Fürsorge dank offener Hilfe: Nähe trotz Abstand

Weiden. An wen können sich Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen wenden? Wie gestaltet sich Behindertenhilfe in Corona-Zeiten? Wie trotz Abstand Nähe entsteht.

Aktionen wie “Herztreffen” sind nur eine von vielen Punkten wie das HPZ-Team Nähe auch in Corona-Zeiten schafft. Bild: HPZ Irchenrieth.

Durchschnittlich einmal im Quartal tagt der Arbeitskreis Offene Behindertenarbeit, kurz AKOBA. Bei Bedarf auch öfter. Und der Bedarf ist derzeit groß, denn viele Menschen mit Behinderung sind durch die Corona-Pandemie schwer betroffen, wie Lydia Wetzel vom Allgemeinen Rettungsverband Oberpfalz e. V. (ARV) mitteilt. “Hier gilt es, schnell, kreativ und unbürokratisch zu helfen.”

Wertvolle Perspektiven

Der Arbeitskreis wurde 2010 neu aufgestellt. Ausgangspunkt war eine Kooperation zwischen dem Allgemeinen Rettungsverband Oberpfalz e. V. (ARV) und dem Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) Irchenrieth. Die beiden Träger erbringen Leistungen der Regionalen Offenen Behindertenarbeit (OBA). Wertvolle Perspektiven in den Arbeitskreis bringen die Behindertenbeauftragten ihres Zuständigkeitsbereichs: Alexander Grundler (Stadt Weiden) und Monika Robl (Landkreis Neustadt) mit ein.

Auf Wunsch und bei Bedarf werden zusätzliche Einrichtungen, etwa die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB), zu Sitzungen mit eingeladen. Der Vorteile des engmaschigen fachlichen Austauschs: Konzentrierte Energie zur gemeinsamen Erfüllung der Aufgabe, die Situation von Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen zu verbessern. 

Doch was heißt dies konkret für Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen? An wen können sie sich mit ihren Anliegen wenden? Und wie gestaltet sich Behindertenhilfe in Corona-Zeiten? 

Mentoren helfen durch die Krise 

Vor Corona war die Behindertenhilfe beim Allgemeinen Rettungsverband für ihren Offenen Treff „Sonneninsel“ bekannt. “Der ist jetzt natürlich geschlossen. Trotzdem werden Menschen mit Behinderung nicht im Stich gelassen”, erklärt Wetzel.

Anfangs habe man den Kontakt vor allem telefonisch gehalten, berichtet Dienstellenleiterin Dr. Carola Preißer. Im vergangenen Herbst sei daraus das Projekt „Mentoren am Telefon“ entstanden. „Wir sind sehr dankbar für das ehrenamtliche Engagement in diesem Bereich“, betont Preißer. 

Beratung, beispielsweise zu den Themen „Schwerbehinderung“, „Inklusion“ und „Barrierefreiheit“, erfolge ebenfalls übers Telefon. Einige Klienten hätten in den letzten Wochen Unterlagen vorbeigebracht und sich telefonisch beim Ausfüllen von Anträgen unterstützen lassen. Zudem sei ein umfangreiches Hygiene- und Schutzkonzept erarbeitet worden, auf dessen Grundlage bei Bedarf auch Präsenztermine möglich seien. Ebenfalls „live“ gebe es den Familienentlastenden Dienst (FED) in Form von 1:1-Betreuungen. 

Neue Kollegin wünscht sich barrierefreie Spielplätze 

Seit Jahresanfang teilt Preißer die Leitung der ARV-Behindertenhilfe mit einer neuen Kollegin: Lydia Wetzel ist Diplom-Sozialwirtin (FH) und möchte sich unter anderem für barrierefreie Spielplätze in der Region einsetzen. 

