Jahn in Liga 2: Laufen wie Ulms Duracell-Spatzen für einen Punkt in Paderborn

Paderborn. Der SSV Ulm hat es vorgemacht. Mit imposanter Laufleistung entführten die Spatzen einen Punkt beim Tabellenvierten. Beim SC Paderborn will der SSV Jahn wie gegen Kaiserslautern vor allem das eigene Tor verrammeln. Ob das am Freitag, 18.30 Uhr, gegen den 13-Tore-Sturm reicht?

Mehr als Krämpfe war für die Paderborner beim letzten Gastspiel in Regensburg nicht zu holen. Bild: jrh

Da braut sich was zusammen in der Paderborner Home-Deluxe-Arena. Nicht nur wegen des Dauerregens in Ostwestfalen-Lippe. „Die Mannschaft hat einfach eine viel zu gute Mentalität“, schwärmt SC-Trainer Lukas Kwasniok. „Sie sehen das ja auch in der Vorbereitung, in der Länderspielpause, da ist einfach kein fauler Sack dabei.“

Es sei ein Vergnügen, mit diesen Jungs zu arbeiten: „Die werden am Freitag rausgehen und die Rahmenbedingungen so annehmen, wie sie sind – vielleicht auch einen tiefen Platz durch den Regen.“ Da gebe es keine Ausreden: „Die werden marschieren, werden sprinten, werden laufen, werden verteidigen, werden angreifen.“ Kein laues Lüftchen wie vom 1. FC Kaiserslautern beim 0:0 am vergangenen Samstag in der zweiten Hälfte.

Vielmehr ein Tornado mit dem Wirbelwind Filip Bilbija, der beim 2:2 gegen den HSV im Volksparkstadion doppelt traf und sein Torkonto auf fünf Treffer hochschraubte. Was ein 2:2 in Hamburg wert ist, weiß Jahn-Trainer Joe Enochs genau einzuschätzen. Schließlich gingen die Regensburger am gleichen Ort beim 0:5 kläglich unter: „Paderborn hat noch nicht verloren, gerade beim letzten Auswärtsspiel in Hamburg – wir wissen, wie schwer es ist, dort zu bestehen.“

Mit Ulmer Tugenden

Wie man in Paderborn bestehen kann, dafür lieferte wiederum der SSV Ulm, der seinerseits im Jahn-Stadion Regensburgs einzigen Dreier bescherte, eine brauchbare Blaupause: Die schwäbischen Spatzen hielten die Ostwestfalen mit deren eigenen Tugenden in Schach und brachten damit Paderborns Trainer in Rage. Was der freilich inzwischen relativiert: „Der Mensch verliert in der Emotion auch so ein bisschen seine Intelligenz – davor ist der Trainer auch nicht gefeit.“

Dass Kwasniok nach dem Remis gegen den Aufsteiger nicht „super zufrieden“ war, kann er inzwischen verschmerzen: „Wenn man sich die Laufleistung von Ulm anschaut, die in jedem Spiel drei bis viel Kilometer mehr laufen als jeder andere Gegner, relativiert das alles andere.“ Gerade, weil seine eigene Mannschaft selbst immer fleißig sei. „Wir konnten das zu diesem Zeitpunkt nur nicht richtig einordnen, dass Ulm immer in der Lage ist, extrem viel zu laufen – nicht immer die allerschnellsten, intensivsten Läufe, da sind wir ganz weit vorne.“

Ulms Marathonläufer

In dieser Disziplin können sich die Regensburger eine dicke Scheibe von den Vornamensvettern abschneiden: Liegt der SSV Ulm mit knapp 840 Kilometern an der Spitze, Paderborn mit 821 Kilometern auf Platz 4 – so rangieren die Oberpfälzer mit 781 Kilometern auf dem vorletzten Platz, gefolgt nur vor den fauleren Franken vom Club mit 779 Kilometern.

