Flugzeugabstürze und die Gefahren für Retter

Erbendorf. Am Wochenende absolvierten rund 150 Feuerwehrkräfte auf dem Flugplatz Schweißlohe bei Erbendorf eine außergewöhnliche Übung. Es ging um Flugzeugabstürze - unter Realbedingungen.

Die Fortbildungsveranstaltung war schon lange geplant. Doch durch zwei erneute Flugzeugabstürze in Latscheiner davon tödlich – in den vergangenen Wochen gewann das Übungsszenario noch an Aktualität hinzu. In diesem Jahr haben sich im Bereich der Integrierten Leitstelle Nordoberpfalz schon mehrere schwere Unfälle mit Luftfahrzeugen ereignet.

Deshalb trainierten am Wochenende am Flugplatz „Schweißlohe“ bei Erbendorf rund 150 Einsatzkräfte von Feuerwehren und Rettungsdienst aus der gesamten Region, sowie die Mitarbeiter der Integrierten Leitstelle und der Polizei den Ernstfall an einer Absturzstelle unter Realbedingungen.

Fallschirme: Retter und Gefahr

„Das Flugzeug ist nach wie vor das sicherste Verkehrsmittel“,

betont der Luftfahrtsachverständige Hans Rachl. Die wenigen Unfälle erreichen aber ein großes Medienecho und damit die breite Aufmerksamkeit in der Bevölkerung. Aber Flugunfälle passieren, seit es die Fliegerei gibt. In vielen Flugzeugen – vor allem in der „Ultraleicht-Klasse“ – sind heute wirksame Rettungsgeräte verbaut. Im Fall der Fälle wird ein Fallschirm gezündet, an dem das gesamte Fluggerät dann sicher zu Boden sinken soll.

Und genau hier fängt die Gefahr für die Einsatzkräfte am Boden an. Denn wenn der Fallschirm beim Absturz nicht ausgelöst wurde, kann dessen Raketentreibsatz die Retter in aller höchstem Maße gefährden. Hans Rachl hat nach eigenen Angaben schon mehr als 900 Gutachten zu Flugunfällen erstellt. Aus diesem reichen Erfahrungsschatz konnte der Referent den Seminarteilnehmern aus der Praxis berichten.

Hochbrisante Treibladung

Für die ersten Kräfte an der Einsatzstelle ist ein besonnenes und überlegtes Vorgehen überlebenswichtig. Noch vor der Rettung von Verletzten muss das pyrotechnische Auslösesystem des Rettungsschirmes deaktiviert werden. Der Luftfahrtexperte gab den Einsatzkräften praktische Tipps und Hinweise, wie die hochbrisante Treibladung entschärft werden kann.

Welche extreme Schubkraft ein Rettungssystem beim Abfeuern entwickelt, konnten die Teilnehmer hautnah erleben. Der Luftfahrtexperte zündete einen Rettungsfallschirm. Die Treibladung brennt innerhalb von 0,6 Sekunden ab und entwickelt dabei Temperaturen von mehreren hundert Grad. Wenn sich in der Nähe ein Mensch aufhalten würde, kann man sich die Folgen ausmalen.

QR-Code könnte Rettung erleichtern

Doch neben den Treibladungen birgt die Arbeit am Flugzeugwrack noch viele weitere Gefahren – beispielsweise durch Treibstoff, Akkus und bei Militärflugzeugen auch durch Bewaffnung und Munition. Das größte Manko bei Luftfahrzeugen sei die unterschiedliche Platzierung der sicherheitsrelevanten Bauteile. Jedes Luftfahrzeug ist anders konstruiert.

Für die Helfer am Boden erschwert dies die Arbeit zusätzlich. Auch einheitliche Informationssysteme wie ein Zentralregister oder Rettungskarten an Bord gibt es in der Fliegerei gar nicht. Hans Rachl hätte dafür eine ebenso pragmatische wie effiziente Lösung parat: Man bräuchte nur einen QR-Code am Flugzeug anbringen, über den die Retter im Notfall alle notwendigen Informationen auslesen könnten.

Übung unter Realbedingungen

Bei einer Übung unter Realbedingungen wurde das theoretische Wissen dann praktisch umgesetzt. Unweit der Rollbahn war ein echtes Flugzeugwrack realitätsnah präpariert. Trümmerteile lagen um die Absturzstelle herum. Aus dem Wrack drangen die Hilferufe der Passagiere.

Dieses wirklichkeitsnah nachgestellte Übungsszenario soll die Einsatzkräfte bewusst unter Stress setzen. In Sekunden müssen vom Einsatzleiter erste Entscheidungen getroffen werden. Zu allem Übel sorgten „Schaulustige“ für zusätzliche Ablenkung. Doch Luftfahrtexperte Hans Rachl zeigte sich am Ende sehr zufrieden, ebenso wie die Teilnehmer am Einsatztraining.

Austausch zwischen Einsatzkräften und Piloten

Die Einsatzkräfte in der Nordoberpfalz sind nun für Einsätze bei Flugzeugabstürzen bestens vorbereitet, auch wenn niemand hofft, dass der Ernstfall eintritt. “Wenn wir durch unser Tun auch nur ein Menschenleben retten”, so Rachl, “dann hat sich der Zeitaufwand für die Schulung gelohnt“.

Feuerwehrkommandant Bernhard Schmidt dankte der Flugsportgemeinschaft Steinwald für die tolle Unterstützung. Die Fliegerkameraden umsorgten die Retter mit Brotzeiten und Getränken. So ganz nebenbei wurde in den persönlichen Gesprächen zwischen Rettungskräften und Fliegern auch das gegenseitige Verständnis für die Belange des jeweiligen Hobbys geweckt.

* Diese Felder sind erforderlich.