Haushalt 2023: Weidener SPD warnt trotz Krise vor Stillstand und fordert zum Handeln auf

Weiden. Als Balanceakt sieht die SPD-Stadtratsfraktion den Etatentwurf der Stadt. „Es ist ein Haushalt in der Krise gegen die Krise“, sagte Fraktionssprecher Roland Richter im Pressegespräch am Donnerstag.

„Starke Städte handeln in der Krise 2.0“ – unter dieser Überschrift sehen SPD-Fraktionssprecher Roland Richter (links) und sein Kollege Florian Graf den Haushalt der Stadt. Foto: Ann-Marie Zell

Der Haushalt der Stadt Weiden jagt von Rekord zu Rekord. Mit 195.316.920 Euro im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt knabbert das Zahlenwerk knapp an der 200-Millionen-Euro-Grenze und liegt damit so hoch wie nie. Eine andere Zahl dürfte Verwaltung und Politik aber mehr Sorge bereiten: Erstmals dürfte der Schuldenstand Ende kommenden Jahres mehr als 100 Millionen Euro betragen. Exakt 104,7 Millionen Euro hat die Verwaltung errechnet. Deshalb sehen die Sozialdemokraten keinen Spielraum für weitere Großprojekte außer den Schulen.

„Nicht unantastbar“

An der Zahl 100 Millionen dürfte sich der Stadtrat noch einigermaßen reiben, erinnerte Roland Richter bei dem Gespräch in den Fraktionsräumen an eine alte Mahnung der CSU, diese „magische Grenze“ nicht zu überschreiten. Der SPD-Fraktionschef sieht die Zahl allein als nicht so dramatisch: „Das ist keine unantastbare Grenze.“ Bedenklicher sei, dass man zwar die Mindestzuführung erreiche, aber über keine freie Finanzspanne mehr verfüge.

„Wir sind uns der schwierigen Lage bewusst. Wir sind an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit angelangt“, betonte Richter. Dennoch dürfe die Stadt jetzt nicht stillstehen und müsste vernünftig in die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Weiden investieren.

Nicht viel Neues gibt es in der Frage eines Gewerbegebiets. Hier setzt die SPD auf eine interkommunale Fläche, die auch auf Landkreisgebiet entstehen könne. „Hauptsache Arbeitsplätze“, meinte Richter. Kreisfreie Städte wie Weiden hätten es insgesamt schwerer als Landkreise. „Wir haben weit weniger Flächen, aber zum Beispiel 18 Schulen“, erklärte SPD-Finanzexperte Florian Graf und erneuerte eine alte Forderung, dass der Unterhalt der Schulen unbedingt Ländersache sein müsste.

Der Neubau der Hans- und Sophie-Realschulen soll nun als Investorenmodell in lediglich 18 Monaten durchgezogen werden. Foto: OberpfalzEcho

142 Millionen Euro Investitionen

Richter und Graf zu den Gesamtinvestitionen von 142 Millionen Euro: „Das sind alles Dinge, die wir machen müssen.“ Zum Beispiel die Sanierung der Pestalozzi- (43 Millionen Euro) und der Neubau der Realschule (60 Millionen Euro) sowie 20 Millionen Euro für den Erhalt von Straßen, Wegen und Brücken im Stadtgebiet.

Als unnötig und sehr ärgerlich bezeichnete der SPD-Fraktionssprecher die Verzögerung beim Projekt Realschule. „Hätte sich der Stadtrat schon vor Jahren für den Neubau entschieden, hätten wir Millionen gespart.“ Als Beispiel zog er den nur 14 Millionen Euro teuren Bau der FOS heran. „Durch die hohen Zinsen und die explodierenden Baupreise sprechen wir bei der Realschule jetzt von 60 Millionen Euro. Nur weil einige Stadträte dem Kurt Seggewiß keine zweite Schule gegönnt haben“, wollte sich Richter einen Seitenhieb auf die damaligen politischen Mitbewerber nicht verkneifen.

Kein Bauantrag seit Juni

Roland Richter erklärte, dass man als Überschrift über den Haushalt 2023 das Motto „Starke Städte handeln in der Krise 2.0“ gewählt habe. In Abwandlung zum gleichen Titel aus dem Finanzkrisenjahr 2009. Die Kommune müsse trotz oder gerade wegen der Krise selbst aktiv werden und sozusagen als Vorbild und Anschieber für seine Bürger und Bürgerinnen fungierten. „Wenn wir nichts tun, tut auch sonst niemand was.“ Als Beispiel nannte Richter die Tatsache, dass seit Juni kein privater Bauantrag mehr bei der Stadt eingegangen sei.

Skateboard Skate Contest JUZ Jugendzentrum Weiden Skatepark OberpfalzECHO David Trott
Der Skatepark beim JUZ ist ein Riesenerfolg. Nach dessen Vorbild wurde auch ein Dirtpark realisiert. Foto: David Trott

Einsparpotenziale nutzen

Unaufschiebbare Investitionen und hohe Schulden – ein Widerspruch? Richter relativiert: „Natürlich müssen wir sparen. Dort, wo es sinnvoll und möglich ist.“ Er sieht vor allem beim kontinuierlich wachsenden Defizit von Keramikmuseum und Musikschule oder bei den Ausgaben für das Bürgerfest Einsparpotenzial. Für überflüssig hält Richter auch einen Blackout-Plan („reine Panikmache“). Außerdem hält die SPD den Ansatz von drei Millionen Euro für Grundstückskäufe zu hoch. „Da es ohnehin nicht so viele Flächen zu kaufen gibt, könnte man hier locker 500.000 Euro für den Ausbau weiterer PV-Flächen auf städtischen Gebäuden abzwacken.“

Der Etatentwurf der Stadt beinhaltet nach Meinung Richters eine große Unsicherheit: Es ist keine Energiekostensteigerung enthalten. „Hier wäre ein höherer Ansatz nötig gewesen.“ Eventuell sei für diesen Posten später sogar ein Nachtragshaushalt erforderlich.

Positive Nachrichten

Es gibt aber auch Positives zu berichten vom Etat der Stadt. So bleiben die Steuereinnahmen mit circa 25 Millionen Euro „überraschend stabil“ und auch der aktuelle Haushalt 2022 bewege sich im Plus. Richter: „Wir haben auch mit 28.800 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Stadt ein Allzeithoch erreicht.“

Erstaunlicherweise habe man auch die Corona-Pandemie gut überstanden, erklärte Florian Graf. Neben den ohnehin geplanten und nötigen Investitionen hat die SPD auch einen kleinen Wunschzettel für das kommende Jahr, den sie teilweise auch schon durch Anträge im Stadtrat formuliert hat: Eine PV-Anlage auf der Realschul-Sportstätte, die Sanierung der 60 Spielplätze („Vielleicht weniger, dafür besser und barrierefrei“), einen Dirtpark im Wittgarten oder auf dem DJ-Gelände nach der „fantastischen Erfahrung mit dem Skatepark“ (Graf) und den Start des Projekts „Barrierefreie Innenstadt“.

SPD wird zustimmen

Richter und Graf sind sich sicher, dass der Haushalt im Stadtrat mit einer „ganz, ganz großen Mehrheit“ verabschiedet werde. „Der Etat ist zwar auf Kante genäht und in Teilen diskutabel, aber prinzipiell ist das Zahlenwerk ausgeglichen und beinhaltet gezielte Investitionsschwerpunkte im Bereich Schulen, moderne Verwaltung und soziale Infrastruktur.“ Die SPD werde dem Haushaltsentwurf 2023 sicher zustimmen.

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