Jahn in der Relegation gegen Wehen Wiesbaden: Wer zittert sich in die Zweite Bundesliga?
Regensburg. Ein Spiel zahnloser als das vorhergehende: Woher soll der SSV Jahn in der Relegation das Selbstvertrauen nehmen, um doch noch den Wiederaufstieg in die lukrative Zweite Bundesliga zu schaffen? Vielleicht aus der vergleichbaren Sieglosserie von Wehen Wiesbaden?
Die Fakten sind bekannt: In der Hinrunde zündete der SSV Jahn völlig unerwartet trotz Total-Umbruchs eine Raketenserie – zehn Siege in Folge katapultierten die Regensburger mit 42 Punkten und bis zu 12 Punkten Vorsprung auf einen Nichtaufstiegsplatz an die Spitze der Dritten Liga.
Was dann folgte, ist sogar für Oberpfälzer Verhältnisse, wo starke Hin- und schwache Rückrunden schon Tradition sind, ein Novum. Die Bilanz nach der Winterpause als Rohrkrepierer zu bezeichnen, wäre noch Schönfärberei. 21 Punkte aus 19 Spielen bedeuten Platz 18 der Rückrundentabelle.
Ein Punkt aus drei Endspielen
Und so sehr Jahn-Trainer Joe Enochs und Sportchef Achim Beierlorzer auch die Rückkehr zu den Erfolgstugenden der Hinrunde beschworen, vor jedem weiteren Versuch versprachen, dass die Mannschaft alles reinwerfen würde: Nicht nur die Ergebnisse blieben aus, auch die Leistungen wurden immer verkrampfter.
Zum Schluss schafften es die Regensburger, aus zwei Auswärtsspielen beim abgestiegenen Tabellenletzten Freiburg II und der harmlosen Viktoria aus Köln sowie dem vermeintlichen Endspiel um den direkten Aufstieg gegen Saarbrücken gerade noch ein Pünktchen mitzunehmen – zwei Siege hätten gereicht, aber davon war der SSV so weit entfernt wie Bayern von der Meisterschaft.
Keeper Stritzel: „Sonst wären wir nicht da unten“
Aber auch der SV Wehen Wiesbaden muss einen Negativlauf von zehn sieglosen Pflichtspielen in Folge stoppen. „Die sind heiß“, glaubt Wiesbadens Torwart Florian Stritzel vom Jahn. „Die wissen, die haben eine erfolgreiche Saison gespielt.“ Im Gegensatz zum SVWW. „Sonst wären wir nicht da unten.“ Nun ja, heiß laufen dürften in Regensburg allenfalls die Überlegungen der Verantwortlichen, wie man die 11 plus x jungen Männer in Rot-Weiß bis Freitag, 20.30 Uhr, wieder halbwegs wettbewerbsfähig hinbekommt – am kommenden Dienstag, 28. Mai, gleiche Zeit, schlägt beim Rückspiel endgültig die Stunde der Wahrheit.
Für einige düstere Minuten am Sonntag schien für SVWW-Trainer Nils Döring bereits „game over and out“ zu drohen: „Ein Wechselbad der Gefühle“, sagt der Coach, den Bundesliga Schiri Deniz Aytekin im letzten Heimspiel gegen St. Pauli nach dessen Flaschen-Kick überhart mit einer Roten Karte auf die Tribüne schickte. Wie in der Endphase gegen St. Pauli wird wohl auch in Regensburg Co-Trainer Giuliano Modica an der Seitenlinie dirigieren. Nach der frühen Führung der Hessen hatte ausgerechnet der Ex-Regensburger Andreas Albers mit seinem Ausgleichstreffer für die Paulaner bei gleichzeitiger Führung von Rostock die Hessen an den Rand des Abgrunds geschossen.
SVWW-Kapitän will Relegations-Triple
In dieser 51. Minute am Sonntagnachmittag gegen 16.41 Uhr schien das Pfingstwunder dem SSV Jahn auch noch den kurz vor dem vergangenen Zweitliga-Schlussspurt geschassten Ex-Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic und dessen Hansa Rostock zu bescheren. Da aber am Ende sowohl Wehen als auch die Hanseaten mit 1:2 verlieren sollten, kam es dann doch anders – auch wenn das Zittern in der Brita-Arena noch lange, bange Minuten nach Abpfiff andauerte. Rostocker Pyro-Chaoten sorgten im Ostsee-Stadion für eine fast halbstündige Unterbrechung.
