Filmreife Verfolgungsjagd nach Tschechien endet trotzdem in deutschem Gefängnis

Weiden. Während sein Komplize nach einer rasanten Verfolgungsjagd von der Polizei verhaftet wurde, flüchtete der Mittäter. Er wurde von der tschechischen Polizei später geschnappt und nun nach Deutschland ausgeliefert.

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Wiedersehen vor Gericht. Während der eine Komplize bereits im Januar zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, stand der andere nun vor dem Schöffengericht in Weiden. Foto: Martin Stangl

Die kriminelle Karriere des Angeklagten ist beachtlich: Alleine das tschechische Vorstrafenregister verzeichnet elf Einträge. Das wird jetzt um eine mehrjährige Haftstrafe in Deutschland „aufgewertet“. Dass der Prozess gegen den 31-jährigen tschechischen Staatsbürger überhaupt stattfinden konnte, ist der Aufmerksamkeit der tschechischen Polizei zu verdanken.

Kurz nach der Tat im November 2022 flüchteten die beiden Einbrecher mit dem Auto über die Staatsgrenze ins benachbarte Ausland. Durch einen Fahrfehler wurde das Auto fahruntüchtig und blieb an einem Bahnübergang liegen. Während der eine Täter sich widerstandslos festnehmen ließ, flüchtete der andere. Im November 2023 wurde dieser an die Bayerischen Justizbehörden übergeben. Die längst fällige juristische Aufarbeitung konnte jetzt vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Hubert Windisch beginnen.

Vorwurf: Schwerer Wohnungseinbruchdiebstahl

In der Anklageschrift, die Staatsanwältin Carolin Ammon vortrug, wurde dem Tschechen eine Reihe von Einbrüchen in Wohnungen und Garagen im östlichen Landkreis Neustadt/WN vorgeworfen. Hintergrund der Einbrüche war nach Ansicht der Staatsanwältin der Diebstahl von Wertgegenständen, die später weiterverkauft werden sollten.

Darunter waren teure E-Bikes, Werkzeug aus einem Baucontainer und andere Wertgegenstände wie ein E-Roller. Der geplante Diebstahl eines Autos konnte gerade noch verhindert werden, weil zwischenzeitlich Polizeikräfte alarmiert wurden. Über seinen Anwalt Dominic Kriegel räumte der Angeklagte seine Täterschaft vollumfänglich ein.

Horror: Der Einbrecher im Wohnzimmer

Der Angeklagte ging mit seinem bereits im Januar verurteilten Mittäter skrupellos und dreist vor. Nachdem sie nachts meist über Nebengebäude in Wohnanwesen eingedrungen waren, scheuten sie nicht davor zurück, seelenruhig auch noch die Wohnräume der Eigentümer zu durchsuchen.

In allen Fällen konnten die Wohnungseigentümer die Eindringlinge verscheuchen. Zuvor hatten diese das Diebesgut aus den Nebengebäuden in naheliegenden Gebüschen versteckt, um sie später einzusammeln und abzutransportieren. Zwischenzeitlich wurde jedoch die Polizei informiert, die mit zivilen und uniformierten Einsatzkräften vor Ort eintraf und sich auf die Lauer legten.

Rasante Verfolgungsjagd über die Grenze

Eine in den Zeugenstand gerufene Polizeibeamtin berichtete über den nächtlichen Einsatz, bei dem Bundespolizei und Polizei mit Martinshorn und Blaulicht im Einsatz waren: „Ich habe bei uns noch nie so viele Einsatzkräfte gesehen“, so die Zeugenaussage. Schließlich war sie es, die gemeinsam mit ihrem Kollegen die grenzüberschreitende Verfolgung (eine sogenannte „Nacheile“) aufnahm, aber den zwischenzeitlich geflüchteten Angeklagten nicht verhaften konnte.

Bei der Verfolgungsjagd flogen nach Angaben der Zeugin die Funken und die aufgerissene Ölwanne des Fluchtfahrzeugs ging in schwarzem Rauch auf. Nebenbei wurde die Fahrertür eines Verfolgungsfahrzeugs umgefahren. Der Angeklagte flüchtete zu Fuß und wurde später in Tschechien verhaftet.

Angeklagter wenig zimperlich im Gefängnis

So wenig zimperlich, wie der Angeklagte mit dem Eigentum anderer umging, so wenig zimperlich benahm er sich während der Untersuchungshaft. Er schikanierte Mithäftlinge und erpresste diese teilweise.

Der als Zeuge aufgerufene Mittäter wurde aus der JVA Amberg vorgeführt. Er wurde bereits im Januar für die Diebestour abgeurteilt und bestätigte die in der Anklageschrift aufgeführten Taten. Auch er weist eine überaus kriminelle Karriere auf: Von seinen 42 Lebensjahren hat er 17 in tschechischen Gefängnissen verbracht. Er bat Richter Hubert Windisch ausdrücklich, sich dafür zu verwenden, dass er seine gesamte Strafe in Deutschland verbüßen zu dürfen: „Hier wird man ordentlich behandelt und außerdem gibt es eine Drogentherapie.“ Auf Nachfrage gaben sowohl er als auch der Angeklagte zu, gelegentliche Crystal-Konsumenten zu sein.

Freiheitsstrafe gefordert

In ihrem Plädoyer forderte Staatsanwältin Carolin Ammon eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Sie wertete das Geständnis als strafmildernd, sah aber in den skrupellosen Taten eine erhebliche kriminelle Energie.

Strafverteidiger Dominic Kriegel verneinte die gewerbsmäßige Ausrichtung der Taten und forderte ein Urteil nach Paragraf 242, der einen „einfachen Diebstahl“ zugrunde legt. Er forderte zwei Jahre und drei Monate als Freiheitsstrafe.

Bevor das Gericht das Urteil verkündete, bot Richter Hubert Windisch den beiden Männern an, sich unter Aufsicht privat zu unterhalten: „Sie haben sich ja lange nicht mehr gesehen und daher einiges zu erzählen“, so sein Angebot. Im Urteilsspruch, der eine Freiheitsstrafe von drei Jahren beinhaltete, begründete das Gericht die Strafe mit „schwerem Wohnungseinbruchdiebstahl“ nach Paragraf 243 StGB (Besonders schwerer Fall des Diebstahls). Auch das gewerbsmäßige Handeln wurde durch die Kammer bejaht.

Der Angeklagte wollte sich mit seinem Strafverteidiger im Anschluss an die Gerichtsverhandlung nicht über eine Berufung oder Revision äußern.

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