Interview: Markus Engelstädter über Berufsverbot, Wünsche und die “Zeit danach”

Nordoberpfalz. Was treibt eigentlich Markus Engelstädter während der Pandemie? Shows vor vollen Publikumsrängen kann der Vollblutmusiker aktuell leider keine bieten. 

Markus Engelstädter liebt die Bühne und für seine Fans zu singen. Bild: Peter Gattaut.

OberpfalzECHO: Die Corona-Pandemie hält uns fest im Griff. Als Musiker hast du ja quasi Berufsverbot. Wie gehst du damit um? 

Markus Engelstädter: Tja, ehrlich gesagt verändert die Pandemie derzeit mein komplettes Leben. Wir Künstler befinden uns seit 16.3.20 im Lockdown, seitdem gab es für uns keinerlei Lockerungen. Mein Musikerleben bestand 2019 aus 100 Live-Konzerten, das heißt ich war über 200 Tage unterwegs. 2020 stand eigentlich ein ereignisreiches Konzertjahr an – 130 Konzerte waren gebucht, gespielt habe ich davon 14 Konzerte.

Dieser Einbruch war enorm und in meiner 20-jährigen Künstler-Karriere noch nie so da gewesen. Von einem Tag auf den anderen nicht mehr auf der Bühne stehen zu können, war erst mal brutal, natürlich auch finanziell. Wenn dir das Herzstück deines Musikerlebens genommen wird – damit meine ich auf der Bühne für Menschen zu singen, mit ihnen zu interagieren, das Publikum und die Emotionen zu spüren – dann macht das etwas mit dir, das man nur schwer in Worte fassen kann. Es ist eine Leere entstanden, die man nicht einfach mal so ersetzen kann. Aber es liegt nicht in meiner Natur zu jammern, sondern die Situation anzunehmen, das Beste daraus zu machen und neue Perspektiven zu schaffen.

OberpfalzECHO: Was würdest du dir als Musiker und Künstler von unserer Regierung in naher Zukunft wünschen?

Markus Engelstädter: Es gibt leider einen Punkt, der sich in den letzten Monaten herauskristallisiert hat und mich sehr nachdenklich gemacht hat. Kultur hat ein Wahrnehmungsproblem. Die Gesellschaft, aber auch die Politik nimmt Kultur als „gegeben“ hin und wird dadurch oft in die Kategorie „Freizeitunterhaltung“ gedrängt. Ich sehe das komplett anders: Kultur ist Bildung!

Es wäre mehr als wünschenswert, den Künstlern seitens der Regierung die dementsprechende Akzeptanz und Wertschätzung entgegenzubringen. Der erste Schritt wäre, die versprochenen Künstlerhilfen zügig auszuzahlen und nicht erst Monate später. Viele Kollegen stehen vor dem finanziellen Aus. Ich persönlich lebe derzeit noch von meiner Altersvorsorge, die ich mir in den letzten Jahren hart erarbeiten musste. Aber auch die wird in der nächsten Zeit leider bald aufgebraucht sein.

OberpfalzECHO: Vorausgesetzt 2021 wird es wieder Konzerte geben, auf welche Projekte und bevorstehende Events in der Oberpfalz können sich deine Fans freuen?

Markus Engelstädter: Es sind einige tolle Konzerte geplant, u.a. die „Queen Classic Night” mit der Vogtland Philharmonie aber auch das Konzert „Stand by us“. Dieses Konzert hat (noch) kein Datum, das heißt, es wird erst stattfinden, wenn es keine Corona-Auflagen mehr gibt. Tickets sind ab sofort erhältlich. Wir werden sehen, was 2021 corona-bedingt umsetzbar ist.

OberpfalzECHO: Was vermisst du in dieser ungewöhnlichen Zeit am meisten? Was hast du mit der freien Extra-Zeit angefangen, was unter normalen Umständen auf der Strecke geblieben wäre? 

Markus Engelstädter: Natürlich vermisse ich die Bühne, aber auch meine sozialen Kontakte zu meinen Freunden. Ein Glas Wein zusammen trinken, sich unterhalten und einen schönen Abend verbringen, fehlt mir schon sehr. Aber die Pandemie bringt auch Zeit für viele Dinge, die ich in einem normalen Konzertjahr wahrscheinlich nicht schaffen würde: Ich bin derzeit sehr umtriebig und arbeite an mehreren Projekten, unter anderem erarbeite ich mit einem befreundeten Arzt ein Buch über Gesang, produziere mit meinem Pianisten Bernd Meyer ein Album, arbeite mit einem Freund an einem Ticketportal, organisiere das “Stand by us”-Konzert aktiv mit und baue zuhause mein Tonstudio. Aber ehrlich gesagt, ist das schönste, einfach einmal Zeit mit der Familie zu verbringen.

OberpfalzECHO: Nur jeweils ein Satz bitte zu: Politik, Religion und Liebe.

Markus Engelstädter: Politik ist nie einfach, aber wichtig – gerade jetzt! Wir leben in einem tollen Land, lasst uns das nicht vergessen. Religion bedeutet für mich Liebe und Respekt gegenüber allen Menschen, egal welcher Hautfarbe, Herkunft oder Geschlecht. Leider fühle ich mich da derzeit in meiner Kirche nicht sehr gut aufgehoben. Ohne Liebe ist alles nichts.

OberpfalzECHO: Welche Botschaft oder Lebensphilosophie in dieser schweren Zeit willst du deinen Fans mit auf den Weg geben?

Markus Engelstädter: In dieser außergewöhnlichen Zeit wünsche ich uns allen sehr viel Durchhalte-Vermögen, Kraft und positive Energie. Ich bin mir sicher, es kommen wieder andere, bessere Zeiten. Miteinander schaffen wir es. Bleibt gesund und wir sehen uns bald wieder!

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