So treffen am Freitag zwei Teams aufeinander, die beide seit Wochen auf Siegesentzug sind: „Es wird sehr eng“, glaubt deshalb der SVWW-Keeper. Und auch in puncto Relegation schenken sich die beiden Mannschaften nichts. Im vergangenen Jahr setzten sich die Hessen klar mit 4:0 und 2:1 gegen Arminia Bielefeld durch. „Relegation können wir“, sagte Mittelfeldspieler Gino Fechner nach St. Pauli, „da haben wir auch alle Bock drauf.“ Kapitän Sascha Mockenhaupt, der 2019 und 2023 mit dem SVWW in die 2. Liga aufstieg, ergänzt: „Ich freue mich, wenn ich meine Serie ausbauen kann.“
Schafft der Jahn das Relegations-Quadrupel?
Aber daran sollte es auch beim SSV Jahn nicht scheitern, der alle Relegationsduelle der vergangenen Jahre gegen zum Teil hohe Favoriten für sich entscheiden konnte: Ob gegen den KSC mit Oli Heins singulärem Traumtor, gegen Wolfsburg II oder gegen 1860 – am Ende feierten die Regensburger. Für eine der beiden Mannschaften endet Ende Mai freilich definitiv das Relegationsglück.
Deshalb beschwört Jahn-Trainer Joe Enochs erneut das Gesamtbild: die zu Beginn unerwartet schnelle Entwicklung der neu zusammengewürfelten Mannschaft, die famose Serie. Klar wünscht sich der sonnige Kalifornier auch eine positive Würdigung: „Wir hören immer diese Negativität, ich glaube, Saarbrücken würde gerne mit uns tauschen.“
Es geht nicht nur um die Ehre
Aber nur, wenn der SSV nach sechs sieglosen Schritten, jetzt auch mal wieder zwei in die richtige Richtung macht – schließlich brächte der Aufstieg dem Jahn eine Verdoppelung des Umsatzes ein. Eine Bescherung, um die nächste Saison außer den Absteigern Rostock und Osnabrück auch die giftigen Dresdener, die grollenden 60er, die finanzstarken Sandhäuser und der ein oder andere Aufsteiger mitmischen wollen, die es dem Durchmarsch von Ulm und Münster gerne gleichtäten.
„Wir müssen uns das Selbstbewusstsein aus der Hinrunde zurückholen“, fordert Enochs. Aber wie? „Ich werde mit dem Trainerteam vorangehen und versuchen, die Köpfe freizubekommen“, erklärt der Trainer. „Wir müssen die Chance in diesen Spielen erkennen – wir haben eine gute Mannschaft, das müssen wir unter Beweis stellen.“
Stimmen vor dem Doppelpack: „180 Minuten alles geben“
Jahn-Vize-Kapitän Bene Saller, im Hinspiel Gelb-gesperrt: „Es tut extrem weh, dass wir unseren Fans nichts zurückzahlen konnten. Die Unterstützung der Fans ist die ganze Saison über top. Wir müssen uns jetzt in den nächsten beiden Spielen am Riemen reißen. Wir haben eine große Chance, müssen dafür aber positiv nach vorne schauen. Trotzdem kommen wir nicht drumherum, Dinge anzusprechen. Jeder im Team will aufsteigen, doch es gehört mehr dazu.
Über 90 Minuten müssen wir brennen. Das war mir in den letzten Wochen zu wenig vorhanden. Ich versuche der Mannschaft von der Bank aus zu helfen, aber es tut sehr weh, nicht auf dem Platz dabei zu sein. Unsere Fans haben das Motto ausgegeben: 180 Minuten alles geben, so müssen wir das angehen. Mit unseren Fans wollen wir eine große Einheit werden.“
Keeper Felix Gebhardt: „An der Leistung der zweiten Hälfte müssen wir uns jetzt hochziehen. Es geht direkt weiter. Das werden zweimal 90 Minuten, in denen wir alles rausfeuern müssen. Mit einer ähnlichen Unterstützung durch unsere Fans wie am Samstag bin ich positiv gestimmt.
Wir wollen in beiden Spielen alles geben, dann werden wir sehen, was am Ende rauskommt. Jetzt ändert sich die Konstellation, es geht nicht mehr um Punkte, sondern um den Aufstieg. Wir werden alles daransetzen, die beiden Spiele positiv zu bestreiten.”
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