüro veranlasse, die Rechnungen genau zu prüfen, ob die Preise entsprechend angepasst wurden.

Als ein Zuhörer auf Insolvenz von Firmen in der Oberpfalz verwies, meinte der Bürgermeister fast sarkastisch, dass dies aber nicht die Folge von Kläranlagenerrichtungen sei. Dafür hatte das Marktoberhaupt den Beifall sicher und die Lacher auf seiner Seite.

Bürgermeister Gäbl zeigte dann nochmals die Problematik bei einer anderen Abrechnung der Herstellungsbeiträge auf. „Familien mit mehreren Kindern zahlen hohe Gebühren, Bürger, die alte unbewohnte Häuser haben oder Grundstücke nicht zur Bebauung freigeben, bleiben weitgehend von den Zahlungen verschont“. Marktgemeinderat Siegfried Wild platzte dann irgendwie auch der Kragen. „Die sich hier jetzt beschweren, schreiben die Kosten ohnehin über ihre Firmen ab“.

* Diese Felder sind erforderlich.