Sicher spiegeln Statistiken nur einen Teil der komplexeren Wirklichkeit wider. Dennoch spricht wenig dafür, dass man den Qualitätsunterschied zu den Spitzenteams durch weniger Laufbereitschaft ausgleichen kann. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn der SSV Jahn in der Folge mit 1:16 Toren auch in dieser Kategorie das Schlusslicht bildet – und Ulm mit ähnlichen Voraussetzungen wie die Oberpfälzer mit 9:9 Toren immerhin Platz 12 belegt.

Jahn-Trainer Joe Enochs versucht an der Außenlinie seine Jungs gegen Kaiserslautern in die Spur zu bringen. Foto: jrh

Siege mit vier Gegentoren eher unwahrscheinlich …

Der Jahn-Coach ist nach dem torlosen Remis gegen Kaiserslautern dennoch optimistisch: „Auch vor dem Spiel war ich sehr zuversichtlich, dass wir unsere Probleme in den Griff bekommen.“ Dass man zu null gespielt habe, sei der „konzentrierten Defensivleistung, einer neuformierten Dreier- oder Fünferkette“ zu verdanken – die jungen Wilden Poldi Wurm und Brian Hein hätten „eine sehr aggressive, gute Leistung“ gezeigt.

Natürlich sieht auch Enochs, dass es nach vorne eher wenig Erbauliches zu bestaunen gab: „Dass wir torgefährlich werden, dass wir unsere Torchancen nutzen müssen, das wissen wir selber.“ Aber der erste Schritt sei eben gewesen, „zu null zu spielen, unser Tor sauber zu halten – das war eine gute Mannschaftsleistung“ im Vergleich zu den Pleiten mit drei, vier Gegentoren: „Da haben wir kaum eine Chance, das Spiel zu gewinnen, deswegen war das die Grundvoraussetzung.“

Platzt bei Pröger der Knoten?

Wieder mit in der Stammelf dürfte Jahn-Neuzugang Kai Pröger stehen, der 108 Partien für den SC Paderborn bestritt und dort unter Kultkappen-Trainer Steffen Baumgart zum Bundesligaspieler avancierte. In seiner Paderborner Ära erzielte Pröger der rechte Schienenspieler 14 Tore – eines   davon beim 1:1 gegen den SSV Jahn in der Saison 2021/22. Wird Zeit, dass er auch für seinen neuen Verein zuschlägt.

„Wenn Kai so spielt, wie er letzte Woche gespielt hat“, lobt Enochs, „dann führt kein Weg an ihm vorbei.“ Obwohl er einen sehr schweren Gegenspieler gegen sich hatte, habe er den komplett aus dem Spiel genommen. „Natürlich muss er aus dieser Position für Offensivaktionen etwas weitere Wege gehen, aber das macht er.“ Zwei, drei gute Aktionen nach vorne habe Enochs auf dem Zettel stehen.

Kwasniok: Sterben muss man, gewinnen nicht

SC-Coach Lukas Kwasniok ist clever genug, den Tabellenletzten nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: Eine komplexe Ausgangsposition nennt er es, weil die Erwartungshaltung sei, dass man gegen eine Mannschaft, die nicht so gut gestartet sei, gewinnen müsse. „Das Einzige, was man aber im Leben muss, ist irgendwann die Erde zu verlassen.“ Alles andere sei lediglich im Bereich des Möglichen: „Und wir wollen es möglich machen, dieses Spiel zu gewinnen, und werden alles daransetzen.“

Erschwerend käme die veränderte Herangehensweise der Regensburger hinzu, die nach einem ganz ordentlichen Saisonstart mit einem Sieg, einer Niederlage und dem Pokal-Erfolg gegen einen Bundesligisten zur Kenntnis nehmen mussten: „Oh, die Ergebnisse bleiben doch aus.“ Nach zwei Klatschen habe man sich dann entschlossen, die Systematik ein wenig zu verändern. „Sie haben gegen Kaiserslautern einfach das eigene Tor leidenschaftlich verteidigt.“

Das tat weh: Der emsige Kai Pröger (rechts) bekam Ron-Robert Zielers Stollen in den Magen, beim Versuch bei Hannovers Auftaktsieg gegen den SSV Jahn wenigstens den Ehrentreffer zu markieren. Foto: jrh

