Gruselige Nachricht zu Halloween: Gibt es noch eine Chance für die insolvente Landestheater Oberpfalz GmbH?

Vohenstrauß. Gerade noch ging für das Landestheater Oberpfalz ein Traum in Erfüllung: eine eigene Spielstätte in der Glasfabrik. Jetzt beginnt der Alptraum für alle LTO-Angestellten und Theaterfreunde: Das LTO meldete heute Insolvenz an. MdL Stephan Oetzinger ist im Austausch mit Staatsminister Markus Blume.

Landestheater Oberpfalz LTO Glasfabrik
So sieht die „LTO Glasfabrik“ am 10. September 2024 aus. In 17 Tagen wird diese Halle der früheren Glasfabrik Taube nicht wiederzuerkennen sein. Geschäftsführer Wolfgang Meidenbauer und Adrian Wenck stehen vor der (noch unsichtbaren) Bühne. Foto: Christine Ascherl

Insider hörten die Nachtigall schon länger trapsen: Der unvermittelte Ausstieg von Geschäftsführer und Gründungsvorsitzenden des Fördervereins „Freunde des Landestheaters Oberpfalz“ Wolfgang Meidenbauer nach acht Jahren ließ die Alarmglocken schrillen.

Die sich wandelnden Rahmenbedingungen und immer größer werdende Belastungen hätten ihn dazu veranlasst, das Amt zum Ende des Monats Oktobers niederzulegen, wie er bei einer Mitarbeiterversammlung erklärte. Das klingt nicht nach „Mission erfüllt“.

Schwieriges Theater-Geschäft

Dass Theater im Allgemeinen und regionales Theater bei einer durchaus nicht unerheblichen Dichte an Laienspielgruppen in der Oberpfalz im Besonderen, kein leichtes Spiel hat, ist klar. Professionelle Einrichtungen wie das Stadttheater Regensburg überleben nur dank üppiger Subventionen. Und natürlich führten die Freunde des Landestheaters, allen voran der Weidener Landtagsabgeordnete Stephan Oetzinger, seit Jahren einen beharrlichen Kampf um Fördermittel. Diese reichten – zumindest im beantragten Umfang – jetzt nicht mehr aus.

Heute dann die Bestätigung: „Die Landestheater Oberpfalz GmbH stellt am Donnerstag, dem 31.10.2024, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Weiden“, lässt LTO-Sprecherin Verena Neumann in einer Pressemitteilung wissen. „Unmittelbar betroffen von dieser Meldung seien die derzeit 20 Beschäftigten in Voll- und Teilzeit, die nun zum Ende des Jahres ihren Beruf verlieren sowie die Künstler und Künstlerinnen, die ihre Stückverträge nun nicht bekommen – darunter auch der Schriftsteller Bernhard Setzwein.

Die Akteure des LTO (Landestheater Oberpfalz) brillieren im Stück „Jedermann“, das auf der Naturbühne am Schönberg aufgeführt wurde. Foto: Renate Gradl

Ursache Corona-Pandemie?

Zurückzuführen sei die Insolvenz unter anderem auf die Corona-Epidemie, die eine große finanzielle Lücke hinterlassen habe. „Die Rahmenbedingungen und die erweiterten Auflagen, die vom Theater umgesetzt werden mussten, sorgten für eine Verschärfung der finanziellen Notlage.“ Herausragende Produktionen wie „Jedermann“ und „Anatevka“ – fast ausverkaufte Sommerfestspiele – hätten das entstandene Defizit nicht mehr aufgefangen können.

„Die geplante Umstrukturierung war in dem notwendigen Zeitrahmen nicht umsetzbar, entstandene Engpässe konnten durch bereits eingeleitete Sanierungsmaßnahmen oder öffentliche Zuwendungen nicht mehr ausgeglichen werden“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. „Inwieweit geplante Vorstellungen betroffen sind, wird erst in den nächsten Wochen geklärt.“ Das LTO sei bemüht, den Spielbetrieb bis zum Ende des Jahres aufrechtzuerhalten.

