Ex-Verlobte vor Gericht: “Er hatte den Wahnsinn in den Augen”

Weiden. Vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Hubert Windisch musste sich ein lediger Hilfsarbeiter (45) wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Am Ende des Prozesstages stand eine faustdicke Überraschung.

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Vor dem Amtsgericht Weiden musste sich ein lediger Hilfsarbeiter (45) wegen gefährlicher Körperverletzung an seiner ehemaligen Verlobten verantworten. Foto: Martin Stangl

Staatsanwalt Wolfgang Voit eröffnete die Verhandlung vor dem Weidener Amtsgericht mit der Verlesung der Anklage. Demzufolge hat der Angeklagte Ende Oktober 2022 seine ehemalige Verlobte in seiner Wohnung in Weiden festgehalten und schwer misshandelt. Dabei soll er die Frau mit den Worten bedroht haben: “Du stirbst heute noch!”

“Ich habe diese Frau über alles geliebt!”

Der 45-jährige Hilfsarbeiter aus Weiden hat seine Ex-Verlobte 2021 kennengelernt. Es entwickelte sich in der Folge eine geradezu toxische Liebesbeziehung, die von Alkoholexzessen seitens des Angeklagten geprägt war. Im Verlauf der Verhandlung stand die Zahl von täglich zwölf bis 13 Bier plus Schnaps im Raum.

Von sich selbst zeichnete der Angeklagte ein überaus positives Bild: “Ich bin ein guter Mensch, bei all meinen Vorstrafen”, so seine Überzeugung. Die Nebenklägerin bezeichnete er als seine Traumfrau, die er über alles liebe.

Viel Alkohol am Tag der Tat

Der Angeklagte ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. In seinen Einlassungen vor Richter Hubert Windisch berichtete er, dass er zehn Jahre als Obdachloser auf der Straße und von der Bettelei lebte. Dazu kommt nach eigenen Angaben eine depressive Störung, die er immer wieder mit viel Alkohol selbst bekämpfte. Aufenthalte in der Psychiatrie und seit 2016 eine gerichtlich angeordnete Betreuung waren die Folge.

Die Situation am Tattag, Ende Oktober 2022, ist wohl bereits am frühen Morgen eskaliert. Nach eigenen Angaben wollte der bereits am Morgen alkoholisierte Angeklagte seine Ex-Verlobte daran hindern, seine Wohnung zu verlassen. Seine Begründung: Er wollte nicht, dass sie alkoholisiert Auto fuhr. Dabei kann schon ein “leichter Klatscher” auf die Stirn passiert sein. Die massiven Schwellungen und Blutergüsse rund um die Augen erklärte der Angeklagte damit, dass seine Ex-Freundin leicht zu Blutergüssen neige. “Außerdem hat sie meine Hoden so gequetscht, dass sogar ich mich wehren musste.”

Entführung war gelogen

Ein wesentlich düstereres Bild von der Tatnacht zeichnete ein Kriminalbeamter, der die geschädigte Frau nach ihrer Strafanzeige vernahm. Er bestätigte die schweren Gesichtsverletzungen der Frau und darüber hinaus Schnitte und Stichwunden an Arm und Beinen. “Unsere Spurensicherung stellte massive Blutspuren in der Wohnung fest”, so der Beamte.

Skurril wurde es, als der Kriminalbeamte berichtete, dass die Geschädigte in ihrer Aussage angab, dass sie vom Angeklagten aus ihrem Wohnort Bodenmais mit vorgehaltenem Messer nach Weiden entführt wurde. Auf Nachfragen von Gericht und Strafverteidiger Rouven Colbatz stellte sich schnell heraus, dass die Ex-Verlobte in diesem Punkt die Unwahrheit sagte. Als Grund für diese Lüge nannte die Frau Scham, weil sie selbst das gegen den Angeklagten verhängte Annäherungsverbot missachtet hatte.

“Diese Nacht wirst Du nicht überleben”

Anlass für den nächtlichen Gewaltexzess war nach ihren Angaben die krankhafte Eifersucht des Angeklagten. “Ich wollte mir in Zwiesel ein neues Tattoo stechen lassen, was meinen Ex-Verlobten zur Weißglut brachte.” Er habe sie aufs Bett geworfen, immer wieder geschlagen und mit dem Messer verletzt. Dabei habe er geschrien: “Diese Nacht wirst Du nicht überleben.” Sie sagt: “Er hatte den Wahnsinn in den Augen.” Während des Martyriums habe der Partner eine furchterregende Scream-Maske über dem Gesicht getragen.

Trotz der detaillierten Schilderung wusste die damalige Misshandelte die Verteidigung nicht zu überzeugen. Die Flucht aus den Fängen ihres Exfreundes schilderte die Frau einerseits als überstürzt und panisch. Auf die Nachfrage des Verteidigers, wie dann die beiden kleinen Hunde der Frau trotz Panik ins Auto kamen, wusste sie keine glaubhafte Antwort. Nicht klar ist auch, ob eine psychische Erkrankung der Geschädigten noch fortbesteht.

Überraschend Verhandlung vertragt

Nach einer Beratung zwischen Gericht, Strafverteidigung und Nebenklage kündigte Richter Windisch eine Unterbrechung an. Ein psychiatrischer Gutachter soll den Angeklagten untersuchen. Bis zum nächsten Verhandlungstermin bleibt der 45-Jährige in Untersuchungshaft.

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