Faire und gesunde Milch
Groppenheim. "Faire Milch hat viel mit Wertschätzung zu tun", sagt Milchbäuerin Christina Kunz und ist vom Erfolg dieser Marke überzeugt.
Christina Kunz ist eine taffe junge Frau, die im Beruf Landwirtin ihre Berufung gefunden hat. Zusammen mit ihrem Mann Andreas führt sie einen der ältesten Bauernhöfe in der Region: Stolze 600 Jahre ist die Hofstelle schon alt und seit 200 Jahren bewirtschaftet ihre Familie den Betrieb. Und es ist einer von bisher nur zwölf Betrieben in Nordostbayern, die am Programm “Die faire Milch” teilnehmen, wie der Kreisvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) Werner Reinl aus Floß weiß.
Dem Tierwohl gerecht werden
30 Milchkühe und 35 Stück Nachzucht sind im geräumigen, modernen Boxenlaufstall mit ganzjährigem Laufhof am Ortsrand von Groppenheim untergebracht und haben bei der Familie Kunz einen sprichwörtlich “guten Stall” gefunden. Im Frühsommer geht es auf die Weide, so sich die Tiere bekanntlich am wohlsten fühlen.
“Es ist möglich, Lebensmittel leistungsfähig und Tierwohlgerecht herzustellen”, betont die Milchbäuerin. Dafür sei aber ein angemessener Preis nötig, den die “Faire Milch” garantiere. Christina Kunz appelliert auch an konventionelle Betriebe, sich hier anzuschließen, denn “die Kriterien kann jeder Landwirt erfüllen, so er nur will.”
“Dreifach fair”
Die “Faire Milch” ist dreifach fair, erklärt Werner Reinl: Zum Milchbauern, zur Umwelt und zu den Kunden. Demnach bekommt jeder am Programm teilnehmende Hof 45 Cent pro verkauftem Liter Milch mehr. Damit koste die “faire Milch” zwischen 1,29 und 1,39 Euro gegenüber den circa 79 Cent für herkömmliche Milch. “Dieser Preis trägt dazu bei, dass die Milchbauern auch in Zukunft von ihrer Arbeit leben können”, sagt Werner Reinl.
Und die Teilnehmer müssten strenge Kriterien einhalten: Sie dürfen kein Futter aus Übersee verwenden, produzieren und füttern ohne Gentechnik, dürfen nur eine begrenzte Zahl von Tieren halten und wirtschaften in einer regionalen und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft mit eigenem Futteranbau. Jeder Hof muss sich zudem zu mindestens einem Tierwohl- oder Umweltschutzprojekt verpflichten. “Das können Blühwiesen sein, Ammenkuhhaltung, Artenschutzprogramme oder extensive Weidehaltung”, erläutert der Kreisvorsitzende.
Manche Landwirte haben eine ganz besondere Verpflichtung abgegeben: Sie mähen ihre Wiesen mit einer maximalen Geschwindigkeit von zwölf Stundenkilometern. “So können Bienen und andere Insekten rechtzeitig ausweichen”, weiß Reinl.
Milch, Käse und Honig
Die Familie Kunz nimmt mit ihrem Naturland-zertifizierten Hof seit zwei Jahren am Programm teil. Nebenbei halten sie einige Hühner zur Eigenversorgung, nennen zwei Bienenvölker ihr Eigen, die von den hofeigenen Blühflächen Honig produzieren und es gibt vier Kamerunschafe zum Streicheln. Außer Milch produzieren die Bauern noch Käse – natürlich auch aus “fairer Milch”.
Kooperation mit “Gesunder Boden”?
Am Rande des Termins auf dem Hof der Familie Kunz berichtete Josef Schönhammer von der Interessengemeinschaft “Gesunder Boden” von den Plänen einer Kooperation seiner Organisation mit dem Programm “Faire Milch”. “Schließlich gehören ein gesunder, lebendiger Boden und gesunde Nahrungsmittel untrennbar zusammen.”
Die faire Milch
- Die faire Milch ist ein europaweites Projekt unter dem Dach des European Milk Boards (EMB). Das EMB vergibt Lizenzen für das Programm an die nationalen Teilnehmerländer.
- Gesellschafter in Deutschland ist der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Ab 2010 wurde eine entsprechende Produktmarke in den Handel gebracht.
- Milcherzeuger, die in das Programm aufgenommen werden wollen, verpflichten sich auf strenge Produktionskriterien. Dazu zählen unter anderem der Verzicht auf gentechnisch verändertes Futter, eine artgerechte Fütterung der Tiere und die Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen auf den Höfen. Die Kühe erhalten zudem Futter mit mindestens 50 Prozent Grasanteil in der Ration. Ein Verstoß gegen diese Richtlinien führt zu einem zeitweiligen oder dauerhaften Ausschluss aus dem Programm.
- Die Milchbauern verzichten bei der Fütterung auf Futter aus Übersee und setzen Umwelt- oder Tierprojekte auf ihren Höfen um. Voraussetzung für die Teilnahme am Programm ist die Mitgliedschaft im Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM). Alle Milchbauern müssen zertifizierte Familienbetriebe führen.
- Die faire Milch ist außerdem die erste konventionelle Milchmarke, die eine Begrenzung der Tierhaltung auf der Betriebsfläche vorsieht. So dürfen nicht mehr als 2,5 ausgewachsene Tiere pro Hektar Betriebsfläche gehalten werden.
- Das Konzept sieht hinsichtlich der Preiskalkulation vor, dass ‚von unten nach oben‘ kalkuliert wird. So gehen von jedem verkauften Liter Milch 45 Cent an die am Projekt beteiligten Milchbauern. Weitere Aufwendungen, wie Abfüllen, Verpackung, Transport und Handelsspanne ergeben den Verkaufspreis im Laden.
- Die Markenkommunikation befördert den Begriff „Die faire Milch“ zusammen mit einem schwarz-rot-goldenen Design. Dazu gehört das Maskottchen und Logo-Tier „Faironika“, eine schwarz-rot-golden gefärbte Kuh. Diese Kuh kam in der Vergangenheit als lebensgroße Plastikvariante bei Demonstrationen der Milchbauern zum Einsatz und wurde überregional bekannt.
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