Gemeinsam haben Preißer und Wetzel ein Online-Angebot auf die Beine gestellt. “Es lädt Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen ein, über eine Video-Plattform zusammenzukommen”, erklären sie. Ein erster Erfolg war die virtuelle Faschingsfeier. Seit Anfang März gibt es einmal wöchentlich „Sonne für die Seele“, ein Wohlfühl-Programm, das ebenfalls in Form von Video-Konferenzen stattfindet. Die Teilnahme ist kostenlos. Auch das inklusive Zeitschriftenprojekt „BeOBAchter“ kann dank Video-Technik wieder aufgenommen werden. 

Dr. Carola Preißer und Lydia Wetzel, die sich die Leitung der ARV-Behindertenhilfe teilen, haben gemeinsam ein Online-Angebot auf die Beine gestellt: Erster Erfolg war eine virtuelle Faschingsfeier. Bild: ARV.

Information und Anmeldung zu Angeboten der Offenen Behindertenarbeit des ARV Weiden-Neustadt unter 0961 200-171 oder oba@arv-oberpfalz.de

Offene Hilfen im HPZ Irchenrieth

„Nach einem Jahr Corona stoßen die betreuenden Angehörigen psychisch und physisch an ihre Grenzen“, weiß Martina Grüner, Leiterin der Offenen Hilfen im HPZ Irchenrieth. Sie versucht mit ihrem Team aus vier hauptamtlichen und 72 Ehrenamtlichen Unterstützung und Entlastung in verschiedener Form zu bieten. 

Weiterhin sind Einzelbetreuung nach Wunsch, z.B. in Zuhause oder im Umfeld (Familienentlastender Dienst) möglich. Da Freizeit- und Bildungsmaßnahmen, sowie wie die inklusiven Projekte und mehrtägigen Fahrten momentan nicht möglich sind, bietet der Dienst ein Entlastungsangebot unter dem Motto „Herztreffen“ an, das selbstverständlich auch unter Einhaltung der Schutz- und Hygieneregeln stattfindet.

“Dies wird mit viel Freude und Dankbarkeit angenommen und bietet jeweils zwei Menschen mit Behinderung die Möglichkeit sich in den Räumen des HPZs zu treffen”, berichtet Grüner. 

Auswege aus sozialer Isolation 

Der angebotene Onlinetreff fand keinen so großen Anklang, da das persönliche Miteinander den Menschen mit Behinderung fehlte. Grüner stellt fest, dass gerade das Wissen im Umgang mit den modernen Medien manchen Menschen fehlt, was die soziale Isolation fördern kann. Auch sind viele damit überfordert. 

Das Angebot für Beratung reicht von telefonisch, per Videokonferenz und im Notfall auch persönlich – natürlich mit den dementsprechenden Hygienevorkehrungen. Verschiedenen Anliegen und Fragen von Angehörigen und interessierte Personen und Fachkreise zu den Aufgaben des Dienstes. Gerne unterstützt man auch bei MDK-Begutachtungen und Pflichtpflegeeinsätzen. Gesprächskreise für Angehörige werden ebenfalls weiterhin organisiert und begleitet. 

Umzug steht an 

Zurzeit bekommt das ehemalige Kinderhaus 1 mit Unterstützung von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen neue Farbe. Dort werden die Offenen Hilfen demnächst ins Parterre einziehen. Es gibt einen großen Gruppenraum und eine Küche, auch ein kleiner Garten ist mit dabei. Ebenso werden die Beratungsräume dorthin umziehen. So kann der Dienst während dieser Pandemiephase mehr und besser Raum und Hilfestellungen anbieten. Alles natürlich auch unter Einhaltung der Hygieneregeln. 

„Wir freuen uns darauf, die Familien auf diese Weise noch besser unterstützen zu können“, erklärt Grüner, die sehr dankbar für so ein kreatives, engagiertes und beherztes Team ist. 

Informationen und Kontakt zu den Offenen Hilfen des Heilpädagogischen Zentrums – Lebenshilfe für Behinderte e.V. unter Telefon 09659 / 91-234 oder per Mail: OffeneHilfen@hpz-irchenrieth.de  

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