[Aktualisiert] Jahn in der Relegation in Wehen: Die Oberpfalz ist wieder Zweite Bundesliga
Wiesbaden. Wahnsinns-Psycho-Thriller in Wiesbaden. Der SSV Jahn ackert sich auf dem direkten Weg nach nur einem Jahr Dritte Liga in die Zweite Bundesliga.
Der emotionalste Moment nach dem Spiel: Regensburgs Aufstiegstrainer Joe Enochs kann nicht weitersprechen, als er an den tragischen Tod von Jahn-Stürmer Agy Diawusie erinnert. Dafür übernimmt einer der Siegtorschützen. Konrad Faber beschreibt die „pure Freude bei unseren Fans“, mit denen das euphorisierte Team des SSV Jahn nach dem Abpfiff enthusiastisch feiert und widmet den Aufstieg einem ganz besonderen Freund.
„Wir haben das heute geschafft für Agy“, sagt Faber, der leider gleichzeitig seinen Abgang andeutet. „Ich bin sicher, dass er da oben sitzt, dass er runterschaut – wir haben uns auf ihn eingeschworen, der Sieg, der gesamte Aufstieg, das ist alles für Agy.“
Tiefschlag vor dem Pausenpfiff
Für alle, die es an diesem Dienstagabend mit den Oberpfälzern halten, ist es ein quälend langer Abend – mit perfekt gesetzten Wirkungstreffern der Regensburger zum exakt richtigen Zeitpunkt. Wie im Hinspiel hat zwar der Zweitligist meistens den Ball, sorgt damit aber kaum für Gefahr. Die Regensburger beschränken sich auf zwei, drei Torannäherungen, sorgen schon dabei aber für mehr Gefahr als der SV Wehen Wiesbaden in der gesamten ersten Halbzeit.
Die Schlüsselszene des Spiels dann Sekunden vor dem Halbzeitpfiff: Das erste Mal startet Konrad Faber zu einem seiner gefürchteten Speedy-Gonzalez-Sprints auf der rechten Außenbahn, bringt die Flanke exakt auf Dominik Kother, der die Kugel per Köpfchen versenkt, 0:1 (46.), Tiefschlag für die Gastgeber mit dem Pausenpfiff.
Statt Kölner Keller, der Konter im Gegenzug
Und es kommt noch schlimmer für den 16. der Zweiten Liga: Fast mit dem Wiederanpfiff die große Ausgleichschance für Wiesbaden – bevor sich Ivan Prtajin den Abpraller von Jahn-Keeper Felix Gebhardt schnappen kann, bringt ihn ein Schubser von Oscar Schönfelder aus dem Gleichgewicht. Während alle auf den Elferpfiff warten oder zumindest die Überprüfung der Szene im Kölner Keller, lässt der Stuttgarter Bundesliga-Referee Martin Petersen die Partie weiterlaufen.
Der Jahn spielt weiter, Konter über Dominik Kothers linke Seite, zwei, drei Haken, Heber auf Faber, der mit rechts durch die Beine von SVWW-Torwart Florian Stritzel zum 0:2 einnetzt (47.). Die Wiesbadener Spieler und Zuschauer können es kaum fassen, warten immer noch auf ein Signal des Video-Schiedsrichters. Aber Pustekuchen, der Treffer zählt, Petersen pfeift das Spiel erneut an.
Wiesbaden nach dem 0:2 on Fire
Wehen-Wiesbaden ist jetzt on Fire: Mit Schaum vorm Mund wollen sie den Anschluss. Regensburg beschränkt sich fast nur noch aufs Verteidigen mit Zähnen und Klauen, kommt zuletzt am Zahnfleisch daher. Immer wieder fliegen Flanken über rechts in die Mitte. Robin Heußer schickt rechts den durchstartenden Amar Catic, der vor Louis Breunigs Grätsche ins Zentrum flankt – und da ist die Lücke, Ivan Prtajin köpft unhaltbar zum 1:2 (81.) ein.
Vergeblich wartet man auf die Auswechslung von Schönfelder, der nicht nur mit seinem Schubser fast den Ausgleich provoziert hätte, von dessen Seite die Flanke zum Gegentreffer kommt und der nach einer sinnfreien Unsportlichkeit auch Gelb-Rot gefährdet ist. Auch die Einwechslung des spritzigen Jungspunds Max Meyer für Noah Ganaus, der außer der Vorlage zum entscheidenden Konter kaum Ballkontakte hatte und trotz seines Gardemaßes so gut wie keinen der hohen Bälle festmachen kann, bleibt aus.
