Greenpeace stößt mit Stadtrundgang “80 Jahre Frieden” auf große Resonanz – Warteliste

Weiden. Greenpeace Weiden hat mit einem Stadtrundgang zum 80. Jahrestags des Kriegsendes offenbar einen Nerv getroffen. Beide Führungen im Mai waren komplett ausgebucht. Für Wiederholungen im Herbst gibt es eine Warteliste.

Auf große Resonanz ist die Greenpeace-Gruppe Weiden mit ihrer Stadtführung zum 80. Jahrestag des Kriegsendes gestoßen. Hier am Schlörplatz, wo im Mai 1945 die Siegesfeier der amerikanischen Truppen stattfand. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock

Organisatoren waren Gruppenkoordinator Günther Sparrer und Franz Zielinski. Sie wurden im Vorfeld von Dr. Sebastian Schott (Stadtarchiv Weiden) und Redakteurin Christine Ascherl (verantwortlich für die Bücher “Jüdische Familien”, “Sie kommen – die letzten Kriegstage in der Oberpfalz) mit Informationen versorgt. Darunter waren auch historische Fotos, die als großflächige Laminierung bei den Rundgängen gezeigt wurden.

Beteiligt waren als Sprecher Claudia Mielke, Eva-Maria Siegler, Richard Murr, Veronika Weber sowie als weitere Unterstützer Andreas Popp, Ali Zant, Florian Burdack und Silke Schröck. Fotograf Sebastian Lock hielt die Stadtführung für Greenpeace Deutschland mit seiner Kamera fest. Teilnehmen konnten pro Rundgang 20 Interessierte.

Authentische Briefe vorgelesen

Historiker Schott hatte für viele Stationen einen authentischen Text beigesteuert, den Greenpeace-Mitglieder vorlasen. Beim Kriegerdenkmal in der Konrad-Adenauer-Anlage war dies ein Brief eines Weidener Frontsoldaten aus Russland, der die Aussichtslosigkeit seiner Lage beschrieb. Am Wohnhaus der jüdischen Familie Hausmann wurde der letzte Brief von Hermann Hausmann (17) an eine befreundete Weidener Familie aus dem Durchgangslager Piaski (Polen) 1942 vorgelesen, in dem er über den Tod des Vaters informiert. Der Brief ist das letzte Lebenszeichen.

Der Zweite Weltkrieg hatte auf die Stadt Weiden (1939 etwa 28.000 Einwohner) gravierende Auswirkungen. Es fielen 1.270 Männer als Soldaten. 89 Weidener wurden ermordet, darunter mindestens 55 Weidener Juden. Zweitgrößte Opfergruppe sind 23 Kranke und Behinderte aus Weiden, die im Rahmen des so genannten “Euthanasie-Programms” getötet wurden. Weitere Opfer kamen aus der Gruppe der verfolgten Sinti und Roma oder wurden als “Asoziale” interniert.

Kriegsende: Chaos in der Stadt

Nach dem Krieg ging es bei einer äußerst gespannten Versorgungslage drunter und drüber. Die Amerikaner befreiten im Stalag XIIIb (neben Kaserne) 1.700 Kriegsgefangene aus Frankreich, Belgien, Großbritannien und Russland. Bis August 1945 flohen rund 9.000 Vertriebene aus dem Sudentenland nach Weiden. Dazu kamen über 400 jüdische DPs (Displaced Persons, Stand November 1945), heimatlos gewordene Überlebende der Todesmärsche der Konzentrationslager Buchenwald und Flossenbürg.

Wie konnte es zu all dem Elend kommen? Vor dem Alten Rathaus erinnert Schott an die Machtergreifung: Wie es dazu kam, dass trotz eines Wahlergebnisses von nur 31 Prozent für die NSDAP im März 1933 schon im Juli alle 20 Stadträte der NSDAP angehörten. Die Stadträte der Bayerischen Volkspartei hatten nach eintägiger Haft ihren Verzicht unterschrieben, die Sozialdemokraten, die sich weigerten, ihr Mandat abzugeben, wurden ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Vorgelesen wurde eine von vielen Postkarten des SPD-Mannes Fritz Tröger an seine Frau aus dem KZ Dachau, die erst vor kurzem dem Stadtarchiv überlassen worden sind.