Der Schriftsteller und Dramatiker Bernhard Setzwein. Foto: Sabine Böhlau

Oetzinger: „Freistaat hat nicht geknausert“

„Die Stadtbühne Vohenstrauß e.V. als alleinige Gesellschafterin des Landestheaters und die beteiligten Zuschussgeber sondieren alternative Lösungen, um einen professionellen Theaterbetrieb in der nördlichen Oberpfalz gewährleisten zu können.“ Man bitte Theaterfreunde, die bereits Karten für die laufende Spielzeit 24/25 gekauft hätten, um Verständnis. „Sobald ein Entschluss über das weitere Vorgehen gefasst wurde, werden wir diesen natürlich veröffentlichen.“

Der Weidener Landtagsabgeordnete Stephan Oetzinger (CSU) betont, dass die derzeitige Schieflage nicht aufgrund mangelnder Unterstützung des Freistaats oder des Landkreises Neustadt/WN entstanden sei: „Wir haben uns seitens des Freistaates 16 Jahre für den Fortbestand des LTO eingesetzt.“ Es habe mehrfach Sonderzuschüsse weit über den Regelzuschuss gegeben. „Diese wurden sogar vom Rechnungshof bemängelt“, macht er deutlich, dass man keineswegs geknausert habe.

Auch Unterstützer des LTO: Professor Erich Bauer (von links, Vorstandsvorsitzender des Stiftungsrats der LUCE-Stiftung), Landtagsabgeordneter Stephan Oetzinger und Landrat Andreas Meier im Gespräch. Foto: Jürgen Herda

Sonderzuschüsse und Corona-Hilfen

„Auch im betroffenen Jahr 2022 gab es auf mein Betreiben hin Sonderzuschüsse sowohl durch eine höhere Grundförderung als auch Corona-Hilfen in Höhe von 44.500 Euro.“ Die Politik habe sich außerdem mehrfach dafür eingesetzt, einen Zweckverband zu gründen, wie es bei anderen Landestheatern wie in Niederbayern und Schwaben üblich sei. In der Rechtsform einer GmbH, die 100-prozentige Tochter der Stadtbühne sei, könne ein Grund für die Probleme liegen. „Kein Geldgeber war an der Gesellschaft beteiligt“, sagt Oetzinger. „Wir als Freistaat haben die Beträge aufgedoppelt“, erklärt Oetzinger.

„Im laufenden Jahr auf weit über 400.000 Euro, insgesamt rund 3 Millionen Euro seit der Gründung.“ Es habe mehrere Runden gegeben, wo man versucht hätte, die Finanzierung auf solide Beine zu stellen. „Allen öffentlichen Institutionen sind jetzt aber die Hände gebunden“, bedauert das Mitglied des Kulturausschusses. „Wenn eine Einrichtung von Insolvenz bedroht ist, dürfen wir nicht mehr fördern – man kann keine Gläubiger mit Staatszuschüssen bedienen.“

Der ehemalige künstlerische Leiter des LTO als Regisseur bei den Burgfestspielen Vilseck: Till Rickelt gibt die Richtung vor bei den Proben zum Räuber Troglauer. Bild: Jürgen Herda

Oetzinger: „Wird professionelles Theater geben“

Wie schätzt Oetzinger die Chancen auf eine Rettung jetzt noch ein? „Mit der heutigen Antragstellung wird nun ein Insolvenzverwalter bestellt, der eine Prognose erstellen wird, ob er eine Perspektive sieht“, sagt er vorsichtig. „Ich habe mit Staatsminister Blume Gespräche geführt, und wir stehen jederzeit bereit, eine Initiative für professionelles Theater zu unterstützen.“ Gerade, was die künstlerischen Leistungen angeht, seien beide überzeugt, dass es einen Bedarf für ein professionelles Theater in der mittleren und nördlichen Oberpfalz gebe.