Jahn-Abwehrkette lässt ihr Leben auf dem Platz

Mit Rasim Bulic, den Kwasniok von seiner Saarbrücker Zeit kenne, habe Enochs einen sehr robusten zentralen Innenverteidiger eingebaut: „Sie haben eine noch sehr junge Innenabwehrkette, die aber ihr Leben auf dem Platz lässt.“ Er geht davon aus, dass sie auch am Freitag „um jeden Ball fighten und einzelne Nadelstiche setzen“. Deshalb müsse man geduldig bleiben, aber auf der anderen Seite das Tempo hochhalten, ohne in Hektik zu verfallen.

Mit welcher Kette er hinten absichern möchte, da sei final noch keine Entscheidung gefallen: „Es ist immer so ein bisschen die Frage, ist die Aufgabe des Halbverteidigers eher überlaufender Natur, sehr aktiv zu sein, oder eher einen aktiven, zentralen Innenverteidiger zu schützen und selbst mehr im Zentrum im Spiel nach vorne gefordert zu sein?“ Da er die Gesamtausrichtung nicht verraten möchte, wolle er auch das nicht konkretisieren. „Ich vertraue meiner Mannschaft zu hundert Prozent“, sagt Kwasniok, „sie hat in den vergangenen Wochen immer geliefert, war mit jeder Mannschaft zumindest auf Augenhöhe.“

SC-Trainer Lukas Kwasniok outet sich noch vergangenes Jahr als heimlicher Jahn-Tugenden-Fan. Bild: Jürgen Herda

„Wir müssen fleißig sein“

Auch dafür, wer den Regensburger Riegel knacken soll, behält er sich alle Optionen offen: „Weil du eben diesen Block geduldig bespielen können, aber im entscheidenden Moment auch Überraschungsmomente setzen musst.“ Er wäre sehr überrascht, wenn das Spiel nach einigen Minuten vorentschieden sein sollte: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Regensburg das bis zum Schluss aufrechterhalten kann, diese Kompaktheit. Und dann brauchst du diese Momente auch hinten raus.“

Das Allerwichtigste sei aber: „Wir müssen fleißig sein.“ Bei allen Statistiken, wie der Laufbereitschaft, sei man vorne mit dabei, und das müsse man aufrechterhalten. „Das erwarte ich von meiner Mannschaft von der ersten bis zur letzten Minute.“ Wenn man dann Unentschieden spiele, sei er d’accord. „Wenn wir gewinnen und nicht alles geben, dann bin ich trotzdem bös‘.“

Kein Support der SC Ultras wegen grüner Trikots

In ihrer Stellungnahme kritisieren die Paderborner Ultras die Entscheidung des Vereins, das Heimtrikot für ein Spiel gegen Regensburg in Grün zu ändern, um eine Kampagne des Sponsors zu unterstützen. Das Trikot sei ein wichtiges Symbol der Identität und Verbundenheit mit dem Verein. Man lehne es strikt ab, es aus Marketinggründen zu verändern. Die geplante Aktion, Fans im Stadion grüne T-Shirts zu schenken, sei respektlos gegenüber den Werten des Vereins und der Fanszene.

SC-Trainer Lukas Kwasniok hat den Konflikt mit der Mannschaft kurz thematisiert: „Grundsätzlich sind wir natürlich auf Support atmosphärischer Natur angewiesen“, sagt er, „das hilft – aber es hilft eben auch der monetäre Support.“ Deshalb sei das eine Konfliktsituation, die man vielleicht durch bessere Kommunikation im Vorfeld besser in Griff bekommen hätte können.

„Wir nehmen die Situation so an wie sie ist“, sagt Kwasniok. „Es ist ein wenig mehr Geld da, damit können wir bessere Spieler verpflichten – oder teurer, die sind ja nicht immer besser.“ Mit dem atmosphärischen Support falle das Spielen ein Ticken leichter. „Auf der anderen Seite hören die Jungs dann mich besser“, sagt er augenzwinkernd. „Ich muss dann halt so laut sein, wie die ganze Kurve und sie nach vorne peitschen.“

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