Greenpeace-Koordinator Sparrer empfahl den Teilnehmern die Lektüre der Broschüre “Weiden – eine Stadt wird braun”, 1985 verfasst von Bernhard M. Baron und Karl Bayer, die nichts an Aktualität verloren hat: “Ich garantiere Ihnen bei der Lektüre Gänsehaut.” Sparrer hat von Spintler-Druck Restexemplare aufgetrieben, die derzeit in der Buchhandlung Rupprecht gegen eine Schutzgebühr von 3 Euro verkauft werden.

“There’s no green without peace”

Sparrer war dankbar für “80 Jahre Frieden”, so das Motto der Stadtrundgänge. Das sei auch der Grund, warum sich Greenpeace des Themas annimmt. “Wir möchten einen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten”, so Sparrer. Gerade in Zeiten wie diesen sei es wichtiger denn je, sich zu erinnern. Frieden sei die Grundlage für ein glückliches Leben ohne Angst, für eine freie Gesellschaft und demokratische Werte wie Umweltschutz. “There’s no green without peace, and no peace without green.”

Einmarsch der Amerikaner am 22. April 1945 in Weiden. Bei den Stadtrundgängen wurden historische Fotos gezeigt. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Einmarsch der Amerikaner am 22. April 1945 in Weiden. Bei den Stadtrundgängen wurden historische Fotos gezeigt. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Organisator Franz Zielinski am Standort Issy-les-Moulineaux-Platz. Hier stand einst das Kaufhaus Krell. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Organisator Franz Zielinski am Standort Issy-les-Moulineaux-Platz. Hier stand einst das Kaufhaus Krell. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Mitglieder von Greenpeace verlasen authentische Texte von Weidener Einwohner, die während der Kriegszeit entstanden sind. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Mitglieder von Greenpeace verlasen authentische Texte von Weidener Einwohner, die während der Kriegszeit entstanden sind. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Mitglieder von Greenpeace verlasen authentische Texte von Weidener Einwohner, die während der Kriegszeit entstanden sind. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Mitglieder von Greenpeace verlasen authentische Texte von Weidener Einwohner, die während der Kriegszeit entstanden sind. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Stadtrundgang mit Greenpeace zum Thema 80 Jahre Kriegsende. Den historischen Background lieferte Sebastian Schott (Mitte) vom Stadtarchiv Weiden. Foto: Greenpeace Sebastian Lock
Stadtrundgang mit Greenpeace zum Thema 80 Jahre Kriegsende. Den historischen Background lieferte Sebastian Schott (Mitte) vom Stadtarchiv Weiden. Foto: Greenpeace Sebastian Lock
Stadtrundgang mit Greenpeace zum Thema 80 Jahre Kriegsende. Den historischen Background lieferte Sebastian Schott (Mitte) vom Stadtarchiv Weiden. Foto: Greenpeace Sebastian Lock
Stadtrundgang mit Greenpeace zum Thema 80 Jahre Kriegsende. Den historischen Background lieferte Sebastian Schott (Mitte) vom Stadtarchiv Weiden. Foto: Greenpeace Sebastian Lock
Sebastian Schott vom Stadtarchiv Weiden erklärt einer Teilnehmerin eine historische Fotografie an den Eichen am Schlörplatz. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Sebastian Schott vom Stadtarchiv Weiden erklärt einer Teilnehmerin eine historische Fotografie an den Eichen am Schlörplatz. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Greenpeace organisierte einen alternativen Stadtrundgang zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock
Greenpeace organisierte einen alternativen Stadtrundgang zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Foto: Greenpeace/Sebastian Lock

Anmeldung für weiteren Stadtrundgang

Greenpeace plant im Herbst einen weiteren Stadtrundgang. Interessenten können sich gerne jetzt schon per Mail vormerken lassen: Günther Sparrer, Gruppenkoordinator, Greenpeace Weiden, Sonnenstr. 12, 92637 Weiden, Mail: info@weiden.greenpeace.de

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