Nach dem Abgang des künstlerischen Leiters Till Rickelt vor zwei Jahren habe Alexander Schnell neue Impulse gesetzt: „Er hat meines Erachtens ein sehr gutes Programm aufgelegt“, sagt Oetzinger, „hat frischen Wind gebracht.“ Mit 23 Beschäftigten sei das LTO in dieser Form der größte Oberpfälzer Kulturbetrieb nach dem Stadttheater Regensburg. „Ich bin überzeugt, dass es irgendwann wieder ein professionelles Theater gibt“, schließt er zumindest ein Theatersterben aus. „Ich würde mir wünschen, dass es reibungslos weiterläuft.“

Auch wenn die Bühne jetzt erst einmal leer ist. Es soll nach dem Willen der Politik auch weiter professionelles Theater in der mittleren und nördlichen Oberpfalz geben. Symbolbild: Landestheater Oberpfalz

Stellungnahme des Landrats

„Am vergangenen Dienstag, den 29.10.2024“ hat Landrat Andreas Meier die bisherigen langjährigen Geldgeber des LTO zu einer gemeinsamen Strategiebesprechung ins Landratsamt Neustadt eingeladen. Es handelt sich hierbei um die Landkreise Tirschenreuth, Schwandorf, Neustadt/WN, die Kreisfreie Stadt Weiden, die Stadt Vohenstrauß und den Bezirk Oberpfalz. Ebenfalls anwesend waren MdL Dr. Stephan Oetzinger (der Freistaat Bayern bezuschusst das LTO in gleicher Höhe des kommunalen Anteils), LTO-Geschäftsführer Wolfgang Meidenbauer, der Vorstand der Stadtbühne Vohenstrauß Reinhard Kausler sowie Vertreter des Beirats des LTO.

Themen dieses Treffens sollten eigentlich die Finanzplanung für das Jahr 2025 sowie eine neue strukturelle Basis für das LTO sein. Die im Vorfeld durch den Geschäftsführer des LTO überlassenen Unterlagen zur finanziellen Situation und zu den zukünftigen Finanzplanungen sowie weitere relevante Unterlagen warfen jedoch massive Zweifel an der akuten Finanzlage und am Haushaltsplan 2025 auf.

Der Landkreis Neustadt/WN hat daraufhin eine Fachjuristin für Insolvenzrecht beratend hinzugezogen. Das Ergebnis dieser fachlichen Beratung war, dass anhand der vom LTO vorgelegten Informationen mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits eine Insolvenz eingetreten sein könnte. In Kenntnis dieser kritischen Lage dürfe deshalb auch keinerlei weitere Zahlung an das LTO durch die Kommunen geleistet werden, da man sich ansonsten ggf. sogar strafbar machen würde.

Diese neuen Erkenntnisse wurden den Teilnehmern durch Landrat Andreas Meier mitgeteilt. Es wurde sowohl dem Geschäftsführer des LTO, als auch dem Vorstand der Stadtbühne Vohenstrauß dringend angeraten, sich fachanwaltlich eingehend beraten zu lassen, um zum einen den tatsächlichen finanziellen Zustand des LTO, als auch evtl. gegebene persönliche Haftungsfragen fundiert abklären zu lassen.

Das Ergebnis dieser Prüfung dürfte nun der durch das LTO gestellte Insolvenzantrag sein. Der Landkreis Neustadt an der Waldnaab hat das LTO von Beginn an durchweg mit umfangreichen Zuschüssen unterstützt. Beginnend mit dem Jahr 2008 (damals noch Stadtbühne Vohenstrauß) mit einem Betrag von 15.000 Euro pro Jahr hat sich diese Zuwendung inzwischen auf einen jährlichen Zuschuss von 197.500 Euro im Jahr 2023 gesteigert. Für das kommende Jahr wäre sogar ein Betrag von über 200.000 Euro eingeplant gewesen.

In Summe betragen diese insgesamt an das LTO bzw. die Stadtbühne geleisteten Zuschüsse bis dato knapp 1,4 Millionen Euro. Als mit Abstand größter, kontinuierlicher kommunaler Zuschussgeber bedauern wir die nun eingetretene Situation natürlich zutiefst. So wie sich die akute Lage jedoch darstellt, bestand zum jetzigen Zeitpunkt bereits keinerlei Möglichkeit mehr, das LTO von kommunaler Seite her zu retten.

Wie sich die Zukunft des LTO oder einer wie auch immer gearteten Nachfolgestruktur gestaltet, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Dem Landkreis Neustadt/WN war und ist die Kultur jedoch nach wie vor ein wichtiges Anliegen, ebenso wie allen anderen Zuschussgebern.“

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