Joe Enochs behält sich die Wechsel für die siebenminütige Nachspielzeit vor. So müssen die Oberpfälzer nach dem Anschlusstreffer noch 26 bange Minuten überstehen – dann brechen alle Dämme. Enttäuschte Wiesbadener Fans rasten aus, die Regensburger feiern.
Stimmen zum Spiel
Jahn-Trainer Joe Enochs: „Wir haben eine Halbzeit im Hinspiel sehr gut gespielt und als wir die Rückschläge bekamen, waren wir in der Lage zurückzukommen. Das hat mir viel Mut gegeben. Dominik Kother ist ein Ausnahmespieler, ich bin froh, dass er auch noch diese Defensivarbeit mitmacht.
Die Mannschaft nimmt aber auch jeden hier auf. Dome ist ein super Typ und das Team ist in der Lage, mit Bene, mit Konny, mit Grille solche Typen mit einzubauen. Den Tod von Agy habe ich immer noch nicht verarbeitet. Es ist immer noch schwer, darüber zu sprechen. Die Jungs haben das Motto ,Team first‘ jeden Tag gelebt, Agy bleibt ein Teil von uns.“
Jahn-Torschütze Konrad Faber: „Wahnsinn, ich bin so happy, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Ich glaube kurz vor der Halbzeit ist immer so ein Punkt, wo man den Gegner trifft. Und auch in der zweiten Halbzeit, der schnelle Konter. Wer uns in dieser Saison ein wenig verfolgt hat, weiß, dass es immer noch eng werden kann. Wir haben 3:0 in Sandhausen geführt, und dann noch 6:3 verloren. Wenn eine Mannschaft mit Wucht vor so einer Kulisse anläuft, wird’s schwer.
Deshalb bin ich unheimlich stolz auf unsere Innenverteidiger, was die heute rausgeköpft haben. Am Schluss war das die pure Freude bei unseren Fans. Wir haben das heute geschafft für Agy. Ich bin sicher, dass er da oben sitzt, dass er runterschaut – wir haben uns auf ihn eingeschworen, der Sieg, der gesamte Aufstieg, das ist alles für Agy.“
Jahn-Keeper Felix Gebhardt: „Ich war bei meiner Frau draußen vor dem Stadion, um das ein wenig zu genießen. Um ehrlich zu sein, keine Ahnung, ich weiß noch gar nicht, was in mir vorgeht. Ich hatte heute das Gefühl, dass wir vielleicht den Anschlusstreffer bekommen, aber nicht den Ausgleich. Wie wir heute gekämpft haben, das erinnert mich ein wenig an das WM-Finale 2014, wo Basti Schweinsteiger daliegt, mit 14 Cuts.
Wahnsinn, einmal hatte ich noch Eierflattern, als wir die Chance zum 3:1 liegenlassen, aber zum Schluss haben wir alles wegverteidigt. Ich bin da während des Spiels so im Tunnel, im Fokus, da kann hinter mir, keine Ahnung was, passieren. Ich geh’ mal schwer davon aus, dass ich heute noch sehr lange anzutreffen bin in Regensburg – das wird eine lange Nacht, jeder ist herzlich eingeladen.“
SVWW-Trainer Nils Döring: „Das ist halt das Momentum, wenn du das 1:0 in der 46. Minute bekommst, dann das 2:0, wo man zuvor auch einen Elfmeter mindestens bekommen könnte. Wir sind letztes Jahr aufgestiegen, jetzt geht’s wieder in die Dritte Liga. Wir sind ein Verein, der sehr familiär ist, die halten immer zu uns. Jetzt geht es darum, die Jungs aufzurichten und auf die neue Saison vorzubereiten. Wir haben bewusst die Relegation abgewartet, bis wir weitere Entscheidungen treffen.“
SVWW-Präsident Markus Hankammer: „Wir haben wieder eine Elfmeterentscheidung, die man auch anders pfeifen kann. Das zieht sich schon etwas länger durch die Saison. Vor allem in der Rückrunde, wo wir auch die Leistung nicht brachten, aber auch das Spielglück fehlte. Das ist jetzt sehr schade für die Stadt. Gerade zum 100-jährigen Jubiläum 2026 hätten wir uns das anders gewünscht.
12 Spiele ohne Sieg hat nur einmal Würzburg schlechter hinbekommen. Aber auch Regensburg hat die Rückrunde als 18. abgeschlossen. Wir haben eigentlich die Qualität, haben sie aber auf dem Platz wieder nicht gezeigt. Die Analyse, die wir jetzt vornehmen, wäre auch gekommen, wenn wir in der Zweiten Liga geblieben wären. Es gibt ein Gesamtbild, da muss sich jeder hinterfragen. Unsere Kaderstruktur steht, sowohl für die Zweite als auch die Dritte Liga. Es gibt nur zwei, drei, die uns verlassen können.“
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